Politik

Dass seine Landesminister sich weigerten, ins Bundeskabinett zu wechseln, ärgerte Ministerpräsident Seehofer gewaltig. (Foto: dapd)

04.03.2011

Die Woche der Personalrochaden

Der Rücktritt von CSU-Strahlemann zu Guttenberg und die Kabinettsumbildungen in Berlin und München

Wenigstens einer freut sich ehrlich in diesen für die CSU so schweren Tagen. „Ich bin richtig heiß darauf, in diesem Haus arbeiten zu dürfen“, frohlockt der Ampfinger Marcel Huber (53). Zwei Jahre hat der gelernte Tierarzt als Staatssekretär im Kultusministerium ausharren müssen, bis ihn nun Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zu seinem Staatskanzleiminister gemacht hat. Den Posten muss Seehofer neu besetzen, weil der bisherige Amtsinhaber Siegfried Schneider in der Vorwoche erwartungsgemäß zum neuen Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) gewählt worden war.
Damit folgt ein Oberbayer einem Oberbayern. Hubers Posten im Kultusministerium übernimmt CSU-Fraktionsvize Thomas Kreuzer.
Dass der von der Plagiatsaffäre gebeutelte zu Guttenberg in der gleichen Woche hinwirft, in der Seehofer über die Schneider-Nachfolge nachdenkt, überrascht Seehofer völlig. Mitten in die laufende Ministerratssitzung platzt der Anruf aus Berlin, die Runde löst sich daraufhin auf, als ob der Fuchs in einen Hühnerhaufen eingefallen wäre. Seehofer ist fortan als Krisenmanager gefragt.
In der Lücke, die zu Guttenberg in Berlin reißt, drohen seine Personalpläne in München zu versinken. Im ersten Moment will Seehofer sich und der Öffentlichkeit einreden, dass beide Baustellen nichts miteinander zu tun haben.

Keiner will zunächst Guttenbergs Job

Seehofer setzt in der Hauptstadt auf eine Berliner Lösung. Dass die aber kein Selbstläufer ist, wird dem CSU-Chef schnell deutlich. Verkehrsminister Peter Ramsauer lehnt die Guttenberg-Nachfolge ebenso umgehend wie dankend ab. Und aus der Landesgruppe schreit auch niemand „Hier!“, obwohl gerade deren Vorsitzende seit jeher automatisch als Ministerreserve für den Notfall gelten. Doch Hans Peter Friedrich ziert sich vor einem Wechsel in den Bendlerblock.
Seehofer muss also mit der Personalfahndung in München beginnen, es schaut plötzlich doch nach einem größeren Revirement in seinem Kabinett aus. Aber weder Innenminister Joachim Herrmann noch Finanzminister Georg Fahrenschon wollen nach Berlin. Nicht einmal als klar wird, dass es nicht mehr ums Verteidigungs-, sondern ums Innenministerium geht, weil der Chef dort, Thomas de Maizière (CDU), zielstrebig in den Bendlerblock drängt und auch die Kanzlerin das für eine gute Idee hält. So muss am Ende doch Friedrich dem Parteisoldaten in sich nachgeben und zumindest Innenminister im Kabinett Angela Merkels werden.
Für die Schneider-Nachfolge kann Seehofer jetzt die von ihm favorisierte kleine Lösung umsetzen. Die besseren Chancen werden dafür eigentlich Kreuzer eingeräumt, zumal Seehofer auf ihn seit der souveränen Führung des Landesbank-Untersuchungsausschusses große Stücke hält. Doch Kreuzer ist Schwabe und hätte so den Regionalproporz auf den Ministersesseln durcheinandergebracht.
Außerdem steht Seehofer bei Huber im Wort. Der gelernte Tierarzt hätte schon 2008 Minister werden sollen, im Agrarressort. Damals entschied sich Seehofer aber in einer, wie er seinerzeit bekundete, „50:50-Entscheidung“ für den Niederbayern Helmut Brunner. Bei nächster Gelegenheit hatte Seehofer Huber die Beförderung zum Minister versprochen.

Für die Frauen gibt's nur ein kleines Zuckerl


Zur Verwunderung nicht weniger macht Seehofer Kreuzer zum Nachfolger Hubers im Kultusministerium. Und nicht den Gymnasiallehrer Bernd Sibler aus Plattling, den Seehofer stets nennt, wenn er nach aufstrebenden Nachwuchskräften gefragt wird. Dabei ist Kreuzer als früherer Richter und Staatsanwalt mit Schulthemen bislang eher weniger in Erscheinung getreten. Das soll er auch künftig nicht unbedingt, denn Seehofer verspricht sich von dem durchsetzungsfreudigen Juristen, dass er endlich die aufgeblähte Kultusbürokratie entschlackt.
Relativ klar scheint indes die Nachfolge Schneiders im Amt des oberbayerischen CSU-Vorsitzenden. Dort läuft offenbar alles auf Bundesagrarministerin Ilse Aigner zu, womit Seehofer im selbst ernannten „Jahr der Frau“ in der CSU wenigstens ein Führungsamt weiblich besetzt hätte. Im Gespräch war lange Zeit auch Fahrenschon, doch der scheint seine Ambitionen zugunsten Aigners zurückstellen zu wollen. Ganz leer geht er jedoch auch nicht aus. Denn er wird wohl Schneiders Abgeordnetenmandat im Landtag übernehmen, nachdem die vor ihm platzierte erste Nachrückerin Monika Hohlmeier schon angekündigt hat, im Europaparlament zu bleiben. (Jürgen Umlauft)

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