Politik

Auch auf dem Zuschauerrang im Plenarsaal des bayerischen Landtags gab es Proteste gegen das Polizeiaufgabengesetz (PAG). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

16.05.2018

"Der Protest gegen das PAG wird leiser werden"

Mehrere Bundesländer verschärfen gerade ihre Polizeigesetze. Doch nirgends hallt das Echo der Kritiker so laut in die Republik wie in Bayern. Warum das so ist und welche Folgen das für die Landtagswahl haben könnte, analysiert ein Experte für Krisenkommunikation

Der Protest gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz könnte nach Einschätzung eines Experten für politische Kommunikation schon bald deutlich leiser werden. Da in Bayern wie in anderen Bundesländern viele die Folgen dieser Gesetze nicht direkt spüren werden, "erwarte ich, dass der Widerstand nach und nach abebbt - allerdings bei einem Missbrauch des Gesetzes umso stärker wieder anwächst", sagte der Medienwissenschaftler Martin Löffelholz von der Technischen Universität Ilmenau der Deutschen Presse-Agentur in München. Die CSU hatte mit ihrer Mehrheit im bayerischen Landtag am Dienstag das umstrittene Gesetz verabschiedet, das der Polizei mehr Zugriffsrechte einräumt.

Obwohl das Gesetzesvorhaben seit Monaten bekannt war, hatte sich erst am 20. April ein Bündnis gegen das Polizeigesetz offiziell gebildet - ein Zusammenschluss aus mehr als 40 Parteien, Verbänden, Vereinen und Organisationen. Immer wieder gingen Demonstranten auf die Straße. An Christi Himmelfahrt - also erst fünf Tage vor der Verabschiedung im Landtag - kamen Zehntausende in der Münchner Innenstadt zusammen.

Die außerparlamentarische Opposition gegen das Gesetz sei erst spät mobilisiert worden, sagte Löffelholz, der Experte für politische Kommunikation und Krisenkommunikation ist. Viele Bürger seien erst bereit, Zeit in Widerstandsformen wie Demonstrationen zu investieren, "wenn es bereits kurz vor knapp steht, also klar ist, dass eine weitere parlamentarische Debatte zu keinen Änderungen führen wird".

Wie groß ist der Durchhaltewille der Kritiker?

"In demokratischen Gesellschaften gehört die Meinungsäußerung auf der Straße, etwa in Form von Demonstrationen, zum akzeptierten politischen Instrumentarium, gerade wenn es im Parlament keine Aussicht auf Veränderung gibt", sagte er. Das helfe politischen Minderheiten, eine parlamentarische Niederlage zu verdauen, und zeige der politischen Mehrheit, mit welchem Kritikpotential sie jetzt - und insbesondere in der Zukunft - rechnen müsse.

Neben Klagen gegen das Gesetz könnten die Gegner durchaus versuchen, durch anhaltenden Widerstand auf der Straße langfristig Änderungen zu erreichen, sagte Löffelholz weiter. "Ob und wann diese kommen, hängt jedoch stark von der Zahl und dem Durchhaltewillen der Kritiker ab, wie wir beispielsweise beim Widerstand gegen die Einrichtung von Endlagerstätten für Atommüll beobachten konnten."

"Das Gesetz wird der CSU im Wahlkampf nicht schaden"

Löffelholz geht nicht davon aus, dass es der CSU im Wahlkampf schaden wird, dass Gesetz aller Kritik zum Trotz beschlossen zu haben. "Der Protest gegen das Gesetz ist zwar vergleichsweise groß, jedoch vereint er mehrheitlich Bürgerinnen und Bürger, die die Politik der CSU generell kritisch sehen", sagte der Professor. "Auf der anderen Seite sammeln sich im konservativen politischen Lager überwiegend Menschen, die bereit sind, für das Versprechen von mehr Sicherheit eine weitere Einschränkung von Freiheitsrechten in Kauf zu nehmen."

Zudem würden viele sich unsicher fühlende Bürger diverse Neuregelungen in dem Gesetz begrüßen, wenn sie diese einzeln bewerten sollten, meinte Löffelholz. Aber: "Faktisch kennen viele gar nicht die Details, sondern glauben schlicht der Argumentation der Landesregierung, dass die Polizei damit eine bessere gesetzliche Grundlage zur Kriminalitätsbekämpfung erhält."

Auch andere Bundesländer wie Niedersachsen verschärfen derzeit ihre Polizeigesetze gemäß Vorgaben von EU und Bund. Dass die Diskussion über das Vorhaben in Bayern bundesweit heftiger geführt wird, erklärt Löffelholz unter anderem damit, dass das neue Gesetz im Freistaat über Neuregelungen anderer Länder hinausgehe. "Zusätzlich provoziert der Alleingang einer einzelnen Partei zusätzliche Kritiker."
(dpa)

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