Politik

Gabriele Pauli wirft dem FW-Chef Hubert Aiwanger „Lügen“ vor. (Foto: dpa)

08.06.2012

"Ich bin gerne impulsiv - manche meinen unberechenbar"

Die fraktionslose Landtagsabgeordnete Gabriele Pauli liegt erneut im Clinch mit ihrem früheren Chef Hubert Aiwanger, der sie 2011 aus der Fraktion warf

Erst schloss die FW-Fraktion sie aus, dann gründete Gabriele Pauli eine eigene Partei, die Freie Union. Jetzt will Pauli zurück in die Landtagsfraktion – doch FW-Chef Hubert Aiwanger sträubt sich. Wir fragten Pauli, was sie eigentlich in der Politik hält, was sie noch erreichen will und was in dem Buch stehen wird, an dem sie schreibt. BSZ: Frau Pauli, so richtig tolle Erfahrungen haben Sie in der Politik zuletzt nicht gemacht. Warum wollen Sie trotzdem unbedingt weiter mitmischen?
Pauli: Ich war ab 1990 insgesamt 18 Jahre Landrätin, 2008 bin ich für die Freien Wähler mit einem sehr guten Ergebnis in den Landtag eingezogen, die FW haben, was ihre aktuelle Stärke im Landtag angeht, von mir sehr profitiert. Politikerin – das ist mein Beruf, in diesem Bereich möchte ich gerne bleiben, weil ich denke, dass ich so am ehesten für Menschen etwas erreichen kann. Wenn ich wieder Mitglied der Fraktion sein könnte, hätte ich dazu bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Plattform – das ist ein Grund, warum ich zurück will. Ein anderer ist, dass ich mich mit den politischen Zielen der FW identifiziere.
BSZ: Das sieht die FW-Fraktion anders. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Hubert Aiwanger hält Sie, salopp gesprochen, für eine egozentrische Chaotin, die sich nicht integrieren lässt. Weshalb er Sie nicht zurück will. Pauli: Ich mache mein politisches Wirken nicht davon abhängig, ob Hubert Aiwanger mich haben will. Im Übrigen habe ich in meiner Zeit als FW-Landtagsabgeordnete bei allen Abstimmungen der FW mit der Fraktion gestimmt. In all der Zeit war ich nur einmal anderer Meinung: Da ging es um die Bundespräsidentenwahl 2010. Ich habe damals dafür plädiert, dass man sich auch Gesine Schwan mal anhört. Der Vorschlag hat Herrn Aiwanger so erbost, dass er mich nicht mehr als Wahlfrau in Berlin dabeihaben wollte.

"Aiwanger hatte Probleme mit meiner Popularität"


