Politik

Schnelles Internet? Der Ausbau geht nur langsam voran - zu langsam, klagen Unternehmer und Bürgermeister. (Foto: dapd)

05.08.2011

High Tech in Slow Motion

Weil noch immer zu wenig Breitbandleitungen vorhanden sind, hapert es im Freistaat auch beim E-Government

Geht es um den Breitbandausbau im ländlichen Raum, redet sich Gemeindetagspräsident Uwe Brandl schnell in Rage. Die von der Staatsregierung angestrebte Grundversorgung mit einer Datenübertragungsrate von einem Megabit pro Sekunde ist ihm viel zu wenig, zudem geht ihm die Umsetzung gerade in den ländlichen Regionen Bayerns zu langsam. Dabei sei die Versorgung aller Landesteile mit schnellem Internet mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit Bayerns das „Mega-Thema“, so Brandl.
Dass außerhalb der Ballungsräume, wo Übertragungsraten von 50 Megabit und mehr längst die Regel sind, wirklich leistungsfähige Breitbandnetze noch immer Mangelware sind, liege an einem Problem mit vier Buchstaben: Z-E-I-L. „Wirtschaftsminister Martin Zeil lebt noch immer in dem Wahn, dass alles der Markt regelt“, schimpft der CSU-Politiker. Dies habe dazu geführt, dass Bayern beim Versorgungsgrad mit Breitbandanschlüssen von einem bundesweiten Spitzenrang auf Platz zehn zurückgefallen sei.
FDP-Minister Martin Zeil kontert die Vorwürfe mit einer Erfolgsbilanz, die er ganz selbstbewusst seine eigene nennt. Nachdem unter der CSU-Alleinregierung lange Zeit gar nichts passiert sei in Sachen Breitbandausbau, habe sein mit insgesamt 100 Millionen Euro ausgestattetes Förderprogramm binnen drei Jahren dafür gesorgt, dass es Ende 2011 eine bayernweite Netzabdeckung mit einem Megabit von 99 Prozent geben werde.

Zeil will nicht als Sündenbock dastehen


Für die 50 000 verbleibenden Haushalte sollen dann individuelle Lösungen gefunden werden, etwa über die neue LTE-Funktechnik. Weil ein Megabit aber vor allem für Unternehmen viel zu wenig ist, sollen ab dem Nachtragshaushalt 2012 weitere 100 Millionen Euro eingestellt werden, um Gewerbegebiete im strukturschwachen Raum mit mindestens 50 Megabit zu versorgen.
Den Vorwurf, alles dem Markt überlassen zu wollen, weist Zeil entschieden zurück. „Mit unserem Förderprogramm nehmen wir das Heft des Handelns in die eigene Hand“, betont er. Für die Ausweitung des Programms will Zeil die landeseigene LfA-Förderbank mit ins Boot holen, um die Finanzierungsinstrumente für Kommunen und Unternehmen zu verbessern. Außerdem sollen die Ausbauaktivitäten bayernweit besser koordiniert werden. Drittens will Zeil die Energieversorger stärker in den Breitbandausbau einbinden.
Dies fordern seine Kritiker schon lange, denn mit deren Unterstützung war es in Oberösterreich gelungen, in jede Gemeinde binnen zwei Jahren ein hochleistungsfähiges Glasfaserkabel zu legen.
Aus der Kritik ist Zeil damit aber noch lange nicht. Annette Karl (SPD) spricht von einem „Kniefall vor der Wirtschaft“, während viele Bürger weiter in der technologischen Steinzeit verharrten. Für zu kurz gegriffen hält auch Thomas Mütze (Grüne) den neuen Förderschwerpunkt. Die Büros von Architekten, Grafikern oder Wirtschaftsprüfern, die regelmäßig große Datenmengen zu übertragen hätten, befänden sich nur selten in Gewerbegebieten. Folglich sind diese auch weiterhin vom schnellen Internet abgeschnitten.
Zwei Alternativen blieben diesen: Entweder sie müssen sich nach teuren Ersatztechniken wie DSL via Satellit umsehen oder in besser versorgte Regionen abwandern. Der Exodus aus den strukturschwachen Räumen würde sich also verschärfen.

Gleicher Standard wie in den Städten?


Uwe Brandl bekommt aber nicht nur die Klagen von Bürgern und Unternehmern beinahe täglich auf den Tisch, auch viele Bürgermeister auf dem Land beschweren sich. Gerne würden die nämlich mehr Verwaltungsverfahren wie Baugenehmigungen elektronisch bearbeiten, doch fehlen dafür die leitungstechnischen Voraussetzungen. Brandl fordert deshalb für jeden Ort in Bayern mit mehr als 500 Einwohnern eine hochleistungsfähige Breitbandversorgung mit Glasfaserkabeln – so wie das in den Städten Standard sei.
Auch über das Wie hat sich Brandl schon Gedanken gemacht. Es müsse Schluss gemacht werden mit der Vorgabe, dass nur die billigste Technik gefördert werde. Baden-Württemberg zum Beispiel habe ein Leerrohrprogramm gestartet, das die Kommunen beim teuren Graben der Leitungsschächte entlaste, Sachsen leiste sich eine einzelbetriebliche Förderung für Unternehmen, die sich in Eigenregie um einen Anschluss an wirklich schnelle Datennetze kümmern.
Vor allem aber fordert Brandl, der Telekom als wichtigstem Netzbetreiber rentable Investitionen beim Leitungsbau zu ermöglichen. Dies aber verhindere die Bundesnetzagentur, indem sie die Durchleitungsgebühr für deren Konkurrenz so weit herunterreguliert habe, dass es sich für den Branchenriesen nicht rechne, im ländlichen Raum Kabel zu verlegen.
Dass nun auch Zeil neben einem stärkeren finanziellen Engagement des Bundes eine „investitionsfreundliche Regulierung“ fordert, entlockt Brandl nur einen höhnischen Lacher. Zeil nämlich gehört dem Beirat der Netzagentur selbst an.
(Jürgen Umlauft)

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