Politik

Wird das Öko-Zeitalter zur Ära der Stadtwerke? Der Verband kommunaler Unternehmen meint: Ja. (Foto: dapd)

05.01.2012

David jagt den Goliath

Bayerns Stadtwerke sagen den Energiekonzernen den Kampf an - sie sehen in der Energiewende ihre große Chance gekommen

Es war kein leichter Gang für die Eon-Manager. Ende November mussten sie ihrer Belegschaft bei Betriebsversammlungen quer durch die Republik Rede und Antwort stehen: 6000 Arbeitsplätze will der Energiekonzern bundesweit in den kommenden Jahren abbauen, davon bis zu 1500 in der bayerischen Landeshauptstadt. Grund: der Atomausstieg. Das Aus für die Meiler drückt auf die Gewinne.
Bester Laune gab sich in den vergangenen Wochen dagegen Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). Mit Blick auf die schwankenden Stromriesen rief er gerade die „Ära der Stadtwerke“ aus. Der VKU will den Marktanteil der 900 kommunalen Unternehmen hierzulande an der deutschen Stromversorgung von derzeit 10 Prozent in den nächsten zehn bis 15 Jahren auf 25 Prozent steigern. Bislang kontrollieren die vier großen Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBw gut vier Fünftel des in Deutschland verkauften Stroms. Zugleich soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix der Stadtwerke Reck zufolge bis 2020 auf 35 Prozent wachsen.

Bayerns Stadtwerke sind am weitesten


Keine Frage: ehrgeizige Ziele. Doch viele bayerische Stadtwerke-Chefs können über die Berliner Pläne nur müde lächeln. Sie haben längst den Kampf um Kunden gegen die großen vier Monopolisten aufgenommen. Bei der Energiewende sind die meisten kommunalen Versorger im Freistaat ohnehin deutlich weiter als das Gros der lokalen Anbieter im Rest der Republik. Besonders ambitioniert ist die Landeshauptstadt: Die Stadtwerke München (SWM) wollen bis 2025 den Stromverbrauch der Isarmetropole allein mit Ökostrom decken. Neben regionalen Kraftwerken wie etwa Geothermieanlagen im Münchner Umland investiert der städtische Versorger seit vielen Jahren in ausländische Wind- und Solarparks.
Eon und Co. verschliefen dagegen den Ausbau der erneuerbaren Energien lange Zeit. Die Münchner sehen im grünen Strom deshalb die ideale Waffe im Kampf gegen die Übermacht der vier Stromriesen. „Unser nachhaltiges Engagement steigert natürlich den Image- und Sympathiewert des Unternehmens“, sagt SWM-Boss Kurt Mühlhäuser. Die Stadtwerke würden beim Ausbau der regenerativen Energien eine „Vorreiterrolle einnehmen“. Das trage mit dazu bei, sich „deutlich von unseren Wettbewerbern abzusetzen“. Die Kunden wüssten das Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien zu schätzen. Tatsächlich wilderte der kommunale Versorger jüngst massiv bei anderen Anbietern und zählt mittlerweile deutschlandweit allein 185 000 Ökostrom-Kunden.

Nürnberg auf Expansionskurs


Auf Expansionskurs sind auch die Nürnberger Stadtwerke. N-Ergie setzt mittlerweile mehr als die Hälfte seines Stroms außerhalb des Netzgebiets ab – Tendenz steigend. „Die N-Ergie steht zum Wettbewerb und hat sich den geänderten Rahmenbedingungen von Anfang an offensiv gestellt“, sagt ein Firmensprecher. 2011 investierte N-ergie 100 Millionen Euro in Solar- und Windkraftanlagen, bis 2022 sollen weitere 500 Millionen Euro folgen. Auch in Würzburg ist man bei der Energiewende schon weiter als die meisten Großkonzerne: Knapp ein Drittel des erzeugten Stroms kommen aus regenerativen Quellen. „Damit sind wir deutlich grüner als der bundesweite Durchschnitt“, erläutert ein Sprecher.
Doch auch kleine Anbieter können sich behaupten. Beispiel Erlangen: Bereits 2009 kamen 43,4 Prozent des von den örtlichen Stadtwerken verkauften Stroms aus regenerativen Quellen. Allein 2011 gingen zwei neue Windparks der Stadtwerke ans Netz, ein Ende des Ausbaus ist nicht in Sicht: Ein Biogaskraftwerk soll ab März Strom ins Netz einspeisen. Ganz auf fossile Brennstoffe wollen die Erlanger wie die meisten Stadtwerke zwar erst mal nicht verzichten – die Franken bauen ein neues Gaskraftwerk. Der Atomstrom spielt schon jetzt nur mehr eine untergeordnete Rolle bei der Versorgung der fast 70 000 Kunden.
Bei Eon stammte bis zum Atom-Moratorium der Bundesregierung dagegen noch fast die Hälfte der Stromerzeugung aus Atomstrom. Doch der Konzern hat die Zeichen der Zeit erkannt: „Unseren Kunden bieten wir mit Eon ÖkoStrom ein Produkt an, das zu 100 Prozent aus heimischen Wasserkraftwerken mit regenerativem Strom gespeist wird“, sagt ein Sprecher. Und die Grundversorgung der Kunden enthalte einen Anteil an Öko-Energien von mindestens 26 Prozent. Für Eon spreche zudem, dass das Unternehmen anders als viele Wettbewerber die Preise bis ins Frühjahr stabil halte. Eine Kampfansage an die Stadtwerke. (Tobias Lill)

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