Politik

Eine Freiwillige in einer Halle auf dem Gelände einer provisorischen Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs. Auf ihrer Weste steht "Türkisch, Englisch, Pflegerin". (Foto: Andreas Gebert/dpa)

08.09.2015

Ein bunter Strauß an Hilfsbereitschaft

Deutschkurse, Kinderbetreuung, Kleiderkammern und Hilfe im Alltag: Unzählige Freiwillige wollen Flüchtlingen helfen oder tun dies längst - in ganz Bayern

Spontan kamen sie und halfen: Dutzende freiwillige Helfer bringen Essen und Getränke, Spielsachen und Windeln zum Münchner Hauptbahnhof, seit dort seit Anfang September regelmäßig hunderte Flüchtlinge ankommen - und am vergangenen Wochenende sogar 20 000. So etwas habe es noch nie gegeben, sagte einer der Freiwilligen zum Engagement der Münchner. Und nicht nur in der Landeshauptstadt ist die Hilfsbereitschaft enorm. Im gesamten Freistaat gibt es viele verschiedene Hilfsprojekte für Asylbewerber. Unzählige Menschen kümmern sich ehrenamtlich um die Zuwanderer, geben Deutschunterricht, passen auf Kleinkinder auf oder helfen den Flüchtlingen in ihrem neuen Alltag.

Manchmal wollten sich mehr Menschen engagieren als es Einsatzmöglichkeiten gibt

"Es ist fantastisch, wie viele Menschen sich melden oder spontan engagieren", sagt Margit Waterloo-Köhler von der Münchner Caritas. Über die neue Internetseite "Willkommen in München" seien allein im August 435 Hilfs-Angebote eingegangen und 180 weitere Menschen hätten sich per Telefon gemeldet. Manchmal wollten sich mehr Menschen engagieren als es Einsatzmöglichkeiten gibt, sagt Waterloo-Köhler. "Diese Menschen setzen alle ein deutliches Zeichen gegen rechts." Denn während Tausende sich für Flüchtlinge engagieren, werden in Deutschland immer wieder Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte verübt. Waterloo-Köhler hofft, dass die Einsatzbereitschaft der Menschen anhält. "Denn diese Thematik wird uns weiter beschäftigen."

Auch die Münchner Freiwilligen-Agentur Tatendrang verzeichnet einen unheimlichen Andrang der Hilfsbereiten. Für Beratungsgespräche gibt es derzeit Wartezeiten von vier bis sechs Wochen - obwohl die Mitarbeiter schon Doppelschichten machen, wie Christa Elferich sagt. "Die Hilfe soll sinnvoll und durchdacht sein. Das kann die Deutsch-Nachhilfe sein, Hilfe bei Behördengängen oder Patenschaften." Zudem gebe es das Projekt "Lesezeichen". Dabei kümmert sich ein Pate jeweils um ein Schulkind und fördert es gezielt zusammen mit den Lehrern. "Der Pate ist so eine Art Anker und vermittelt dem Kind, dass es willkommen ist in der Stadt und in unserer Gesellschaft."

Auch ein Geschenk an die Flüchtlinge: Zeit

Michael Haupt und Ines Janker-Ungermann sind zwei der vielen Ehrenamtlichen, die sich um Flüchtlinge bemühen. Der "Helferkreis Asylbewerber" in Wendelstein bei Nürnberg betreibt zwei Asylcafés, wo Freiwillige die Kinder betreuen, während die Erwachsenen Deutsch lernen. Zudem gibt es eine Kleiderkammer, wo Flüchtlinge und andere Bedürftige kostenlos Klamotten bekommen, und seit neuestem eine Fahrradwerkstatt. "Es macht unheimliche Freude, wie engagiert diese Leute sind", sagt die ehemalige Krankenschwester über die Asylbewerber. Ihr eigenes Engagement erklärt die 51-Jährige so: "Diese Menschen sind jetzt hier und man kann sie nicht einfach da sitzen lassen. Was ich ihnen geben kann, ist Zeit." Zwischen 10 und 20 Stunden investiert sie pro Woche für ihr Ehrenamt.

Michael Haupt koordiniert den etwa 70-köpfigen Helferkreis und betont: "Einer muss die Fäden in der Hand behalten." Sonst ende die Hilfe im Chaos. Die Menschen in Wendelstein seien sehr aufgeschlossen und hilfsbereit gegenüber den Flüchtlingen. Haupt ist Geschäftsführer einer mittelständischen Firma und erzählt, einige Helfer seien auch frustriert, wenn ein Asylbewerber abgeschoben wird, zu dem sie eine Beziehung aufgebaut haben. "Manche übernehmen sich und engagieren sich zu sehr. Man muss für sich Grenzen ziehen", sagt der 54-Jährige.

Es braucht Koordination - sonst endet die Hilfe schon mal im Chaos

Die Vielfalt der Hilfs-Projekte ist riesig. Der Verein "Refugees Online" etwa organisiert kostenloses Internet und Computer für Flüchtlingsunterkünfte wie in der ehemaligen Kaserne in Fürstenfeldbruck. Im oberfränkischen Forchheim hat eine Gruppe Freiwilliger das "Montagscafé" ins Leben gerufen - als Anlaufpunkt für Asylbewerber außerhalb ihrer Unterkünfte. In mehreren Städten werden Wörterbücher gesammelt und verteilt und die Nürnberger "Asylothek" - eine Bibliothek für Asylbewerber - findet inzwischen Nachahmer in immer mehr Kommunen.

Viele Menschen helfen Asylbewerbern auch durch den oft verwirrenden und gänzlich neuen deutschen Alltag. Nicole Maleta ist eine von ihnen. In Ingolstadt betreut die Immobilienmaklerin sechs junge Männer aus Somalia. "Ich habe mich mit ihnen um Fahrräder gekümmert, Möbel für sie besorgt oder habe sie zum Arzt oder in die Bücherei begleitet", sagt die 45-Jährige. "Oder ich habe ihnen gezeigt, wie man einen Rasenmäher unfallfrei bedient." Sie bemühe sich vor allem darum, dass die jungen Männer sich in Deutschland integrieren, nehme sie mit zu Festen und erkläre ihnen, dass die Deutschen Geburtstag, Weihnachten und Ostern feiern. "Das kennen die ja alles gar nicht." (Cathérine Simon, dpa)

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