Politik

Dunkle Wolken über Eon: In Bayern stehen rund 2000 Jobs auf dem Spiel, glaubt die Gewerkschaft Verdi. (Foto: dpa)

19.08.2011

Große Koalition gegen Bayerns Regierung

Eon und Gewerkschaften sind sauer auf Schwarz-Gelb im Freistaat - weil die Energiewende erstmal Jobs kostet

Der Stromanbieter will angesichts der Energiewende weltweit 11 000 Stellen streichen. Rund 6000 Arbeitsplätze in Deutschland sind betroffen, der Großteil in Bayern. Verdi droht Eon mit Streik. Gemeinsam ist Konzern und Gewerkschaft der Unmut über die Staatsregierung.
Als Gewerkschafter Jürgen Feuchtmann vom geplanten Stellenabbau bei Eon in München hörte, wurden seine schlimmsten Befürchtungen wahr. Der Verdi-Mann vertritt die Rechte der Angestellten des Stromkonzerns. „Es war klar, dass die Energiewende Personalveränderungen mit sich bringt“, sagt er. „Aber ich hatte gehofft, dass der Konzern nicht so phantasielos handelt.“ Die Umbruchphase von Atom- zu erneuerbarer Energie berge schließlich auch Chancen für die Energiewirtschaft. „Da muss den Chefs mehr einfallen als Personalabbau und Standortschließungen.“
Ginge es nach Feuchtmann, dann würde Eon jetzt auf die Entwicklung dezentraler Energieerzeugung und neuer Netzstrukturen setzen, um sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Doch der Aufsichtsrat von Eon will angesichts der Veränderungen erst einmal sparen, am besten beim Personal. Die Zeichen stehen auf Arbeitskampf: Eon-Betriebsräte im Aufsichtsrat kündigten am Mittwoch an, zum Streik aufzurufen, falls der Konzern stur auf die Einsparungen beim Personal dringt.
Bisher ist nicht bekannt, wie viele Arbeitsplätze in Bayern tatsächlich auf dem Spiel stehen. Verdi vermutet, dass akut vor allem etwa die 400 Arbeitsplätze bei der Konzerntochter Eon Energie in München gefährdet sind. Denn sparen will der Stromanbieter vor allem bei der Verwaltung. Und in München unterhält Eon Energie einen reinen Verwaltungsstandort. Insgesamt rechnet die Gewerkschaft mit dem Abbau von rund 2000 Stellen in Bayern.

Die Stimmung könnte nicht schlimmer sein


In der Münchner Eon-Zentrale will man sich nicht zu dem Thema äußern. Die Angestellten jedenfalls sind verunsichert. „Die Stimmung könnte nicht schlimmer sein“, sagt Feuchtmann. Eon hat zahlreiche Standorte im Freistaat, insgesamt arbeiten hier 8000 Menschen für den Konzern. Das ist zum Beispiel die Eon Energie-Tochter Eon Bayern. Der regionale Netzbetreiber sitzt in Regensburg, hat unter anderem Standorte in Bayreuth, München, Regensburg und Würzburg und beschäftigt 3000 Menschen.
Außerdem betreibt die Eon Kernkraft, deren Zentrale in Hannover steht, in Bayern die Atommeiler Isar 1 und 2. Die Eon Netz GmbH hat ihren Sitz in Bayreuth. Das Unternehmen mit rund 850 Mitarbeitern stellt das Hochspannungsnetz für den Eon-Konzern bereit. In Landshut ist Eon Wasserkraft daheim, das Unternehmen betreibt Kraftwerke in Bayern und Hessen. Und in München sitzen noch weitere Eon-Töchter wie die Energy Projects, die Thüga oder das Facility Management.
Trotz der düsteren Aussichten für den bayerischen Energiesektor, zeigt sich der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) optimistisch: Er nennt die Vermutungen über den Stellenabbau bei Eon „reine Spekulationen“. Unternehmensvertreter hätten ihm am vergangenen Freitag bestätigt, dass Bayern das wichtigste Bundesland für das operative Geschäft von Eon bleiben soll. Die Bereiche moderne Technologien und Energieeffizienz sollen nicht nur erhalten, sondern in Bayern sogar ausgebaut werden, erklärte Zeil. Die Umstrukturierung werde sozialverträglich umgesetzt werden. Ein weiteres Spitzengespräch von Staatsregierung und Eon-Management ist geplant. Ein Termin steht allerdings noch nicht fest.


Die SPD verhöhnt den Wirtschaftsminister als "Standortrisiko"

Trotz der schönen Worte ist die Opposition nicht zufrieden mit dem Krisenmanagment von Zeil. Der Vorwurf: Zeil kämpfe nicht ausreichend für die gefährdeten Arbeitsplätze. Der Wirtschaftsminister sei „nicht nur eine Schlafmütze, sondern eine Null“, sagte SPD-Wirtschaftspolitiker Thomas Beyer. „Die Tatenlosigkeit des Wirtschaftsministers wird zum echten Standortrisiko für Bayern.“
Ähnlich sieht das die Landtags-CSU: „Guten Morgen, Herr Zeil, kann man da nur sagen“, ätzt der CSU-Wirtschaftspolitiker Markus Blume. „Wirtschaftspolitik heißt eben, dass man nicht gleich die weiße Fahne hisst.“
Auf weitere Arbeitskonflikte im Energiesektor sollten sich die Landespolitiker in jedem Fall einstellen: „Wir fürchten, dass Eon der Auftakt zu einem Flächenbrand des Stellenabbaus in der Energiewirtschaft sein könnte“, sagt Gewerkschafter Feuchtmann. Auch er kritisiert das bisherige Verhalten der Landesregierung: „Die Politik in Bayern hat die Entwicklungen der letzten zehn Jahre mitgestaltet. Wir erwarten mehr Unterstützung.“
Da ist sich Feuchtmann sogar mit Eon einig: Denn auch der Stromkonzern macht den Freistaat für den bevorstehenden Stellenabbau verantwortlich: Die Eon-Spitze habe sich nicht nur über die Energiewende selbst geärgert, sondern auch und vor allem darüber, dass die Brennelementesteuer beibehalten wurde. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte dem Konzern schließlich versprochen, für die Abschaffung der Brennelementesteuer zu kämpfen.
(Veronica Frenzel)

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