Politik

Nur eine von vielen Möglichkeiten: Dieser junge Mann lernt den Beruf eines Holzblas-Instrumenten-Machers. (Foto: dpa)

24.07.2017

Gegen den Lehrlingsschwund

Bayerns Unternehmen gehen allmählich die Lehrlinge aus - im Schnitt kann jede zehnte Ausbildungsstelle nicht mehr besetzt werden. Staatsregierung und Wirtschaftsverbände wollen die berufliche Ausbildung daher attraktiver machen

Staatsregierung und bayerische Wirtschaft wollen den Lehrlingsschwund in Bayern mit neuen Ausgaben in zweistelliger Millionenhöhe bekämpfen. Der Meisterbonus für angehende Handwerksmeister etwa wird von 1000 auf 1500 Euro erhöht, wie Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) nach der Kabinettssitzung berichtete. Das allein soll von 2018 an 17 Millionen Euro pro Jahr kosten. Die Bildungseinrichtungen der Wirtschaft werden mit zusätzlich 10 Millionen Euro im Jahr bezuschusst, die Berufsschulen sollen für 5 Millionen Euro neue Computer und Digitaltechnik erhalten.

Außerdem will die Staatsregierung in den nächsten beiden Jahren 100 neue Berufschullehrer einstellen, was Schätzungen zufolge 2018 und 2019 weitere 6 Millionen Euro kosten dürfte. Beteiligt an der Vereinbarung sind Staatsregierung, Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Bayerischer Industrie- und Handelskammertag, Handwerkstag und die Regionaldirektion der Arbeitsagentur. Den Großteil der Kosten übernimmt die Staatsregierung, die Wirtschaft will eine einstellige Millionensumme beisteuern. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) sprach von einem "starken Signal für die berufliche Bildung".

Im Freistaat fehlen heuer laut der Staatskanzlei bereits 195 000 beruflich qualifizierte Arbeitnehmer, 2016 blieb im Schnitt jede zehnte Lehrstelle unbesetzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bayern kritisierte, dass die Gewerkschaften in die Vereinbarung nicht einbezogen sind.

SPD fordert kostenfreie Meisterausbildung

Offiziell heißen die geplanten Maßnahmen "Pakt für berufliche Bildung". Schon seit 2014 gibt es in Bayern eine "Allianz für starke berufliche Bildung". "Wir intensivieren das durch den Pakt, der oben drauf sitzt", erläuterte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD- Landtagsfraktion, Annette Karl, fordert eine komplett kostenfreie Meister- und Technikerausbildung analog zum kostenlosen Erststudium. Die beschlossene Erhöhung des Meisterbonus auf 1500 Euro sei lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Weit unter dem tatsächlichen Bedarf lägen auch die angekündigten fünf Millionen Euro für die Verbesserung der technischen Ausstattung an allen Berufsschulen in Bayern. Außerdem vermisst Karl die Einbindung der Arbeitnehmervertreter, also der Gewerkschaften, in den Bildungspakt. "Das ist unverständlich, geht es doch um künftige Arbeitnehmer."
 
Der Freie Wähler Michael Piazolo fordert "finanziell die Gleichwertigkeit zum Bachelor herzustellen" und dafür finanziellen Unterstützung für Meister auf insgesamt 3000 Euro zu erhöhen. Und benso wie Studium, Wissenschaft und Forschung von Fortschritt leben, müsse auch die berufliche Bildung stetig weiterentwickelt werden. "Insbesondere der digitale Ausbau beruflicher Schulen und der digitale Wandel in der Arbeitswelt sind große Herausforderungen für unsere Gesellschaft", so Piazolo, der den Pakt für berufliche Bildung "ein erstes, kleines Schrittchen in die richtige Richtung" nennt. "Der größere Teil des Weges ist aber noch zu beschreiten."
"Die mantraartige Wiederholen ihrer Wichtigkeit hilft der beruflichen Bildung nicht weiter“, kommentiert der bildungspolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Thomas Gehring, den Pakt. Dafür aber auch wichtige Weichen zu stellen, habe die CSU-Regierung bisher versäumt. Die beruflichen Schulen seien seit Jahren finanziell unterversorgt, eine "hundertprozentige Unterrichtsversorgung liegt in weiter Ferne, die Ausstattung für digitale Bildung ist unzureichend – dazu ist die Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung nicht mehr als ein Lippenbekenntnis", so Gehring. Und bei der beruflichen Integration von Flüchtlingen werde regelrecht blockiert: "Die Unternehmen übernehmen die Verantwortung für die Integration, von der CSU-Regierung aber bekommen sie laufend Knüppel zwischen die Beine geworfen." (dpa/BSZ)

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