Politik

Olympia? Nein danke. Protestierende Garmischer Bürger bei einer Demo im März. (Foto: dpa)

13.05.2011

Glückliche Gewinner, glückliche Verlierer

Die Garmischer haben Ja gesagt zu Olympia - doch weil die Skepsis vor Ort noch immer groß ist, könnte das IOC abwinken

Die Garmisch-Partenkirchener wollen die Olympischen Winterspiele 2018. Doch die Zustimmung ist nicht so groß, wie es sich die Olympia-
Befürworter gewünscht hatten. Dass der Münchner Bewerbung die Euphorie der Bevölkerung fehlt, steht auch im Bericht des IOC. Die Gegner frohlocken.
Eine Niederlage kann manchmal auch ein Sieg sein: Ludwig Hartmann, Grünen-Politiker, Olympia-Gegner und Sprecher von Nolympia, freut sich jedenfalls über den Ausgang des Bürgerbegehrens zu den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Patenkirchen am Sonntag – obwohl sein Bündnis verloren hat. „Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagt er. „Knapp 60 Prozent Zustimmung ist schlechte Werbung für die Münchner Bewerbung. Wir haben ihnen ein blaues Auge verpasst.“
Auch der Prüfbericht des IOC, der am Dienstag veröffentlicht wurde, macht deutlich, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids nicht zu vorbehaltloser Euphorie berechtigt. Die Münchner Bewerbung landet auf Platz zwei, vor Annecy und nach Pyeongchang. Begründung: Die Zustimmung der Bevölkerung zur Bewerbung sei nicht sehr hoch. Das IOC hatte eine Umfrage unter den Deutschen durchführen lassen, mit dem Ergebnis: Nur 60 Prozent der Münchner wollen die Winterspiele und nur 56 Prozent der Deutschen. Im Vergleich dazu befürworten in Pyeongchang 92 Prozent Olympia, in Südkorea sind es 87 Prozent.
Als am Sonntag um kurz nach halb neun Uhr abends klar war, dass die Mehrheit im Ort für die Spiele ist, jubelten die Mitglieder des Vereins Olympija trotzdem. „Dies ist ein guter Tag für die Gemeinde“, sagte Garmisch-Partenkirchens Bürgermeister Thomas Schmid (Christlich Soziales Bündnis, CSB). Münchens Oberbürgermeister Christian Ude erklärte, ihm seien mehrere Steine vom Herzen gefallen.
Dass das Ergebnis des Bürgerbegehrens nicht eindeutiger pro Olympia ausgefallen ist, schreibt der Grüne Ludwig Hartmann seinem Bündnis Nolympia zu. „Die gesamte Politik-Prominenz in Deutschland und viele wichtige Leute aus Garmisch unterstützen die Bewerbung. Wir führen einen David gegen Goliath-Kampf. Indem wir unablässig über die Probleme von Olympia aufgeklärt haben, haben wir die Bewerbung zum Wanken gebracht.“


Drohungen, Boykotte, zerbrochene Freundschaften


Es gibt noch einen anderen Grund für die mangelnde Euphorie der Bevölkerung: den Garmischer Bauernaufstand. Auch der IOC-Bericht weist darauf hin, dass manche Grundstücke für die Sportstätten in Garmisch noch nicht sicher zur Verfügung stehen. Garmisch-Partenkirchens Bürgermeister Thomas Schmid kündigte zwar an, die Verhandlungen mit den Grundstücksbesitzern wieder aufzunehmen. Und wertete das klare Abstimmungsergebnis als positives Signal. Grundstücksbesitzer Alois Rettinger (Name geändert) sieht das anders. „Das Ergebnis des Entscheids ist für die Olympia-Befürworter eine Watschn“, sagt der 70-Jährige. „Fast die Hälfte der Leute wollte, dass die Verträge geprüft werden. Das ist ein Misstrauensvotum für die Bewerbung.“
Rettinger ist einer der 60 Eigentümer, die die bayerische Regierung im Dezember aufgefordert haben, die Bewerbung zurückzuziehen. Auf seinem Land sollen laut den Plänen Parkplätze gebaut werden. Weil wegen der Olympia-Bewerbung schlechte Stimmung im Ort ist, will Rettinger seinen Namen nicht nennen. Er berichtet von Drohungen, vom Boykott von Geschäften und davon, dass Stammtischfreundschaften zerbrochen sind.
Verhandlungsbereit seien er und die Grundstücksbesitzer auch angesichts des „Ja“ zu Olympia nicht. Rettingers Anwalt Ludwig Seitz schickte am Mittwoch sogar noch einmal einen Brief ans IOC, um auf die ungeklärte Grundstücksfrage hinzuweisen. Auch die Mitglieder des Bündnisses Nolympia wollen weitermachen. „Wir werden die Bevölkerung auch in Zukunft über die negativen Folgen für die Umwelt aufklären“, sagt Ludwig Hartmann. „Unser Focus liegt jetzt nicht mehr auf Garmisch, sondern auf ganz Bayern.“
Viel Zeit bleibt nicht mehr: Am 6. Juli verkündet das IOC in Durban, wo die Spiele 2018 stattfinden werden. Vielleicht ist die ganze Aufregung in Garmisch umsonst. Internationale Journalisten gehen davon aus, dass Südkorea die Spiele bekommt. Es ist deren dritte Bewerbung, jedes Mal haben sie die Auflagen des IOC genau erfüllt. „Es müsste viel passieren, damit es dieses Mal nicht klappt“, sagte ein Journalist aus den USA. (Veronica Frenzel)

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