Politik

Endlich auf den Chefsessel - das wünscht sich so manche CSU-Frau. (Foto: dpa)

08.10.2010

Hadern mit der Quote light

Der CSU-Vorstand hat eine abgeschwächte Form der Frauenquote beschlossen – für Parlamentsmandate bringt das erstmal nichts

Horst Seehofer nahm einen sehr langen Anlauf, ehe er am vergangenen Montag das Vorstandsergebnis zur Frauenquote präsentierte. Der CSU-Vorsitzende parlierte über geplante Internet-Mitgliedschaften bei der CSU, den Erhalt des defizitären Parteiblatts Bayernkurier und die Gestaltung des Delegiertenabends beim Parteitag Ende Oktober. Erst ganz zum Schluss verriet Seehofer den wartenden Journalisten ein bisschen verschämt, dass die von der CSU seit über einem Jahr diskutierte Frauenquote nur in abgespeckter Form kommen soll. Ein verpflichtender Frauenanteil von 40 Prozent: Das soll nur für den CSU-Landesvorstand und die Vorstände der zehn Bezirksverbände gelten. Sofern der Parteitag dies beschließt.
Im vergangenen Jahr hatte sich eine weit radikalere Variante abgezeichnet: Da hatte die Frauenunion (FU) der Partei eine 40-Prozent-Quote für alle Parteiämter sowie – was besonders wirkungsvoll gewesen wäre – für Delegiertenversammlungen gefordert. Der Parteivorsitzende Seehofer hatte damals seine Hilfe signalisiert. „Wer nicht hören will, muss fühlen“, hatte er im Juli 2009 den damals kämpferischen Frauen zugerufen. Das war auf die CSU-Männer gemünzt, die beim Thema Frauenförderung seit jeher vorwiegend auf Verbalakrobatik setzen, um die attraktiven Posten dann unter sich aufzuteilen.
Jetzt haben die Quotenskeptiker erst mal das für sie Schlimmste verhindert. Das lag zum einen am Beharrungsvermögen der Herren, aber auch daran, dass die Frauenunion auf großangelegte Werbe- und Überzeugungsaktionen pro Quote verzichtet hatte. Als der CSU-Vorstand den Quotenkompromiss verhandelte, war FU-Chefin Angelika Niebler gar nicht zugegen. Die Frauenunion, so eine führende CSU-Frau, „hat windelweich verhandelt“.
Konkrete Folge des Kompromisses wird sein, dass bei den parteiinternen Wahlen im kommenden März ein paar Dutzend zusätzliche Frauen in den Landesvorstand und die zehn Bezirksvorstände gewählt werden.

"Ich hatte gedacht, die Partei sei weiter"


Als ganz großen Durchbruch mag den jetzt ausgehandelten Kompromiss keine CSU-Quotenbefürworterin rühmen. Die vorherrschende Sprachregelung lautet: Das Ganze sei ein „erster Schritt“. Am deutlichsten formuliert es die CSU-Frauenpolitikerin Ursula Männle: „Ich hatte gedacht, die Partei sei weiter“, sagt die 66-Jährige. Schließlich hänge „die Zukunftsfähigkeit der CSU davon ab, ob sie sich in der Frauenfrage wandelt“. Ingrid Heckner, Vorsitzende des Landtagsausschusses öffentlicher Dienst, erhofft sich vom höheren Frauenanteil in den Vorständen zumindest eine stärkere Durchschlagskraft bei Frauenbelangen: In vorwiegend männlich besetzten Gremien, weiß die resolute Heckner aus leidvoller Erfahrung, „wirst du als Frau einfach niedergeredet“.
Im 51-köpfigen CSU-Landesvorstand sitzen derzeit 14 Frauen. Um die 40-Prozent-Quote zu erfüllen, müssen also sechs zusätzliche weibliche Mitglieder gewählt werden. In den zehn Bezirksvorständen gibt es sehr unterschiedlichen Nachholbedarf. Relativ gut steht der CSU-Bezirksvorstand Schwaben da: Dort liegt der Frauenanteil bei rund 30 Prozent: 11 von 31 Vorständlern sind weiblich.
Schlusslicht beim Frauenanteil ist der CSU-Vorstand Niederbayern: Dort sind von insgesamt 47 Vorständlern gerade mal sechs weiblich. Die heftigste Quotenabwehr kam dann auch von dort. Der Niederbayer Max Straubinger, stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag, macht aus seiner Ablehnung der drohenden Frauen-Zwangsförderung keinen Hehl. Wie solle es bitteschön gehen, dass 40 Prozent Frauen in Ämter kommen, wenn die Partei nur über 19 Prozent weibliche Mitglieder verfüge, fragt Straubinger. „Ich bin ratlos.“

Frauen wollen gebeten werden

Eine Expertise der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung kam im März 2010 indes zum Schluss, „dass Frauen weitaus häufiger als Männer erst durch gezielte Ansprache politisch aktiv werden“. Und dass die Bereitschaft, ein politisches Amt zu übernehmen, „bei männlichen und weiblichen Parteimitgliedern vergleichbar stark ausgeprägt“ ist.
Weil sich die CSU nicht dazu durchringen konnte, Delegiertenversammlungen zu quotieren, dürfte sich am Frauenanteil in den Parlamenten so schnell nichts ändern. Der ist äußerst mager: Nur 13 Prozent der CSU-Bundestagsabgeordneten sind Frauen – weniger noch als 2004. Die Landtagsfraktion ist zu 21 Prozent weiblich.
Weil die CSU traditionell vorwiegend Direkt- und weniger Listenmandate gewinnt, wäre die Quotierung von Delegiertenversammlungen besonders effektiv gewesen. Denn dort werden die Direktkandidaten gekürt. CSU-Frauenministerin Christine Haderthauer hat die Delegiertenquote in der Vergangenheit wiederholt gefordert. „Ich vertrete das auch weiterhin“, sagt Haderthauer. Doch bis es so weit kommt, ist es noch weit. Mit Blick auf die Delegiertenkür vor der Bundestags- und der Landtagswahl 2013 können die CSU-Männer erst mal aufatmen. (Waltraud Taschner)

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