Politik

Die Hilfbereitschaft der Münchner lässt nicht nach: Zwei Mädchen erhalten heute vor dem Hauptbahnhof von Münchner Bürgern Geschenke. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

07.09.2015

Entlastung in Sicht

20 000 waren es am Wochenende, Tausende waren es am Montag. München blieb auch zu Wochenbeginn erste Anlaufstelle für viele Migranten. Jetzt soll Leipzig ein weiteres Drehkreuz werden

Nach einer Flüchtlingsaufnahme von bisher nicht gekanntem Ausmaß am Wochenende in München sind auch am Montag wieder Tausende neue Migranten angekommen. Bis zum Abend brachten Sonderzüge aus Österreich etwa 3600 Menschen in die bayerische Landeshauptstadt, wie die Regierung von Oberbayern mitteilte. Bis Mitternacht dürfte sich die Zahl für den gesamten Tag auf etwa 4400 erhöhen, wie eine Sprecherin sagte. Insgesamt sei München am Montag aber erstmals deutlich entlastet worden, weil unter anderem allein drei Sonderzüge von Salzburg aus an München vorbei in andere Städte und Bundesländer fuhren. Außerdem sei es weiterhin das Ziel, die Flüchtlinge möglichst schnell weiterzuleiten. Noch am Wochenende waren 20 000 Migranten angekommen.

Derweil stößt München an seine Kapazitätsgrenze bei der Aufnahme der Migranten. „Wir sind hier sehr am Anschlag“, erläuterte der Präsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand. An die behördliche Registrierung der Migranten ist derzeit nicht zu denken.

An eine behördliche Registrierung ist derzeit nicht mehr zu denken

Leipzig soll daher ein weiteres Drehkreuz für die erste Versorgung ankommender Flüchtlinge in Deutschland werden. Die Gespräche dazu seien in der entscheidenden Phase, so Hillenbrand. Zwei weitere Drehkreuze sollen in Westdeutschland und Norddeutschland entstehen, so dass es am Ende neben München und Leipzig vier zentrale Anlaufstellen geben werde.

Auf dem Münchner Messegelände stehen seit dem Wochenende 2200 Plätze für Migranten zur Verfügung. 600 weitere seien möglich, erläuterte der Regierungspräsident. Die Messegesellschaft stellt drei Hallen zur Verfügung. Die Asylbewerber sollen dort nur eine Nacht bleiben, viele reisten aber schon nach wenigen Stunden weiter in andere Städte.

Die Behörden dankten den vielen ehrenamtlichen Helfern. „Die Ehrenamtlichen sind der Kitt für das Funktionieren des Gesamtablaufs“, sagte Hillenbrand. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dankte den Einsatzkräften und Helfern: „Wir erleben einen großartigen Hilfseinsatz, der Ausweis ist für unsere hervorragend funktionierende Verwaltung und unsere intakte Bürgergesellschaft.“ Ähnlich äußerte sich Sozialministerin Emilia Müller (CSU): „Dank einer großartigen Kraftanstrengung aller hauptamtlichen, aber auch der vielen ehrenamtlichen Helfer konnten all diese Menschen hier gut aufgenommen werden.“

CSU möchte finanzielle Anreize für Flüchtlinge möglichst gering halten

Eine Registrierung der Menschen ist nach Aussage von Hillenbrand derzeit nicht leistbar. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte, dass die Flüchtlinge erst nach und nach registriert werden könnten. Ein Sicherheitsproblem entstehe dadurch nicht. Migranten, die auf eigene Faust in Deutschland unterwegs seien, ließen sich an einer anderen Unterkunft erfassen.

Derweil ging die politische Diskussion über die Aufnahme der Flüchtlinge unvermindert weiter. Die Spitzen von Union und SPD hatten sich in der Nacht zum Montag auf ein beispielloses Maßnahmenpaket zur Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt. Der Bund will 2016 sechs Milliarden Euro mehr ausgeben. Die CSU möchte allerdings finanzielle Anreize für Flüchtlinge, nach Deutschland zu kommen, möglichst gering halten. „Wir wissen, dass der im Vergleich mit anderen Ländern relativ hohe Betrag an Geldleistung ein Anreiz ist, dass Flüchtlinge nach Deutschland wollen“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) würdigte die große Hilfsbereitschaft für die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge, betonte aber auch, dass es so nicht weitergehen könne. „Hilfe ja, aber wir können nicht alle Probleme der Welt als Deutschland und Bayern lösen, das wäre dann auch zu viel“, sagte Söder beim Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. Die SPD kritisierte die Flüchtlingspolitik der CSU scharf. „Auch die CSU spricht von Asylmissbrauch“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Ralf Stegner in Abensberg. Es dürften aber keine Argumente gesucht werden, damit Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse werden.

Dringend benötigt: Mehr Geld für Sprachkurse

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) rief Eltern dazu auf, Flüchtlingskinder zum Beginn des neuen Schuljahres in einer Woche willkommen zu heißen. „Ich bitte dringend darum, dass wir in der Schule das Vorbild sind und soziale Integration ermöglichen und eine Willkommenskultur leben“, sagte die BLLV-Vorsitzende Simone Fleischmann im Bayerischen Rundfunk. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) forderte zusätzliches Geld für den Deutschunterricht von Flüchtlingen. Der Bundesagentur für Arbeit solle ermöglicht werden, aus ihren Beiträgen Sprachkurse zu finanzieren, sagte vbw-Präsident Alfred Gaffal. (dpa)

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