Politik

Immerhin: Auf Verkehrsampeln zeigen Frauen oft schon an, wo’s langgeht. (Foto: dpa)

20.03.2015

Der Staat – leider kein Vorbild

Ab 2016 gilt die Frauenquote für die Wirtschaft – warum eigentlich gilt Vergleichbares nicht für den öffentlichen Dienst?

Ach, was ist um die Frauenquote gestritten worden. Doch jetzt kommt sie: Ab 2016 müssen bei Neubesetzungen von Aufsichtsräten börsennotierter Aktiengesellschaften 30 Prozent Frauen berufen werden. Ist ja schön, dass man das den Unternehmen vorgibt. Noch schöner allerdings wäre es, wenn sich die Politik in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich, dem öffentlichen Dienst, ebenfalls zu verbindlichen Frauenquoten durchgerungen hätte. Denn dass freiwillige Selbstverpflichtungen wenig bis nichts bringen, ist inzwischen überdeutlich geworden. Zum Beispiel in Bayern. Hier hat die CSU zwar 1996 ein Gleichstellungsgesetz – mit unverbindlichen Vorgaben – auf den Weg gebracht. Tatsächlich aber hat sich der einstige Spott der Opposition vom „zahnlosen Tiger“ bewahrheitet.
Beim Thema Frauenförderung, moniert Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD im Landtag, „ hat der Freistaat selbst erheblichen Aufholbedarf“. So sieht es auch Verena Osgyan, Fraktions-Vize der Grünen. Eigentlich sollte die bayerische Verwaltung Vorbild sein, sagen beide. Und werden dabei sogar von der CSU unterstützt, wenngleich von außerparlamentarischer Seite: „Man kann doch nicht von der Wirtschaft etwas verlangen, was man selbst nicht umsetzen will“, sagt die einstige CSU-Abgeordnete, Ex-Ministerin und amtierende Vorsitzende der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung Ursula Männle. Eine verbindliche Frauenquote für den öffentlichen Dienst und für Staatsunternehmen hält sie durchaus für angebracht.
Männles Parteifreundin Gudrun Brendel-Fischer, Fraktionsvize der Landtags-CSU, betont indes: „Über 50 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Frauen, und deren Anteil an Führungspositionen hat sich stetig erhöht.“ So sieht man das auch im Sozialministerium. Immerhin seien 36,5 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt (Stand 2012). 2007 waren es noch knapp 29, 1996 sogar nur 15,1 Prozent. Auch Eva Gottstein (FW) ist zufrieden. Wie die CSU lobt sie die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Mütter können heute im öffentlichen Dienst Karriere machen“, sagt sie. Auch weil immer mehr Frauen in Führungspositionen Teilzeit arbeiten. „Natürlich tut sich was“, sagt auch Osgyan. „Aber nicht genug. Und vor allem nicht in allen Bereichen.“ Denn je höher die Position, desto dünner die Luft für Frauen.

Frauenquote in Aufsichtsräten der Staatsunternehmen: 13,5 Prozent

Ein Problem: Aktuelle Daten gibt es kaum. Der letzte Gleichstellungsbericht des Sozialministeriums stammt aus dem Jahr 2009 – mit Zahlen von 2007. „Die Staatsregierung will wohl absichtlich etwas verschleiern“, vermutet SPD-Frau Strohmayr. Nur alle fünf Jahre wird der Bericht erstellt, im Herbst ist ein neuer fällig.
Fest steht: Der Frauenanteil in Führungspositionen oberster Dienstbehörden schwankt extrem. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage Osgyans hervor. Im Landtagsamt etwa waren die Positionen ab Referatsleitung 2012 mit mehr als 30 Prozent Frauen besetzt. Staatskanzlei und Innenministerium kamen dagegen auf nur etwa 23 beziehungsweise 21 Prozent. Weit abgeschlagen: Oberste Baubehörde und Oberster Rechnungshof mit jeweils rund 12,5 Prozent Frauen in Führungspositionen. Und bei den Beteiligungsunternehmen sieht es richtig düster aus. In Geschäftsführung und Vorstand waren 2013 von 110 Mitgliedern gerade mal 14 weiblich, von 110 Aufsichtsräten nur 17. Das macht einen Anteil von 11,2 beziehungsweise 13,5 Prozent. Selbst CSU-Frau Brendel-Fischer muss zugeben, dass hier „Nachholbedarf“ besteht. Eine verbindliche Quote lehnt sie dennoch ab. Landtagspräsidentin Barbara Stamm sagt: Quoten dürften nur das letzte Mittel sein. Sie selbst hat im Landtagsamt übrigens kontinuierlich Fakten geschaffen: Seit sie 2008 ins Amt kam, berief sie konsequent Frauen. Der Frauenanteil in den Führungspositionen steigerte sich in den beiden vergangenen Jahren noch einmal signifikant: auf 41 Prozent. Beweis dafür also, dass es auch ohne Quote geht? „Ein Beweis vor allem, dass es von der Person an der Spitze abhängt, ob sich was tut“, sagt die Grüne Osgyan. Und die heißt halt nicht überall Barbara Stamm. (Angelika Kahl)

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