Politik

Sieben Monate sind es noch bis zur Landtagswahl – so viel Zeit bleibt Markus Söder, um die bayerischen Bürger von sich und seiner Politik zu überzeugen. (Foto: dpa)

16.03.2018

Der Anti-Seehofer

Welche Herausforderungen jetzt auf Markus Söder zukommen

Am heutigen Freitag wird Markus Söder zum Ministerpräsidenten gewählt. Welchen Regierungsstil wird er pflegen, welche Akzente wird er setzen, wo wird er sich von Seehofer abgrenzen, an welchen Schwächen muss er arbeiten? Klar: Markus Söder muss es schaffen, bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit zu verteidigen. Das ist die eine Erwartung, welche die CSU-Landtagsfraktion an den Neuen hat. Die andere: Er soll sich in seinem Regierungsstil weitgehend abgrenzen von Seehofer. Also eine Art Anti-Seehofer verkörpern – jedenfalls mit Blick auf die Punkte, die am Ex-Regierungschef genervt haben.

Aus CSU-Sicht waren das: Seehofers fehlende Agenda für Bayern, sein Hang also, unliebsame Themen hurtig aus der Welt zu schaffen, außerdem seine Unberechenbarkeit, sein wenig ausgeprägter Teamgeist und sein Hang, die eigenen Leute öffentlich abzumeiern. Seehofer, bilanziert ein Landtagsinsider, „hat das Land befriedet, indem er Problemfelder aus dem Weg geräumt hat.“ Allerdings könne man so „nicht dauerhaft ein Land führen“. Man müsse „auch mal unbequeme Entscheidungen treffen“.

Man darf davon ausgehen, dass Söder klug genug ist, sich von Seehofers Schwachpunkten abzugrenzen. Einiges wird ihm leicht fallen – so war Söder, anders als Seehofer nie ein Einzelkämpfer. Sondern immer schon ein großer Netzwerker. Zudem ist Söder stark von Edmund Stoiber geprägt. Der war jedenfalls in seinen guten Zeiten darauf bedacht, die Fraktion zu streicheln, sie in wichtige Entscheidungen einzubinden und auch Hinterbänklern das Gefühl zu geben, irgendwie wichtig zu sein. Allerdings gilt Söder als ausgeprägter Perfektionist – was Teamplay nicht unbedingt einfach macht.

Seine Agenda für die kommenden Jahre hat Söder – ganz Stoiber-Style – bereits vorgestellt. Sein 10-Punkte-Plan wurde von der CSU-Fraktion begeistert aufgenommen. Der Fokus liegt auf innerer Sicherheit und Wohnungsbau. Außerdem will sich Söder, anders als Seehofer, stärker an der AfD reiben, klarmachen, wo sich die CSU von der Rechtspartei abgrenzt.

An Themen dranbleiben - das muss Söder noch lernen

Bei der Umsetzung wird es durchaus spannend. Zwar hat Söder wiederholt beteuert, wie verlässlich er sein werde. Tatsächlich ist Beständigkeit aber etwas, woran Söder arbeiten muss. Der frühere Fernsehjournalist ist berüchtigt für sein Faible, wohlklingende News zu vermelden. Leider aber ist er in der Vergangenheit keineswegs an allen drangeblieben. Mit seinem Hang zum Aktionismus trieb Söder auch die Mitarbeiter im Finanzministerium regelmäßig zur Verzweiflung.

BeimMegathema Flüchtlinge muss Söder künftig ausgerechnet mit dem Mann eng zusammenarbeiten, der ihn bis zuletzt verhindern wollte: Horst Seehofer. Als Bundesinnenminister ist dieser jetzt für Migrationspolitik zuständig. Während Söder in Bayern die Polizei aufrüsten, eine eigene Grenzpolizei etablieren und ein Landesamt für Asyl und Abschiebungen schaffen will.

Und wie vertragen sich Söder und Seehofer künftig?

Gut möglich, dass der Parteivorsitzende Seehofer da den Chef raushängen und Söder alt aussehen lässt. Besorgte CSU-ler warnen: „Seehofer kann es sich nicht leisten, Söder ein Bein zu stellen. Das würde in der CSU nicht akzeptiert.“ Viele Freunde in der CSU hat Seehofer ohnehin nicht mehr. Söders frühere Gegner, sagt ein CSU-Mann, „sind inzwischen alle auf seiner Seite“. Zudem hat sich Seehofer mit seinen jüngsten Klagen über den angeblichen Undank in der Partei große Wut zugezogen. Mit seinen als larmoyant empfundenen Äußerungen, stöhnt man in der CSU, „macht sich Seehofer selber klein“.

Eine Herausforderung, die sich Söder gern erspart hätte, ist der drohende Untersuchungsausschuss zum Verkauf der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GBW im Jahr 2013. Noch nie zuvor wurde ein neu gewählter Regierungschef in Bayern vor einen Untersuchungsausschuss gezerrt. Zwar geben selbst Oppositionsleute unter der Hand zu, dass die Beweislage gegen Söder „sehr dünn“ sei. Doch wie auch immer – irgendwas bleibt immer hängen.

Mit Spannung erwartet wird Söders Personaltableau. Bereits kommende Woche will er die Neuen präsentieren – ob es eine kleine oder aber eine größere Lösung sein wird, ist offen. Für beides gibt es gute Gründe: Eine runderneuerte Truppe kann Söder als Zukunftsteam verkaufen. Sich aber auch gleich zu Beginn Feinde machen – weil es dann viele Enttäuschte gäbe, die keinen Posten ergatterten.
Allzu wichtig seien die Namen der Minister und Staatssekretäre eh nicht, relativiert der CSU-nahe Politologe Heinrich Oberreuter: Den Bürgern, glaubt Oberreuter, „ist es völlig wurscht, wer Justizminister ist, wenn in Bayern eine vernünftige Abschiebepolitk betrieben wird“.
(Waltraud Taschner)

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