Politik

In Bayern gibt es laut Statistischem Bundesamt fast 21 000 Architekten. (Foto: Getty)

26.07.2013

"Gemeinden droht Kostenexplosion"

Bayern verhilft im Bundesrat einer satten Honorarsteigerung für Architekten und Bauingenieure zur Mehrheit

Eigentlich hatten Bayerns Kommunen in den vergangenen Wochen – gerade angesichts der Flutschäden – keinen Grund zur Klage über die Baupolitik der Staatsregierung. Die ersten finanziellen Hilfen aus München flossen rasch, und dann hob das schwarz-gelbe Kabinett auch noch die Schwellenwerte für freihändige Vergaben bei Bauleistungen auf 100 000 Euro und für beschränkte Ausschreibungen auf eine Million Euro an. Die zerstörte Infrastruktur, so schien es, konnte rasch und vergleichsweise günstig erneuert werden. Doch zu früh gefreut. Denn parallel lief unter aktiver Unterstützung des Freistaats im Bundesrat in Berlin unter dem harmlos klingenden Namen „siebte Änderung der HOAI“ (Honorarordnung für Achitekten und Ingenieure) eine Maßnahme an, welche die Kommunen teuer zu stehen kommen wird. Die Länderkammer hat inzwischen zugestimmt, die Verordnung ist in Kraft.
„Auf Bayerns Gemeinden rollt eine Kostenexplosion gewaltigen Ausmaßes zu“, warnt Josef Mend, Vizepräsident des Bayerischen Gemeindetags. Einige Rechenbeispiele des Kommunalpolitikers klingen tatsächlich dramatisch: „Ein Bauleitplan mit einfachen Anforderungen bei einem Gebiet von zehn Hektar wird statt bisher 8400 künftig 24 000 Euro kosten. Und selbst das Mindesthonorar bei einfachen Plänen steigt von 472 auf 5000 Euro.“ Im Durchschnitt steigen die Honorare um etwa 17 Prozent.
In der Baubranche nimmt man die Entscheidung aus Berlin dagegen mit Genugtuung zur Kenntnis. „Erleichtert stellen wir fest, dass die Honorare, fußend auf einem eigens hierzu eingeholten Gutachten, markt- und leistungsgerecht angehoben wurden“, verkündet Heinrich Schröter, Präsident der Bayerischen Ingenieurkammer Bau. Ungetrübte Freude mag freilich nicht aufkommen. So beklagt der Verbandsfunktionär, „dass die Honorarerhöhung teilweise darüber erkauft wird, dass die Verordnung mehr Leistungen abverlangt, als dies bisher der Fall war“. So würden seine Berufskollegen unter anderem viel intensiver als früher für die Einhaltung von Budgetplanungen in die Verantwortung genommen. Auch seien die Dokumentationspflichten verschärft worden.

Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums


Besagtes Gutachten meint eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem Titel Aktualisierungsbedarf zur Honorarstruktur der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Erstellt wurde es von Rainer Schach, Professor für Baubetriebswesen an der TU Dresden. Der wiederum zog unter anderem ein privates Architektur- und Ingenieurbüro und eine Fachanwaltskanzlei für Bau- und Architektenrecht hinzu. Nach gut 560 Seiten kommen die Autoren, wen wundert’s, zum Ergebnis, dass die Honorare angehoben werden müssen. Immerhin erkennen Schach und seine Mitstreiter an, dass ihre Empfehlungen teuer werden: „Bei der Untersuchung der Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte wird es bei Übernahme der Honorarempfehlung HOAI 2013 insgesamt betrachtet zu Steigerungen der Ausgaben für Planungsleistungen führen, da sich die Honorare bei fast allen Leistungsbildern erhöhen. Bei kleineren Kommunen wirken sich die Honoraränderungen bezogen auf die Bauausgaben am stärksten aus.“
Vor der Abstimmung im Bundesrat gab es von Seiten mehrerer Bundesländer massive Bedenken, dies könnte negative Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte haben. Nicht so in Bayern. Am Ende wurde die Novelle mit nur einer Stimme Mehrheit angenommen. Das „Ja“ aus dem Freistaat rechtfertigt man im Haus von Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Diese Erhöhung erachten wir grundsätzlich für angemessen“, so seine Sprecherin. „Seit 1991 wurden die Honorare nur einmal im Jahr 2009 pauschal um zehn Prozent angehoben. Der Verbraucherpreisindex ist in diesem Zeitraum um zirka 32 Prozent gestiegen.“ Obendrein beträfe die Auswirkung ja nicht nur die Kommunen, „sondern alle öffentlichen und privaten Auftraggeber“, und der Bundesrat habe auch gefordert, „dass die Bundesregierung die Auswirkungen der Honorarerhöhung in der nächsten Legislaturperiode evaluiert“.
Josef Mend tröstet das nur wenig: „Die Honorare der Architekten richten sich doch auch nach den Kosten der einzelnen Bauprojekte. Und die sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.“ (André Paul)

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