Politik

Der kleine Saim aus Aserbaidschan vor der Asylbewerberunterkunft in in Neustadt a. d. Waldnaab. Unbekannte haben die bewohnte Asylbewerberunterkunft in der Oberpfalz angezündet. (Foto: dpa)

21.08.2015

"Hier ist es nicht mehr sicher"

Schon wieder brennt eine Asylbewerberunterkunft in Bayern

In der Oberpfalz brennt am Freitag eine Asylbewerberunterkunft. Ein Bewohner bemerkt den Rauch, alarmiert die Feuerwehr, weckt die Mitbewohner und rettet so ihr Leben. Die Polizei kann weder fahrlässige Brandstiftung noch einen Brandanschlag ausschließen. Schaig hat Angst. Nicht um sich, aber um seine beiden kleinen Kinder. Der 31-Jährige aus Aserbaidschan lebt in der Asylbewerberunterkunft im oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab, in der nur wenige Stunden zuvor ein Feuer ausgebrochen war. Die Polizei hat die Zimmer der Bewohner wieder freigegeben, nur der Aufenthaltsraum der ehemaligen Gaststätte ist noch versiegelt. Hier untersuchen noch immer Experten der Polizei den Brandherd. Noch steht nicht fest, ob es ein fremdenfeindlicher Brandanschlag oder eine fahrlässige Brandstiftung war. «Ich habe Angst, dass so etwas noch einmal passiert», sagt Schaig. Sein fast zwei Jahre alter Sohn Saim steht neben ihm, fummelt an einem Schokoriegel. Der Kleine hat von dem Feuer nicht viel mitbekommen. Sein Vater hat ihn und den acht Monate alten Bruder mitten in der Nacht geweckt und durch das verrauchte Treppenhaus ins Freie getragen - gerade noch rechtzeitig. Auch Rupert Troppmann ist völlig konsterniert. «Ich bin erschrocken, auch weil wir seit Jahren Asylbewerber beherbergen. Es hat immer ein gutes Miteinander gegeben», sagt der CSU-Bürgermeister von Neustadt an der Waldnaab.

