Politik

19.04.2013

Gustl Mollath: Eine unheimliche Geschichte

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Die oppositionellen Abgeordneten im Landtag sind Politiker und keine Psychiater. Deshalb ist es logisch, dass sie den Fall Mollath nicht medizinisch klären, sondern wahlkampftechnisch ausbeuten wollen. Trotzdem sollte der neueste Untersuchungsausschuss bedenken, dass Behördenschlampereien schlimm, voreilige Einweisungen in geschlossene psychiatrische Abteilungen aber viel schlimmer sind.
Nichts gegen den Berufsstand der Fachärzte für Psychiatrie. Er hat ja auch genügend zu tun. Ohne ihn und seine Gutachten wäre in vielen Fällen zwar nicht die Menschheit, wohl aber die Justiz ratlos. Bei aller schuldigen Ehrerbietung darf jedoch an die rückfällig gewordenen Sexualstraftäter erinnert werden, an denen das Beste die optimistische Sozialprognose gewesen war, stets erstellt von einem Fachmann durch und durch. Unerbittlichkeit kann aber ebenso ein Fehler sein und macht die nur bruchstückhaft bekannte Geschichte eines 56 Jahre alten Automechanikers geradezu unheimlich.

Patienten, die sich für gesund halten: Psychiater mögen das gar nicht


Denn Gustl Mollath hat unentgeltlich getan, wofür andere Leute über den grünen Klee gelobt werden. Er hat Verfehlungen einer Bank aufgedeckt und damit, wie sich später herausstellte, niemanden verleumdet. Bei ihm aber galt es als Indiz dafür, dass er nicht recht bei Trost sei. Was wurde ihm denn sonst vorgeworfen? Ach ja, er soll seine Frau verprügelt und auch sonst ein kleiner Choleriker gewesen sein. Als Indiz für Irrsinn dürfte das unter vernünftigen Beobachtern aber kaum ausreichen, vor allem dann nicht, wenn die Hauptbelastungszeugin, eben die Gattin, in die von ihm beanstandeten unsauberen Geschäfte verwickelt war. Psychopharmaka? Die einzunehmen hat er angeblich abgelehnt, vielleicht aus sehr guten Gründen. Kooperation mit den Psychiatern? Dazu war er offenbar auch nicht bereit, was die Eitelkeit der einen oder anderen Fachkraft verletzt haben mag.
Kurzum, es ist höchste Zeit, dass die Regensburger Staatsanwaltschaft sich jetzt der Sache annimmt. Ein Patient wie Mollath kann ja nicht beschwörend sagen: „Herr Doktor, ich fühle mich gesund.“ Psychiater sind geneigt, das für ein besonders eindeutiges Krankheitssymptom zu halten.

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