Politik

Hinter dieser Münchner Prachtfassade residiert die Regierung von Oberbayern. Auch sie ist vom Sparzwang bedroht. (dpa)

03.12.2010

Die Verwaltung muss bluten

Den Bezirksregierungen drohen massive Einschnitte - FDP und CSU denken sogar über deren Abschaffung nach

In der schwarz-gelben Koalition gibt es zunehmend Überlegungen, bei den bayerischen Bezirksregierungen massiv Stellen zu streichen. Teile von CSU und FDP fordern, in den kommenden Jahren ganze Abteilungen der sieben Bezirksregierungen zu einer zusammenzulegen. Auch darüber, die Zahl der Bezirksregierungen zu verringern oder die zweite Verwaltungsebene gleich ganz abzuschaffen, wird nachgedacht.
Andreas Fischer, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion fordert, den Bezirksregierungen Kompetenzen zu entziehen: „Man sollte deren Aufgabenfeld verringern, dann kann man dort auch Personal abbauen“, sagt er. Es gebe in manchen der in den Bezirksregierungen angesiedelten Bereiche doppelte Verwaltungsstrukturen. Er kritisiert, dass für eine Reihe von Fachgebieten neben einer Sonderbehörde auch sämtliche Verwaltungsebenen – also Landes-, Regierungsbezirks- und der Landkreisebene – zuständig seien. „Nehmen Sie das simple Versetzen eines Verkehrsschildes. Da können Gemeinde, Landratsamt, Polizei die Regierung von Oberbayern und das staatliche Bauamt involviert sein – das sind zu viele“, moniert der stellvertretende Fraktionschef.


Nur ein fränkischer Bezirk?


Wären die Bezirksregierungen künftig für weit weniger Bereiche zuständig als heute, würden als Folge ebenfalls ganze Abteilungen überflüssig. Abschaffen will Fischer die zweite Verwaltungsebene zwar nicht. Der Liberale kann sich aber vorstellen, durch die Fusion mehrerer Regierungen zu sparen. „Man könnte die drei fränkischen Regierungsbezirke leicht zu einem zusammenfassen.“ Eine Option sei es auch, die Verwaltungen der jeweiligen Bezirksregierungen mit denen der Bezirke zusammenzuschließen.
Auch Thomas Hacker, Chef der FDP-Landtagsfraktion, sieht Handlungsbedarf. Er schlug jüngst vor, gerade in kleineren Bezirken ganze Abteilungen der Bezirksregierungen zusammenfassen. „Wir brauchen nicht alles sieben Mal in Bayern“, sagte er dem Münchner Merkur. Sogar eine komplette Streichung der Regierungen sei „ein Denkmodell“.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid kann sich ebenfalls vorstellen, die zweite Verwaltungsebene gleich ganz wegfallen zu lassen. „Man könnte ja mal darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, sich für alle Ewigkeit einen dreistufigen Verwaltungsaufbau mit Ministerium, Regierung, Landratsamt zu leisten“, regt er an.

Finanzpolitiker applaudieren

Applaus erhält Schmid dafür von Finanzpolitikern seiner Partei. „Ich denke, dass man bei der zweiten Verwaltungsebene einsparen kann, etwa, indem man ganze Bezirksregierungen oder Abteilungen zusammenlegt“,erklärt der Abgeordnete Philipp zu Lerchenfeld. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Georg Winter, ist vorsichtiger: „Es muss geprüft werden, wo es Sinn macht, in der Verwaltung Stellen abzubauen.“
Ministerpräsident Horst Seehofer hatte bereits kurz nach seiner Wahl eine Diskussion über die Zukunft der Bezirksregierungen angestoßen. Die mittleren Ebenen müssen nicht so vieles mitentscheiden, sagte er damals. Auf Anfrage betont ein Sprecher der Staatskanzlei, Ziel Seehofers sei es, „Bürokratie abzubauen, wo immer es geht“. Innerhalb den nächsten zehn Jahre sollen laut dem Sprecher 10 000 Stellen in der Verwaltung eingespart werden. „Und zwar nicht mit Leistungsverdichtung, sondern durch echten Abbau von Bürokratie und Aufgaben“, so der Sprecher.
Aufgabenbereiche, die von den Bezirksregierungen wahrgenommen würden, stünden ebenfalls auf dem Prüfstand. Von einer Zerschlagung hält Seehofer jedoch nichts: Die Bezirksregierungen würden „in ihrem Bestand nicht in Frage gestellt“.
Nach wie vor gibt es innerhalb der CSU Anhänger starker Bezirksregierungen. So bezeichnet der Landtagsabgeordnete Josef Zellmeier den Vorschlag, diese zusammenzulegen, schlicht als „Unsinn“. Christian Meißner, innenpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, lehnt solche Überlegungen ebenfalls ab: „Die Bezirksregierungen sind wichtig für die Identität der Regionen.“ Die Zusammenlegung einzelner Fachbereiche nannte er aber „eine durchaus realistische Möglichkeit, um Personal abzubauen“.
Selbst bei den stets auf einen schlanken Staat bedachten Liberalen gibt es warnende Stimmen: „Es ist besser auf breiter Front zu sparen als einzelne Abteilungen oder ganze Bezirke dicht zu machen“, glaubt derKommunalexperte der FDP-Landtagsfraktion Jörg Rohde.
SPD und Grünen sind die Planspiele von Schwarz-Gelb ohnehin ein Graus. „Ich bezweifle, dass durch eine Zusammenlegung von Bezirken Geld eingespart wird“, sagt Christine Kamm, kommunalpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen. Eine Verlagerung von zu vielen Kompetenzen auf die Ebene der Landkreise könne diese zudem leicht überlasten.
Offen für Kürzungen ist Joachim Hanisch von der FW-Landtagsfraktion. Er schlägt vor, die Verwaltung der gewählten Bezirkstage auf Kosten der vom Freistaat abhängigen Regierungen zu stärken. (Tobias Lill)

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