Politik

28.01.2011

Folgenlose Kommissionitis

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

Hat irgendjemand etwas dagegen, dass das flache Land mehr DSL-Anschlüsse, Krippenplätze und Verkehrsinfrastruktur bekommt? Dass in Stadt und Land gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen sollten? Oder dass auch abseits der Metropolen neue Unternehmen und somit neue Jobs entstehen?
All das sind Ziele, über die in Bayern Einvernehmen herrscht zwischen Regierung und Opposition, auch wenn sich an der Art der Umsetzung bisweilen Streit entzündet. All das sind auch Forderungen, die der Zukunftsrat der bayerischen Regierung in ein Gutachten geschrieben hat, über das seit vergangener Woche so hitzig debattiert wird, als propagiere es die Fusionierung Bayerns mit Nordkorea.
Dass die Debatte über das Papier einer Kommission unter Führung von Ex-McKinsey-Chef Herbert Henzler derart eskaliert, liegt indes weniger an den mitunter wenig spektakulären Ideen der erlauchten Runde. Der von der Niederbayern-CSU angezettelte Aufruhr wurzelt vor allem in einer desaströsen Kommunikationsstrategie der Regierung: Nachdem eine Regionalzeitung über Teile der bis dato unveröffentlichten Expertise berichtete und sich die örtlichen CSU-Würdenträger lauthals über die angebliche Benachteiligung des ländlichen Raums empörten, mauerte die Staatskanzlei erstmal. Nach vier Tagen dann ließ man sich herbei, das Gutachten zu publizieren. Da jedoch hatte die Staatsregierung die Deutungshoheit über das Papier bereits verloren; die meisten Abgeordneten verspürten wenig Lust, das 100-Seiten-Papier zu lesen. Einzig die Grünen vertieften sich in die Lektüre und kamen überein, dass viele Vorschläge der Henzler-Truppe so blöd nicht sind.
Die Wutbürger von CSU und Opposition können so oder so beruhigt sein: Die Ideen des Zukunftsrates dürften ebenso versanden wie Tausende Vorstöße ähnlicher Kommissionen der Vorjahre. Ärgerlich ist das vor allem in den Fällen, in denen Beratungsfirmen viel Geld für mitunter sinnvolle Vorschläge erhielten. Dass etwa Bayerns Schulen weniger Bürokratie und mehr Eigenverantwortung brauchen, riet ein dafür hoch bezahltes Consultingunternehmen bereits vor 15 Jahren. Das Kultusministerium sorgte damals dafür, dass die teuren Vorschläge rasch in der Schublade verschwanden. Immerhin: Das aktuelle Henzler-Papier war ein Schnäppchen. Die 22 Experten dachten ehrenamtlich nach.

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