Politik

Ein ehrgeiziges Ziel: In lediglich 2,5 Jahren will die Staatsregierung 5500 Ladestationen für Elektroautos in Bayern bauen. Bisher gibt es nur 1500. (Foto: dpa)

21.07.2017

Ein gewagtes Versprechen der CSU

Die CSU will alte Diesel nachrüsten lassen und neue subventionieren – die Opposition mehr E-Autos fördern

Die Luft in München ist noch dreckiger als gedacht: Laut einer neuen Studie der Staatsregierung liegen die Stickstoffdioxid-Belastungen in einem Viertel aller Hauptstraßen über dem zulässigen Grenzwert. Auch in Nürnberg, Augsburg und Würzburg wurde der Grenzwert heuer schon öfter überschritten. Hauptverursacher: ältere Diesel-Autos. Um Fahrverbote zu verhindern, hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) jetzt ein neues Maßnahmenbündel geschnürt.

Zum einen konnte die Staatsregierung Audi und BMW überreden, die Kosten für die Software-Nachrüstung von Euro-5-Dieseln zu übernehmen. Zum anderen soll es „spürbare“ Kaufanreize für die Flottenumrüstung von Diesel-Fahrzeugen geben. Außerdem ist geplant, Radwege auszubauen, den Schienenverkehr zu elektrifizieren und den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten – Münchner mit Jahresabo erhalten beispielsweise einen zusätzlichen Gratismonat. Nicht zuletzt soll die Elektromobilität gefördert werden.

Seit 2008 hat Bayern rund 134 Millionen Euro für E-Kaufprämien, die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen, eine öffentliche Beschaffungsinitiative, den Umweltbonus und den Ausbau der Ladeinfrastruktur ausgegeben. „Bis zum Jahr 2020 werden wir 7000 öffentlich zugängliche Ladesäulen im Freistaat Bayern zur Verfügung zu stellen“, erklärte Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer diese Woche im Landtag. Aktuell gibt es nur 1500.

"Lächerlich" nennt die Opposition das Maßnahmenpaket der Staatsregierung

Die Opposition hält das Maßnahmenpaket der Staatsregierung für „lächerlich“: „Das ist ungefähr so, als wenn die Feuerwehr bei einem Großbrand mit einem Eimer Wasser ausrückt“, ätzte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Die einzige Alternative aus seiner Sicht: Fahrverbote oder Nachrüstungen, durch die die Grenzwerte auch tatsächlich eingehalten würden. Eine Software-Update reiche dafür nicht aus. „Und ab 2030 dürfen nur noch abgasfreie Autos zugelassen werden“, forderte Hartmann.

Ursprünglich sollten einmal 200 000 Elektroautos bis zum Jahr 2020 auf bayerischen Straßen fahren – doch aktuell sind es nur rund 6000. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht: Von den 2016 in Bayern neu zugelassenen Fahrzeugen hatten gerade einmal 0,04 Prozent einen Elektroantrieb, rechnete SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher (SPD) vor. In Norwegen dagegen seien es 30 Prozent gewesen. Er mahnte die bayerischen Autohersteller, nicht den Anschluss zu verlieren: „43 Prozent aller Elektroautos werden in China produziert.“ Außerdem plane die chinesische Regierung eine neue Quote: Ab 2018 müssten acht Prozent aller importierten Autos Elektroautos sein.

Thorsten Glauber (Freie Wähler) warf der Staatsregierung vor, sich mehr für die Interessen der Autokonzerne als die der Verbraucher einzusetzen. „In der Ladeinfrastruktur liegt Bayern im Vergleich der Bundesländer nur auf Platz zehn“, klagte er und forderte eine E-Prämie statt einer „Diesel-Abwrackprämie“: „Südkorea fördert E-Mobilität zum Beispiel mit 18 000 Euro pro Fahrzeug.“

Die CSU-Fraktion hingegen glaubt an die Wirkung des Maßnahmenpakets. Der Euro-6-Diesel reduziere die Schadstoffe nachhaltig, ist Hans Ritt (CSU) überzeugt. „Spätestens 2020 wird es bei den Stickoxid-Werten in Bayern keine Überschreitungen mehr geben“, kündigte er überaus optimistisch an. Und die Opposition versprach zugleich, ihn in drei Jahren an dieses Versprechen zu erinnern.
(David Lohmann)

Kommentare (2)

  1. Alexander P. am 25.07.2017
    Tja, komischerweise wählen wir die Herren Politiker doch alle wieder. Wir hätten es in der Hand. Aber der Deutsche an sich ist schon so faul geworden. Auf die Strasse gehen wie die Franzosen? Nicht der Deutsche. Autohersteller boykottieren? Aber bitte nicht ich. Erst mal abwarten was die Anderen so machen. Ist eigentlich das Bier schon kalt? Hat meine Frau schon den Wurstsalat hergerichtet? Läuft heute Lindenstrasse? Was? Die fällt heute aus? Sauerei.......und schon ist alles wieder vergessen. ;-)
  2. haarthhoehe am 21.07.2017
    Der Diesel wird nie sauber werden. Bei der Hochdruck- und Hochtemperaturverbrennung im Hubraum entstehen chemische Verbindungen und Feinstaub. Mann kann alles reduzieren durch Filter. Das wurde sogar staatlich gefördert. Einige Taxifahrer haben die Filterförderung mitgenommen und dann den Filter wieder ausgebaut und verhökert. Dazu kommt die Abschaltung des AGR-Ventils im Winter, also nach wie vor keine Änderung der Lage. Wenn sich Politiker und Autobauer jetzt schon auf die Schulter klopfen, dass sie das schaffen werden, zeigt doch, dass im Grunde gar kein Interesse an Veränderung besteht. Seehofer fordert gar die Förderung von Dieselautos. Welch ein Anachronismus!
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