Politik

Eigentlich werden Grund- und Mittelschullehrer händeringend gesucht rätselhaft, dass Bayern sie dennoch ziehen lässt. (Foto: dpa)

23.06.2017

Hessen freut sich über bayerische Lehrer

Angehende Pädagogen vom Untermain werden gezielt von anderen Bundesländern abgeworben

Grund- und Mittelschullehrer sind in Bayern schon seit Längerem heiß begehrt: Praktisch jeder Bewerber bekommt derzeit eine Planstelle. Auch andere Bundesländer haben Bedarf. Und freuen sich, wenn sie gut ausgebildete bayerische Lehrer abwerben können. Am Untermain, dem nordwestlichsten Zipfel Bayerns, gelingt das besonders gut. Denn das benachbarte Hessen ist nur wenige Kilometer entfernt, auch nach Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist es nicht weit. Jedenfalls nicht so weit wie nach Oberbayern – wohin angehende Lehrer vom Untermain fast immer versetzt werden. Denn in Oberbayern gibt’s immer mehr Schüler, in Nordbayern dagegen immer weniger. Einmal abgeworben, sind die dringend benötigten Lehrer für den Freistaat dann meist für immer verloren.

Muss das sein? Darüber diskutierte diese Woche der Landtagsausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Regierungsdirektorin Kornelia Salamon vom Kultusministerium erläuterte, warum es ohne Versetzungen nach Oberbayern nicht geht: Derzeit lebten 35,7 Prozent aller bayerischen Grund- und Mittelschüler in Oberbayern – im Jahr 1991 waren es 29 Prozent. In Unterfranken wiederum sind 9,6 Prozent aller Grund- und Mittelschüler zuhause, das ist ein Minus von zwei Prozentpunkten gegenüber 1991. Es müssten daher „grundsätzlich Lehrkräfte aus allen Regierungsbezirken in Oberbayern eingesetzt werden“, betonte Salamon. Ob und wohin sie versetzt werden, erfahren die angehenden Lehrer dabei meist erst relativ spät, bisweilen erst kurz vor Schulbeginn.

Hessische Schulen gehen derweil ungeniert in Bayern auf Lehrersuche, rufen sogar gezielt an bayerischen Schulen an, um die Referendare abzuwerben. Der SPD-Bildungspolitiker Martin Güll weiß von einer hessischen Schule, die ausnahmslos in Bayern ausgebildete Lehrer beschäftigt. „Das kann man sich leisten, wenn man einen Überschuss an Grundschullehrern hat“, sagt ein verärgerter Güll der Staatszeitung.

Verspätetes Krisengespräch mit dem Kultusministerium

Für die CSU scheint das Ganze kein besonderes Ärgernis zu sein. Deren Abgeordneter Berthold Rüth erklärte im Ausschuss, die Unterrichtsversorgung sei überall „sichergestellt“. Die betroffenen Bürger am Untermain indes sind massiv verärgert. Sie haben mit dem Problem zu kämpfen, dass die Lehrer dort wegen der dauernden Oberbayern-Abordnungen überdurchschnittlich häufig wechseln. Die Schulen beschäftigen also viele Aushilfslehrer mit Zeitverträgen. Rund 3000 Bürger vom Untermain haben ihrer Wut jetzt mit einer Petition Ausdruck verliehen. Die Opposition unterstützte die von der SPD-Abgeordneten Martina Fehlner vorgestellte Eingabe, die fordert, dass alle am Untermain ausgebildeten Lehrkräfte dort bleiben dürfen – um das ewige Hin und Her für die Kinder zu beenden. Man könne die Region doch einfach zu einer Art Notstandsgebiet erklären, schlug Fehlner vor. Die CSU aber will nicht am bisherigen Versetzungsverfahren rütteln. Immerhin verkündete Berthold Rüth, dass am 25. Juli ein Krisengespräch mit Kultusstaatssekretär Georg Eisenreich stattfindet. Horst Kern, ein im Ausschuss anwesender Schulleiter vom Untermain, konnte da nur aufstöhnen: Fürs neue Schuljahr sei Ende Juli alles gelaufen, sagte er. Am 3. August beginnt in Hessen die Schule. „Da haben die jungen Leute ihre Verträge längst in der Tasche.“
(Waltraud Taschner)

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