BSZ: Dass Sie 2011 angekündigt haben, eine eigene Partei zu gründen, war aber doch kein Akt der Solidarität mit den FW, oder?
Pauli: Ich hatte nicht vor, an den Freien Wählern vorbei eine Partei zu gründen. Das war eine Lüge von Hubert Aiwanger, die er in die Welt gesetzt hat, um mich aus der Fraktion ausschließen zu können. Tatsächlich habe ich erst nach meinem Fraktionsausschluss über eine eigene Partei nachgedacht und zwei Wochen später die Freie Union gegründet. Es war wohl so, dass Aiwanger auch nach der Europawahl Probleme mit meiner Popularität hatte, ihm hat nichts gepasst. Schauen Sie sich doch die Aufzeichnung der Pressekonferenz auf TV München vom 8. Juni 2009 an. Damals habe ich eindeutig gesagt, die FW sollten bei der Bundestagswahl antreten. Hubert Aiwanger war dabei, trotzdem hat er am Tag danach in der Fraktion behauptet, ich hätte die Gründung einer eigenen Partei ohne die FW gewollt.
BSZ: Und Sie glauben, wenn Sie ihn jetzt öffentlich der Lüge bezichtigen, kommen Sie wieder in die Fraktion?
Pauli: Das haben die Kollegen abgelehnt. Deshalb habe ich die FW-Bezirksvorsitzenden gebeten, den damaligen angeblichen Ausschlussgrund mit den Vorstandsmitgliedern nochmal genau zu prüfen. Die Fraktion ist hier befangen. Ich möchte deutlich machen, dass ich zu Unrecht ausgeschlossen wurde. Ich werde daher am 16. Juni zur FW-Bundesversammlung kommen. Ich habe vor einigen Tagen die Mitgliedschaft in die neue FW-Bundespartei beantragt. Aber Hubert Aiwanger hat verlautbaren lassen, der Bundesvorstand lehne meine Aufnahme geschlossen ab. Doch es gibt auch da keinen Grund, mich nicht aufzunehmen.
BSZ: Sie sollen auch bei anderen Parteien ausgelotet haben, ob die Sie wollen. Haben Sie Existenzängste?
Pauli: Es stimmt, dass ich mich bei der FDP umgeschaut habe, aber ich habe gemerkt, dass einzelne in der Spitze der FDP ebenso wie bei anderen Parteien mich deshalb attackieren, weil sie meine Popularität fürchten. Ich bin im Landtag, um politisch zu arbeiten, und die Frage nach meinem finanziellen Auskommen ist zwar legitim, war aber nie mein Beweggrund für meine politischen Forderungen und Vorschläge. Ich kann mein Wissen auch außerhalb der Politik einsetzen, was ich ja bereits tue. Zum Beispiel schreibe ich zur Zeit an einem Buch über die Kampagnen, die gegen mich im Gange waren und die ich bisher durchlebt habe.

"Jedes Ereignis hat einen Sinn, aber den kann man manchmal erst später erfassen"


BSZ: Eine Abrechnung mit der CSUund Hubert Aiwanger?
Pauli: Die CSU und Aiwanger kommen darin natürlich auch vor. Es ist eine Art Abriss über das Erlebte mit der Frage der Alternativen im Leben. Jedes Ereignis hat einen Sinn, und den kann man manchmal erst später erfassen.
BSZ: Im Landtag haben Sie vor einiger Zeit das Fehlen eines göttlichen Gedankens in der Politik beklagt, Sie haben die 7-Jahres-Ehe gefordert und in Latexhandschuhen vor Kameras posiert. Können Sie Menschen verstehen, die Sie einfach für ein bisschen durchgeknallt halten?
Pauli: Gut, dass Sie die Latexbilder ansprechen – da bin ich von einer Journalistin der Zeitschrift Park Avenue reingelegt worden. Man hat mich zunächst ganz harmlos in schönen Kleidern fotografiert, dann hat man mir diese Handschuhe aus Kautschukgummi gereicht und ich hab sie getragen, wie eine Schaufensterpuppe, mit einem fast bewegungslosen Gesicht. In Modegeschäften wird Kleidung manchmal in dieser Weise präsentiert. Aber dann hat mich fast der Schlag getroffen, als ich das Resultat gesehen hab.
BSZ: Kann es sein, dass Sie ein bisschen naiv sind?
PAULI: Man hatte mir vorher zugesichert, dass das eine seriöse Berichterstattung werden sollte und ich die Zitate und die Bilder autorisieren dürfte. Aber das war wohl mein Fehler, dass ich das geglaubt hatte und keinen Vertrag gemacht habe. Ich bin nicht naiv, aber sehr offen zu Menschen, aber das ist kein Fehler, denn ich begegne Menschen gerne mit Zutrauen und nicht Ablehnung oder Misstrauen. Und Ich bin gerne impulsiv, manche meinen unberechenbar. Als ich noch Landrätin der CSU war, war ich in den ersten Jahren sehr angepasst. Dann begann ich immer mehr, eigene Vorstellungen umzusetzen. Das ist auch heute noch so.
(Interview: Waltraud Taschner)

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