Politik

Ingenieurinnen verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen. (Foto: dapd)

07.01.2011

Gleiche Qualifikation, ungleicher Lohn

Laut IHF-Studie werden Absolventinnen von MINT-Fächern im Job diskriminiert

Wenn mehr Frauen technische Fächer studierten, dann würde der gewaltige Lohnunterschied, den es zwischen Männern und Frauen gibt, sinken. Diese verbreitete These entkräftet jetzt eine Studie des Bayerischen Instituts für Hochschulforschung. Demnach werden nämlich auch MINT-Absolventinnen bei der Bezahlung diskriminiert.
hnittlich über 20 Prozent weniger verdienen als Männer, ist allgemein bekannt. Dass aber auch Absolventinnen der Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik deutlich schlechter entlohnt werden als ihre männlichen Kollegen, schockiert doch. Schließlich wird Schülerinnen deshalb empfohlen, ein so genanntes MINT-Fach zu studieren, weil die Verdienstmöglichkeiten so gut und die Arbeitsplätze sicherer als anderswo sein sollen.


Frauen werden öfter befristet eingestellt


Eine aktuelle Studie des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) kommt indes zu ernüchternden Ergebnissen: In Bayern beträgt in den technischen Fächern der monatliche Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern von 138 Euro brutto (Elektrotechnik) bis 455 Euro brutto (Maschinenbau) im Monat – zu Ungunsten der Frauen.
Besonders beunruhigend dabei ist, dass die Politologin Susanne Falk für ihre Darstellung „Gleicher Lohn bei gleicher Qualifikation?“ Einstiegsgehälter zugrunde gelegt hat. Das bedeutet: Noch vor familienbedingten Pausen haben MINT-Absolventinnen schlechtere Start-Bedingungen als Absolventen. Dabei: „Frauen studieren genauso lang und gut wie Männer, gehen genauso häufig ins Ausland und suchen in ihrem Studium die gleiche Praxisnähe wie Männer“, hat Falk herausgefunden.
Dennoch würden Frauen gleich nach Studienabschluss schlechtere Beschäftigungsverhältnisse vorfinden als Männer: „Sie sind häufiger arbeitslos als ihre männlichen Kollegen und arbeiten häufiger in befristeten Beschäftigungsverhältnissen.“ So seien MINT-Absolventinnen auch fünf Jahre nach Studienabschluss mehr befristet beschäftigt als Absolventen, „insbesondere wenn sie Kinder haben“. Besonders große Unterschiede zeigen sich laut Falk im Maschinenbau und im Bauingenieurwesen: „In diesen Fächern liegt der Anteil der Frauen, die befristet eingestellt sind, zwischen 13 und 15 Prozentpunkten höher als bei Männern.“ Und befristet Beschäftigte würden meist schlechter bezahlt als Unbefristete. Eine löbliche Ausnahme gibt es laut Studie allerdings: Im öffentlichen Dienst stufe man beide Geschlechter dank „standardisierter Laufbahn- und Besoldungsstrukturen“ gleich ein.
Ob Frauen schlechter verhandeln als Männer oder ob sie von männlichen Vorgesetzten diskriminiert werden: Diese Ursachen können laut Falk angenommen, müssen allerdings noch wissenschaftlich erwiesen werden. Fakt sei: „Für einen Abbau der Lohnungleichheit ist es entscheidend, dass mehr Frauen Zugang zu unbefristeten Stellen in der Privatwirtschaft bekommen“, sagt sie. Dass dies der Weg sein muss, darüber sind sich auch Politiker fraktionsübergreifend einig. „Leider ist in den Köpfen vieler Vorgesetzter immer noch nicht angekommen, dass wir ohne Frauenpower in Zukunft keinen Blumentopf mehr gewinnen können“, erbost sich Frauenministerin Christine Haderthauer (CSU), gleichzeitig Frauenbeauftragte der Staatsregierung. Allerdings will sie jenen Köpfen nicht so richtig an den Kragen. Eine im Gesetz verankerte Frauenquote lehnt sie nämlich ab. „Ich setze auf eine Selbstverpflichtung der Unternehmen – eine gesetzliche Zwangsbeglückung lehne ich ab.“
Auch unter den Sprechern der Fraktionen ist man sich einig, dass in der männlich dominierten Privatwirtschaft patriarchale Strukturen herrschen: „In den betroffenen Chefetagen scheinen noch sehr viele Vorurteile zu herrschen“, sagt Gudrun Brendel-Fischer, frauenpolitische Sprecherin der CSU. Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sieht sich durch die Studie bestätigt: „In Bayern werden Frauen im Berufsleben immer noch ausgebremst.“ Selbstverpflichtungen – wie sie Haderthauer fordert – hätten kaum Effekt, verliefen meist im Sande. Strohmayr fordert eine Quote sowie ein umfassendes Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft.


„In der Wirtschaft sind viele Machos unterwegs“


Frauen, die sich in das „Haifischbecken“ der technischen Berufe wagten, werden laut Georg Barfuß (FDP) doppelt bestraft, denn einerseits seien „in der Privatwirtschaft viele Machos unterwegs“. Andererseits seien im vor allem von Frauen bevorzugten öffentlichen Dienst die Einstigsgehälter für technische Berufe zu niedrig, findet der FDP-Sprecher für den öffentlichen Dienst.
Zu einem Umdenken in der privaten Wirtschaft könnte indes Folgendes führen: Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) fordert als Einzige ihrer Partei eine Frauenquote von 30 Prozent für Chefetagen: „Frauen müssen stärker an Führungspositionen beteiligt werden“, sagt die Ministerin. Aus Gesprächen mit Wirtschaft und Wissenschaft wisse sie, dass man eine gemeinsame Lösung finden möchte.
Demnächst stehe ein Hearing der Justizministerkonferenz an, „um zu klären, wie man mehr Frauen in die Chefetagen bringen kann“. Weiblichen Chefs sollte daran gelegen sein, beide Geschlechter von Anfang an gleich zu entlohnen. (Alexandra Kournioti)

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