Politik

Spektakuläre Aktion: Junge Greenpeace-Aktivisten rufen auf der Zugspitze die Energiewende aus. (Foto: dapd)

20.05.2011

Freude und Frust übers Öko-Programm

Durch Änderungen im Baurecht sollen Bayerns Kommunen künftig mehr für den Klimaschutz tun - das begeistert nicht alle

Vor ein paar Tagen hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace 22 Jugendliche auf die Zugspitze geschickt, um das „Zeitalter der erneuerbaren Energien“ auszurufen. Auf dem höchsten deutschen Berg stellten die Nachwuchsaktivisten ein fünf Meter hohes Windrad aus einem gefalteten Atomsymbol auf, entrollten ein riesiges Banner und schwenkten eine Fahne mit dem bayerischen Wappen. Solch grüne Werbeaktionen sind derzeit überall im Land en vogue, während sich die Bundesregierung im Klein-Klein der Energiewende zu verlieren scheint.
Nun hat das Bundesbauministerium am vergangenen Montag einen Entwurf des so genannten „Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Stadtentwicklung“ an die Bundesländer und entsprechende Fachverbände zur Stellungnahme übersandt. Die darin enthaltenen Änderungen hätten massive Auswirkungen auch auf das bayerische Bauplanungsrecht zur Folge: Städte und Gemeinden müssten sich bei Planung und Genehmigung von Bauvorhaben stärker als bisher am Klimaschutz orientieren.
„Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen (…) eine Klimaschutzklausel eingefügt, die Festsetzungsmöglichkeiten zum Einsatz und zur Nutzung erneuerbarer Energien und aus Kraft-Wärme-Kopplung erweitert, Sonderregelungen für die Windenergienutzung eingefügt und die Nutzung insbesondere von Photovoltaik-Anlagen an oder auf Gebäuden erleichtert werden“, heißt es in dem Papier. Demzufolge können künftig gezielt Flächen ausgewiesen werden, auf denen Windräder, dezentrale Kraftwerke oder Stromspeicher stehen sollen. Außerdem soll der Bau von Solaranlagen etwa auf Dächern ohne große Genehmigungen möglich sein, sofern die Gebäude außerhalb von Ortschaften liegen.
Eigentlich sollte das Gesetz erst im Laufe dieses Jahres erneuert werden, doch die Reaktorkatastrophe in Fukushima beschleunigt dies nun. Bereits am 6. Juni soll der Gesetzentwurf im Kabinett beraten und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. „Mit dem Vorziehen des energie- und klimapolitischen Teils der Bauplanungsrechtsnovelle vollziehen wir die Energiewende für den Bereich des Städtebaus“, tönte Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU). Der zweite Teil wird voraussichtlich im Oktober beschlossen.

Das kostet Milliarden. Wer zahlt?


Das klingt gut, doch in Bayern stößt das Vorhaben nicht nur auf Zustimmung. Die Landtagsgrünen etwa halten den Entwurf für zu schwammig: „Manche örtlichen Satzungen sehen bei uns in Bayern vor, dass nur ein Drittel der Dachflächen mit Solarzellen bestückt werden dürfen. Diese Einschränkung wird durch den Entwurf nicht beseitigt. Zudem sollten in jedem bayerischen Landkreis wenigstens drei kleine Flächen zur Windenergie-Gewinnung ausgewiesen werden. Auch da sehe ich keinerlei Verpflichtung“, sagt Christine Kamm, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.
Das bayerische Baugewerbe wiederum dringt auf mehr staatliche Förderungen und kritisiert Unklarheiten bei der Finanzierung: „Wenn man sich so ehrgeizige Ziele setzt, muss man diese durch umfassende Förderungen begleiten. Doch konkret passiert ist noch nicht viel, im Moment sind das nur leere Versprechungen. Das Gebäudesanierungsprogramm steht zudem auf der Kippe, weil Milliarden durch den Atomausstieg fehlen“, sagt Holger Seit, Sprecher des Landesverbandes Bayerischer Bauinnungen.

Klimaschutz? Kommt in der bayerischen Bauordnung nicht vor


Die Opposition kritisierte zuletzt, dass die Bundesregierung die Mittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm stark reduziert habe, um es dann mit Mitteln aus dem Klima- und Energiefonds aufzustocken. Währenddessen „blieb das Fördervolumen unter einer Milliarde Euro und damit weit hinter den erforderlichen Haushaltsmitteln zurück“, kritisiert die SPD-Bundestagsfraktion.
Solche Einschnitte kann Kamm nicht nachvollziehen: „Der Bund muss ein Förderprogramm in der Größenordnung von 3 Milliarden Euro für die energetische Gebäudesanierung aufstellen“, fordert die bayerische Grüne. Konkrete Zahlen zur mit der Novelle einhergehenden Investitionssumme oder dem Umfang der auszuweisenden Flächen wollte das Bundesbauministerium allerdings nicht nennen: „Es ist Sache der Kommunen, wie viel dort ausgewiesen wird“, sagte eine Sprecherin.
Von Seiten des bayerischen Innenministeriums hieß es, dass das Gesetzesvorhaben noch geprüft werde. Für Kamm wäre es schon ein Anfang, wenn die Neuerungen auch in der Bayerischen Bauordnung ihren Niederschlag finden: „Dort kommt der Klimaschutz nach wie vor mit keinem einzigen Wort vor“, klagt die Grünen-Politikerin. (Sebastian Winter)

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