Politik

13 Jahre lang stand sein Gesicht für die monatlichen Arbeitslosendaten. (Foto: dpa)

28.03.2017

Der "Herr der Zahlen" geht

Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit, geht in den Ruhestand

Den Anfang hatte bereits Mitte 2015 sein langjähriger Weggefährte Heinrich Alt gemacht. Nun räumt auch Frank-Jürgen Weise sein Chefbüro in Nürnberg. Die Verabschiedung des langjährigen Vorstandschefs der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Berlin markiert das endgültige Ende einer von beiden BA-Managern geprägten Ära. Sie steht für eine der größten sozialpolitischen Reformen im Nachkriegsdeutschland, die Hartz-IV-Reform, und für einen radikalen Umbau der Bundesanstalt zur Bundesagentur.

Wie der frühere BA-Arbeitsmarktvorstand Alt wechselt nun auch Weise - nach 13 Jahren an der Spitze der Nürnberger Bundesbehörde - in den Ruhestand; er macht damit den Platz frei für seinen Nachfolger, den früheren Hamburger Arbeits- und Sozialsenator Detlef Scheele.

Ein Millionenpublikum verbindet Weise eher mit drögen Daten - den monatlichen Arbeitsmarktzahlen. Die bescherten dem Behördenchef 13 Jahre lang Monat für Monat ein paar Sekunden in den Abendnachrichten - und damit eine Popularität, auf die er manchmal gerne verzichtet hätte. Denn auf seinen Motorrad-Touren etwa bleibt der 65-Jährige inzwischen selten unbehelligt. Immer wieder komme es vor, dass ihn wildfremde Menschen ansprechen: "Mensch, ich kenn' Sie doch irgendwoher. Sie sind doch der mit den Arbeitslosenzahlen?".

Der "Herr der Zahlen" zu sein, beschreibt Weises Selbstverständnis ganz gut. Der einstige Unternehmer, den im Jahr 2002 sein Vorgänger Florian Gerster nach Nürnberg holte und den er 2004 beerbte, hat in der einst als verstaubt geltenden Arbeitsverwaltung knallharte unternehmerische Prinzipien eingeführt. Mit einem Bündel an Kennzahlen, Richtwerten und Quoten schuf der heute 65-Jährige die Voraussetzung für ein strenges Controlling. Mit Erfolgskontrollen zwang er die Arbeitsagenturen in einen Wettbewerb - nicht immer zur Freude mancher BA-Mitarbeiter, die der ständigen statistischen Berichtspflicht überdrüssig sind.

Seinem Nachfolger Scheele hinterlässt Weise jedenfalls ein aufgeräumtes Haus: Die Bundesagentur erwirtschaftet seit 2007 teils kräftige Überschüsse - so viel, dass sie die Finanzkrise im Jahr 2009 mit milliardenschweren Kurzarbeitergeldprogrammen zu meistern vermochte - und dadurch drohende Massenentlassungen verhinderte. Straffes Kostenmanagement, aber auch die sich zunehmend verbessernde Arbeitsmarktlage erlaubten zudem in der Ära Weise eine Halbierung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Kein Wunder, dass sich Weise damit für neue Aufgaben empfahl. So berief der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) 2010 den einstigen Zeitsoldaten und Oberst der Reserve zum Chef einer Bundeswehr-Reformkommission. Zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise im September 2015 ereilte Weise der Ruf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU): Als Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sollte er die Behörde fit für die Bewältigung des Flüchtlingszustroms machen.

Trotz aufgeräumten Hauses warten auf Weise Nachfolger Scheele mannigfache Herausforderungen. Der erfahrene Arbeitsmarktpolitiker wird sich vor allem daran messen lassen müssen, ob ihm die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit gelingt. Auch mit der stärker steigenden Arbeitslosigkeit von Flüchtlingen wird Scheele in den kommenden Jahren konfrontiert sein.

Als große Herausforderung gelten auch die arbeitsmarktpolitischen Folgen der zunehmenden Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt. Der Einzug des Internets in die Fabrikhallen und die damit verbundene Vernetzung von Maschinen wird nach Prognosen von Arbeitsmarktforschern mit gewaltigen Umwälzungen für die Beschäftigten verbunden sein. Die Jobprobleme würden zwar, so erwarten Experten, von der erwarteten Schrumpfung der Bevölkerung ein Stück weit abgefedert. Diese Schrumpfung bringt aber wiederum andere Probleme mit sich: den Fachkräftemangel in manchen Branchen. Auch den wird Scheele meistern müssen.
(Klaus Tscharnke, dpa)

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