Politik

22.07.2011

Geschenke für die Reichen

Bayerns Opposition und Finanzexperten machen gegen die Steuersenkungspläne der Bundesregierung mobil

„Peanuts“, sagt Josef Bugiel, Chef der bayerischen Finanzgewerkschaft, ein bisschen wütend. „Die Pläne zur Steuersenkung bringen niemandem etwas und der Staat verliert viel Geld.“ Die schwarz-gelbe Bundesregierung hingegen sagt, die Bürger sollen vom Aufschwung profitieren. Voraussichtlich von 2013 an soll deshalb jeder mehr vom Einkommen haben, vor allem Geringverdiener. „Aber wer wenig verdient, hat nach den Steuersenkungen vielleicht zehn Euro mehr im Monat“, sagt Bugiel.
Frank Hechter, Steuerexperte an der FU Berlin, bestätigt, dass Geringverdiener von der Steuerreform wahrscheinlich wenig haben: Wer 2000 Euro brutto im Monat verdient, müsste im Jahr gerade mal 158 Euro weniger Steuern zahlen, rechnet er vor. Besserverdienende hingegen würden besser wegkommen: Wer 5000 Euro brutto im Monat verdient, hätte nach Steuern 461 Euro mehr als jetzt. Für die Studie stützt sich Hechter auf Angaben der Bundesregierung. Dabei ist laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) jeder sechste Deutsche im Niedriglohnsektor tätig.
Wie und wann sich das Steurrecht tatsächlich ändert, ist noch nicht entschieden. Erst im Herbst will die Bundesregierung anhand der aktuellen Wirtschaftslage entscheiden, wie hoch die Steuerentlastungen tatsächlich sein werden. Es sieht gut aus: Die Wirtschaft brummt, allein im Freistaat kassierte das Finanzamt im ersten Halbjahr 2011 über neun Milliarden Euro mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. „Die Rahmenbedingungen für Steuersenkungen stimmen, die Koalition hat mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz den richtigen Weg eingeschlagen“, erklärt dann auch ein Sprecher des CSU-geführten bayerischen Finanzministeriums. Damit es so weiter geht, sollen Steuersenkungen den Konsum ankurbeln.
„Die bayerische Regierung unterstützt die Pläne nur, weil im Jahr 2013 Landtagswahlen anstehen“, sagt hingegen Josef Bugiel und fügt an: „Reiner Populismus.“ Es sei nicht der richtige Augenblick, Steuern zu senken. Auch wenn Bayern einen ausgeglichenen Haushalt hat: Bugiel findet, der Freistaat müsse die Konjunktur für eine Entschuldung nutzen. Außerdem sei ungewiss, wie sich die Wirtschaft entwickelt. Das Geld könnte bald an anderer Stelle fehlen – etwa für die Energiewende.
Sinnvoll fände Finanzgewerkschafter Bugiel eine echte Reform, die das Steuerrecht vereinfacht. Auch die bayerische Opposition ist gegen Steuersenkungen. „Menschen mit geringen Gehältern oder kinderreiche Familien zahlen schon heute nur sehr wenig oder keine Einkommensteuer“, sagt Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper. Auch das Argument, geringe Steuern verbesserten die Konjunktur, lässt sie nicht gelten. „Vor allem Gutverdiener profitieren, und die werden die Steuerersparnis hauptsächlich auf die hohe Kante legen.“
Florian Pronold, Chef der Bayern-SPD, sieht das ähnlich: Im Freistaat werde Geld gebraucht: „In Bayern wird die Hälfte aller Junglehrer auf die Straße gesetzt, obwohl an vielen Schulen Unterrichtsausfall und große Klassen ein massives Problem darstellen – weil zu wenig Geld da ist. Und jetzt will Seehofer Steuergeschenke an die Reichen verteilen.“
(Veronica Frenzel)

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