Politik

Leider teuer: grüner Strom. (Foto: dpa)

25.04.2014

Gute Idee, schlechte Umsetzung

Dass Ökostrom mit einer Umlage gefördert wird, ist richtig - was fehlt, ist ein gerechtes System der Direktvermarktung

Der Endverbraucher, der seinen Strom nicht selbst erzeugen kann, ist hierzulande der Dumme. Daran wird auch der Entwurf zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) nichts ändern. Lag die EEG-Umlage – damit wird der Ökostrom gefördert – im vergangenen Jahr noch bei 5,27 Cent je Kilowattstunde, sind es seit Jahresbeginn 2014 schon 6,24 Cent. Bis zum Jahr 2020 könnte die Umlage nach Expertenmeinung 7,7 Cent und mehr erreichen – fast die Zahl, die schon Ministerpräsident Horst Seehofer ins Spiel brachte. Er forderte im Zuge der Bund-Länder-Verhandlungen eine Deckelung der Ökostromumlage bei 8 Cent.
Allerdings: Dieser politisch geforderte Preisstopp wird wenig bringen. Denn das Fördersystem muss grundlegend reformiert werden. Derzeit sind neben dem Staat, der via Umsatzsteuer an der EEG-Umlage kräftig mitverdient, vor allem Eigenstromerzeuger und Eigenstromverbraucher sowie von der Umlage weitestgehend befreite Industriebetriebe die Gewinner. Allein der Fiskus verdiente 2013 an der EEG-Umlage über die darauf erhobene Umsatzsteuer 1,35 Milliarden Euro. Dieses Jahr werden es voraussichtlich 1,61 Milliarden Euro sein. Dem stehen heuer 5,1 Milliarden Euro gegenüber, welche die stromintensive Industrie einspart, weil sie von der EEG-Umlage weitestgehend befreit ist.
Von einem höchst ungerechten System spricht darum in diesem Zusammenhang Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). Heruntergerechnet auf einen Vier-Personen-Haushalt schlägt die EEG-Umlage, wenn sie einmal 7,7 Cent pro Kilowattstunde erreichen wird, im Vergleich zu heute mit 60 Euro mehr im Jahr zu Buche. Eine zu verschmerzende Summe, möchte man meinen. Doch Fischer verweist auf die wachsende Zahl an Bürgern, die sich die hohen Energiekosten in Deutschland nicht mehr leisten können.

Bis zu 15 Prozent der Bürger können den Strom schon heute kaum mehr bezahlen


Laut Verbraucherschutzverbänden kämpfen zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung hierzulande damit, ihre Energiekosten zu finanzieren. „Das liegt vor allem daran, dass sozial schwache Haushalte häufiger mit Strom heizen“, erläutert der VBEW-Geschäftsführer. Deshalb fordert er, dass für den Ausbau regenerativer Energie eine andere Finanzierungs- beziehungsweise Fördersystematik gefunden werden muss. Und dass sozial schwache Privathaushalte keine Ökostromabgabe mit dem Strompreis zahlen müssen. Der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt in Bayern, Thomas Beyer, plädiert indes dafür, den Ansatz für Energiekosten im Regelsatz der Grundsicherung zu erhöhen. Eine Befreiung armer Privathaushalte von der Ökostromumlage lehnt Beyer ab: Denn dann, argumentiert er, „würden die übrigen Verbraucher und mittelständische Betriebe noch stärker belastet als jetzt schon, zumal bereits viele große Konzerne keine EEG-Umlage zahlen.“
Hilfreich für eine Drosselung des wachsenden Strompreises könnte auch der Ausbau der Direktvermarktung von Ökostrom sein – wie es der VBEW oder Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) wollen. Doch von einer echten Direktvermarktung ist man weit entfernt: Denn jegliches Risiko für Stromerzeuger soll über eine so genannte Marktprämie abgefangen werden. Sie soll großen Stromerzeugern zugute kommen, die gemäß EEG-Novelle künftig grundsätzlich direkt vermarkten sollen, während kleinere Betreiber zwischen Garantieabnahme für 20 Jahre oder Direktvermarktung wählen können. Wegen der Marktprämie für die Großen sprechen Kritiker bereits von „Pseudo-Direktvermarktung“. Peter Driessen, Chef des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages, fordert, die Marktprämie zu kippen: „Anlagenbetreiber müssen das wirtschaftliche Risiko ihrer Solar- oder Windkraftanlage selber tragen.“
(Ralph Schweinfurth)

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