Politik

Supermärkte in Bayerns Dörfern (hier Ringelai in Niederbayern): Wie groß sollen sie maximal sein? (Foto: dpa)

18.08.2017

Das LEP wird erneut nachgebessert

Neue Gerichtsurteile beschränken die Flächen von Einzelhandelsgeschäften: Das missfällt der CSU, die hier eingreifen will

Supermärkte nur bis maximal 800 Quadratmeter? Zwei neuere Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs haben den Einzelhandel verschreckt. Weil Geschäfte im ländlichen Raum so kaum mehr expandieren können, tritt nun die CSU auf den Plan. CSU-Wirtschaftssprecher Erwin Huber kündigt Änderungen am Landesentwicklungsprogramm an.
Das neue bayerische Landesentwicklungsprogramm (LEP), monieren Kritiker, öffne durch ein aufgeweichtes Anbindegebot der Zersiedelung Bayerns Tür und Tor; es drohten massenhaft neue, teils unausgelastete Gewerbegebiete. Mag sein.

Allerdings nutzen die Gerichte im Freistaat zunehmend die Möglichkeit, bei der Gewerbeansiedlung und -erweiterung steuernd und begrenzend einzugreifen. Diesen Eindruck erhärten zumindest zwei kurz hintereinander erfolgte Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Dezember 2016 und vom 28. Februar 2017. Die beiden Fälle ähneln sich: ländlicher Raum, Ostbayern, eher dünn besiedelt.

Beide Gemeinderäte hatten jeweils ordnungsgemäße Änderungen eines früheren Bebauungsplans erstellt. Im ersten Fall sollte ein bestehender Supermarkt erweitert werden, was einem nahegelegenen anderen, aber deutlich kleineren Lebensmittelladen missfiel. Im zweiten Fall wollte ein großer Supermarkt-Konzern einen Standort in einer Gemeinde innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft errichten – wäre damit aber wohl in Konkurrenz getreten zum Supermarkt in einer anderen Gemeinde der gleichen Verwaltungsgemeinschaft. Das wiederum passte der Gemeinde nicht, auf deren Gebiet sich besagte Filiale befindet. In beiden Fällen kam es zu Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof, in beiden Fällen bekamen die Klägerparteien Recht.

Bisher war das kein Problem , und es soll auch keines werden,
sagt Erwin Huber

Experten zeigten sich vom Urteil überrascht. Markus Wotruba, Leiter des Bereichs Standortforschung bei der Firma BBE Handelsberatung GmbH in München, erklärt. „Bisher waren derartige Erweiterungen in Bayern möglich. Neben einem Supermarkt mit etwa 800 Quadratmeter Verkaufsfläche konnte etwa ein angeschlossener Getränkemarkt mit 350 Quadratmetern problemlos genehmigt werden.“ Verhindert werden sollen lediglich sogenannte Agglomerationen von Einzelhändlern. In der Praxis wird dafür unter anderem darauf geschaut, wie groß der Abstand zwischen den einzelnen Objekten ist, ob es Verbindungswege zwischen ihnen gibt – was etwa für einen Supermarkt mit angeschlossenem Backshop gilt – , oder ob die Personalräume gemeinsam betrieben werden.

In Bayern, so die Erfahrung von Markus Wotruba, galt in der Verwaltungspraxis zumindest bisher, dass zu einer Agglomeration mindestens drei eigenständige Betriebe gehören müssen. Das hat sich nun wohl geändert. In der Begründung des BayVGH heißt es nämlich, dass eine Kommune „keine Einzelhandelsprojekte planen darf, die eine gemäß Hierarchie der zentralen Orte höherrangige Stadt in ihrer Entwicklung einschränken“ könnte. Im Klartext: Wenn der Supermarkt in Dorf A den Supermarkt in der Kreisstadt B negativ tangiert, dann darf er eben nicht gebaut werden. Genau diese Einschränkung sah der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den beiden ostbayerischen Streitfällen als gegeben.

Das hat jetzt auch die CSU auf den Plan gerufen. „Ich finde, in diesen Fällen legt der Verwaltungsgerichtshof das LEP zu streng aus“, sagt Erwin Huber (CSU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im bayerischen Landtag der Staatszeitung. „Das war nicht die Intention des Gesetzgebers, das bedarf einer Klarstellung und Präzisierung durch den Landtag, und das werden wir demnächst auch nachbessern.“ Huber will erreichen, dass jede Gemeinde – unabhängig davon, ob es sich um einen zentralen Ort handelt oder nicht – die Möglichkeit hat, Einzelhandel bis zu einer Fläche von 1200 Quadratmetern auszuweisen.

Kaum also hat Huber dafür gesorgt, dass die von Heimatminister Markus Söder vorgelegte LEP-Novelle eine strengere Regelung beim Anbindegebot erhält, wirbt er beim Thema Ladengrößen für eine Lockerung. Den Handel wird’s freuen. Doch mit Naturschützern ist wohl neuer Zoff vorprogrammiert.
(André Paul)

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