Politik

01.04.2011

Gefährdete Geschäfte

Die libysche Demokratiebewegung ist auf die Deutschen nicht gut zu sprechen - zum Leidwesen der bayerischen Exporteure

Die Botschaft war deutlich: „Wir danken den Franzosen und Amerikanern – von den Deutschen sind wir einfach nur enttäuscht“, diktierte der General der libyschen Opposition in Bengasi kurz nach Beginn der ersten Bombardements in die Mikros. Und während nicht weit entfernt die Bomben der Franzosen auf Gaddafis Truppen hagelten, fügte der Uniformierte hinzu: „Die Deutschen brauchen wir hier nicht.“
Das einst so gute Image der Teutonen hat in den befreiten Teilen des nordafrikanischen Lands einen Nullpunkt erreicht. Und so könnte es passieren, dass bei manchem bayerischen Konzernlenker zu der Freude über die militärischen Erfolge der libyschen Demokratiebewegung auch Skepsis kommt. Denn dass sich die Deutschen einem militärischen Engagement in dem Krisenland verweigern und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) im UN-Sicherheitsrat für eine Enthaltung sorgte, dürfte für die Exporte aus dem Freistaat nicht unbedingt förderlich sein.
Dabei gehörte Libyen bislang zu einem der größten afrikanischen Abnehmerländer. Viele Millionen Euro verdienten bayerische Firmen mit Exporten in die Krisenregion. So engagiert sich der Maschinenbauer Siemens seit einem halben Jahrhundert in dem Wüstenstaat. Vor allem im Energie- und Gesundheitsbereich machten die Münchner bislang blendende Geschäfte. Die Mitarbeiter des Konzern errichten Stromleitungen in dem Land oder bauten riesige Gasturbinen.
Im Geschäftsjahr 2010 betrug der Umsatz mit libyschen Kunden nach Unternehmensangaben 159 Millionen Euro – der Auftragseingang erreichte sogar knapp 214 Millionen Euro. Vor Kriegsausbruch beschäftigte Siemens in dem Land 130 Mitarbeiter. „Die haben wir mittlerweile aber abgezogen“, erklärt ein Sprecher. Derzeit liefen keinerlei Geschäfte mit der Region.


Neben Siemens ist auch
die Solarbranche betroffen


Inwieweit die Zusammenarbeit mit einer eventuellen Nach-Gaddafi-Regierung unter der deutschen Enthaltsamkeit leiden werde, könne man nicht sagen. Man gebe hierzu keine Prognosen, ließ ein Sprecher wissen.
Auch BMW war bislang in Libyen präsent. Im vergangenen Jahr verkaufte der Münchner Autobauer 277 Wägen in das Land. Die Geschäfte liefen allerdings über einen Importeur. Man habe derzeit keine Mitarbeiter in der Region, erklärte eine Sprecherin. Ohnehin sei der Verkauf von Autos wegen des Krieges ausgesetzt.
Negative Folgen könnte eine geänderte Handelspolitik für die in Nordafrika stark engagierten bayerischen Hersteller von Solarmodulen haben. „Da hängt schon viel Geld dran“, sagt der Chef eines bayerischen Mittelständler der Staatszeitung. Seinen Namen will er aber nicht in der Zeitung lesen.
Andere Unternehmen wie der Bamberger Tür- und Fensterhersteller Magnat haben ihre Handelsbeziehungen zu Libyen dagegen ohnehin bereits eingestellt. Vor einigen Jahren hatten die Franken mehrere Villen in dem Land mit ihren Produkten ausgestattet. „Das Land ist zwar ein interessanter Markt, aber hier gilt es abzuwarten“, sagt dessen Chef Wilfried Kämper. (Tobias Lill)

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