Nur mit viel Glück ist am Freitag eine Katastrophe verhindert worden

Er weiß: Nur mit viel Glück ist am Freitag eine Katastrophe verhindert worden. Ein Bewohner bemerkt gegen 3:20 Uhr Rauch in dem Gebäude, in dem insgesamt 19 Menschen, darunter drei Kinder im Alter zwischen einem und sechs Jahren leben. Er alarmiert die Einsatzkräfte, weckt die Mitbewohner bevor der tödliche Rauch sie erreicht. Beim Eintreffen der Feuerwehr, nur wenige Minuten später, stehen die erschrockenen Menschen vor der ehemaligen Gaststätte, in der seit zwei Jahren Asylbewerber leben. Ob ihnen bewusst ist, wie knapp sie mit dem Leben davongekommen sind, sagen sie nicht. Sie werden von Mitarbeitern der Kirche und Freiwilligen aus dem Ort betreut. In der Stadt mit knapp 6000 Einwohnern gibt es derzeit sechs dezentrale Unterkünfte für Flüchtlinge. Etwa 100 Asylbewerber warten auf eine Entscheidung ihres Antrags, in einer Notunterkunft sind 120 Flüchtlinge untergebracht. «Es hat viele glückliche Umstände gegeben. Der Zeuge hat den Rauch früh bemerkt und die Mitbewohner eindeutig gerettet. Zudem hat nur das Mobiliar geglimmt», sagt Polizeisprecher Michael Rebele. Der Asylbewerber habe angegeben, dass zwei Männer aus dem Fenster im Erdgeschoss geflüchtet waren. Eine dritte Person soll vor dem Gebäude gewartet haben. Einer trug einen Kapuzenpulli. Rebele betont, dass die Polizei in alle Richtungen ermittelt. Eindeutige Einbruchspuren wie eingeschlagene Fenster oder eine eingetretene Tür sind nicht zu sehen. Es gibt auch keine fremdenfeindlichen Schmierereien an der Fassade. Während die Experten mit der Spurensuche in der Unterkunft beschäftigt sind, kommt ein weiterer Zeuge und gibt an, dass er zum Tatzeitpunkt ein verdächtiges Fahrzeug vor der Gaststätte gesehen hat. «Ich habe meinen Sohn etwa um 3:15 Uhr von der Nachtschicht abgeholt. Dann haben wir das Auto am Straßenrand vor dem Haus gesehen», sagt Alois Schuh. Vor etwa drei Wochen hatte Schuh eine Anzeige erstattet, weil Unbekannte auf der Motorhaube seines Autos ein Hakenkreuz geschmiert hatten. Die Polizei bestätigt die Anzeige. Bürgermeister Troppmann will von Neonazis in seiner Stadt nichts wissen. «Mir ist von einer rechten Szene in Neustadt nichts bekannt», betont er. Auch der örtlichen Kriminalpolizei liegen keine Erkenntnisse vor. Die Familie Bruner, die seit 38 Jahren ein italienisches Restaurant gegenüber der Gaststätte betreibt, beschreibt die Asylbewerber als freundlich. «Wir sehen die Menschen aus der Unterkunft jeden Tag. Sie grüßen höflich und sind nett», sagt Fabio Bruner. Ärger habe es nie gegeben. Seine Mutter Maria berichtet aber von Gästen, die sich über die vielen Flüchtlinge ärgern. «Sie beklagen sich über die umfangreiche Unterstützung, die die Asylbewerber bekommen.» Die schrecklichen Erlebnisse der Nacht werden die Bewohner der Unterkunft noch lange beschäftigen. Dodo aus dem Kongo will nach der Brandnacht nur noch weg. «Hier ist es nicht mehr sicher. Aber wo soll ich hin?», sagt er auf Englisch. (André Jahnke, dpa)
INFO: Brandanschläge auf Asylbewerberheime in Bayern In jüngster Zeit häufen sich Brandanschläge auf bayerische Flüchtlingsunterkünfte. Nach dem Feuer in einem Asylheim im oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab blieb die konkrete Brandursache am Freitag zwar zunächst ungeklärt, in anderen Fällen geht die Polizei aber von vorsätzlicher Brandstiftung aus. Erst vor rund einem Monat, in der Nacht zum 16. Juli, hatten Unbekannte im oberbayerischen Reichertshofen Feuer in einem ehemaligen Gasthof gelegt, in den Flüchtlinge einziehen sollten. Bei der Suche nach dem Täter tappt die Polizei noch immer im Dunkeln. Nur zwei Tage nach diesem Anschlag stand im fränkischen Waldaschaff der Papiercontainer einer Flüchtlingsunterkunft in Flammen. Auch in diesem Fall ermittelt eine Sonderkommission. Zeugen wollen kurz vor Ausbruch des Feuers einen Mann im Hof des Anwesens gesehen haben. Im Dezember 2014 wurde im fränkischen Vorra ein Brandanschlag auf zwei geplante Asylunterkünfte verübt. Trotz einer Fahndung mit einem Phantombild fehlt auch dort vom Täter noch jede Spur. (dpa)

Kommentare (1)

  1. Bummerl am 22.08.2015
    Wir von der Bayernpartei verurteilen diesen und jeden anderen Brandanschlag auf das tiefste. Es geht hier nicht um Syrer, um Albaner oder Afrikaner usw. die bei solchen kriminellen Aktionen ums Leben kommen, nein es geht um Menschen. Frauen, Kinder und junge Männer die aus der Hölle des Krieges und der Verfolgung geflohen sind. Die Tod, Misshandlung und Bomben mit erlebt haben. Die nachts um drei aus ihren Häusern geworfen wurden und ihr gesamte Hab und Gut verloren haben. Und die hier bei uns das alles zwar nicht vergessen können aber verarbeiten wollen. Und die auf solcher feigen Weise daran erinnert werden das man sie nicht akzeptieren will. Wir von der Bayernpartei sind jederzeit bereit allen die verfolgt werden durch Krieg und den Vertreibungen dadurch auf Zeit einen sichere Heimat zu geben. Zwar sind die Ermittlungen noch im vollen Gange und diese werden in alle Richtungen geführt. Daher sollten wir die Ergebnisse erst abwarten bevor wir einen Schuldigen nennen. Aber wir verurteilen Brandanschläge und Gewalt gegen Hilfesuchenden auf das schärfste und fordern gegen die Täter scharf vorzugehen um allen zu zeigen das es der falsche Weg ihres Protestes ist. Denn im Moment ist der Aufschrei wieder groß - obgleich keine Ergebnisse noch bekannt sind. Wir hatten ja schon mehrere Brände, bei denen diese durch Verschuldung der Bewohnen ausgebrochen sind. Aber, wie auch immer ein Brandanschlag, von wem auch immer, ist eine Tat, welche auf schärfste verurteilt wird. Von jedem vernünftigen Menschen. Den die leidtragenden sind immer nur die Schwachen. Roland Bayer Vorstand der Bayernpartei Oberpfalz-Nord
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