Politik

Kostenloses WLAN: Söder hat’s versprochen, doch noch müssen Netzaffine drauf warten. (Foto: dpa)

02.04.2015

Der Traum vom freien Netz

Gratis-Surfen im öffentlichen Raum: Viele Kommunen bieten das schon an, der Freistaat will folgen - nur wann?

Es ist der Traum der mobilen Smartphone-Generation: Überall freies Surfen im Internet, ohne auf Roaming-Fallen oder die mit dem Telefonanbieter vereinbarte maximale Datenrate achten zu müssen. Bis 2020 soll das in Bayern Wirklichkeit werden. So hat es Digitalisierungsminister Markus Söder in seiner Regierungserklärung Ende November 2014 versprochen. Ein ambitioniertes Ziel, das musste er selbst zugeben. Aber Söder wäre nicht Söder, hätte er nicht hinzugefügt, dass schon 2015 im Geschäftsbereich seines Finanz- und Heimatministeriums an 60 Standorten WLAN-Hotspots mit freiem Zugang eingerichtet würden – an Digitalisierungs- und Finanzämtern, an staatlichen Burgen und Schlössern sowie auf den Booten der Seenschifffahrt. Einer der 60 geplanten Hotspots ist bislang in Betrieb, am Standort des Heimatministeriums in Nürnberg. Wie es mit dem Rollout weitergehen soll, darüber hüllt sich der Finanzminister auch vier Monate nach seinem Auftritt im Landtag in Schweigen.
Bayerische Kommunen sind da oft schon weiter. Die städtische Telekommunikationstochter M-Net in München betreibt inzwischen 16 WLAN-Hotspots in der Landeshauptstadt, weitere sind geplant. In Augsburg gibt es freies WLAN am Rathaus- und am Königsplatz sowie in den städtischen Bürgerbüros, in Ingolstadt hat die Kommune Hotspots am Rathausplatz und am Viktualienmarkt eingerichtet, in Nürnberg läuft ein Modellversuch für die Innenstadt.

Deutschland hinkt anderen europäischen Ländern hinterher

Auch kleinere Kommunen bieten inzwischen freies WLAN an. Garmisch-Partenkirchen zum Beispiel hat vor dem Kurpark einen Hotspot eingerichtet. Die Modalitäten sind überall ähnlich. Eine Registrierung des Nutzers ist im Regelfall nicht erforderlich, wer frei surfen will, muss nur die jeweiligen Nutzungsbestimmungen akzeptieren. In zahlreichen Städten bietet auch der Netzbetreiber Kabel Deutschland freies WLAN an – allerdings nur für die ersten 30 Minuten. Anschließend ist das Angebot gebührenpflichtig.
Während in anderen europäischen Ländern freies WLAN schon recht weit verbreitet ist, hinkt Deutschland hinterher. Hauptgrund ist die so genannte Störerhaftung. Sie sieht vor, dass Betreiber frei zugänglicher WLAN-Netze für Rechtsverstöße ihrer Nutzer haftbar gemacht werden können – wenn sich diese zum Beispiel illegal urheberrechtlich geschützte Filme oder Musiktitel herunterladen. Um das in Zukunft auszuschließen, hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Haftung zumindest für öffentliche und gewerbliche Anbieter ausschließt. „In Deutschland sollen Flughäfen, Cafés oder auch Rathäuser und Bibliotheken künftig rechtssicher kostenloses WLAN anbieten können“, nannte Gabriel als Ziel. Das werde dem Ausbau öffentlich zugänglicher Hotspots „einen Schub geben“ und die Nutzung vorhandener Infrastruktur erleichtern.

Die Community ist nicht so euphorisch


In der netzaffinen Community wird das nicht ganz so euphorisch gesehen. Denn nach deren Auslegung des Gesetzentwurfs bleiben die vielen kleinen „Freifunker“, die ihr privates WLAN für Mitnutzer öffnen, bei der Haftungsfreistellung außen vor. Der flächendeckende Ausbau von WLAN-Hotspots werde so eher behindert als gefördert, heißt es auf der Internet-Plattform Netzpolitik.org. Bei M-Net in München hat man das Problem regulatorisch gelöst, indem fragliche Seiten für die Nutzer gesperrt wurden. Was die auf freien Datenaustausch setzende Netz-Community auch nicht übermäßig überzeugt, weil dem Kniff der Ruch der Zensur anhaftet.
Nach den allerdings noch nicht im Detail vorliegenden Plänen von Markus Söder wird die Welle der öffentlichen WLAN-Hotspots ab 2016 über Bayern zu rollen beginnen. Dann nämlich wird der Betrieb des „BayernNetzes“ neu ausgeschrieben, an das alle bayerische Behörden angeschlossen sind. Teil der Ausschreibung soll freies WLAN an allen Standorten staatlicher Behörden sein. Anschließend sollen sich alle Kommunen über den erweiterten E-Government-Pakt beteiligen, sodass sich die Hotspots „in konzentrischen Kreisen“ über den ländlichen Raum ausbreiten könnten. Ob es dann wirklich ein freies Netz für freie Bürger geben wird, weiß wohl selbst Söder noch nicht genau. Entsprechende Nachfragen ließ sein Ministerium jedenfalls unbeantwortet. Bis zur Sommerpause soll ein „endgültiges Konzept“ fertig sein. Es soll – was sonst – einen „deutschlandweiten Standard prägen und Schrittmacher für die Entwicklung von freiem W-LAN in den Bundesländern sein“, ließ Söder noch mitteilen. (Jürgen Umlauft)

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