Politik

Oberbayern (hier: Kloster Andechs) ist idyllisch und wohlhabend. Doch viele andere Regionen in Bayern und Deutschland darben. (Foto: dpa)

05.06.2015

Idylle hier – Ödnis dort

Vom 9. bis 11. Juni trifft sich der Deutsche Städtetag in Dresden: Hauptthema ist die dramatische Geldnot vieler Kommunen - und was man dagegen tun kann

Auch in Bayern gibt’s reiche Städte (vor allem in Oberbayern) und weniger reiche (primär in Franken). Doch klaffen im Freistaat die Unterschiede bei Weitem nicht so auseinander, wie das gesamtdeutsch beziehungsweise in anderen Bundesländern inzwischen der Fall ist. In Nordrhein-Westfalen etwa gibt es Kommunen, die seit Jahren keinen genehmigungsfähigen Haushalt mehr aufstellen können und hoffnungslos verschuldet sind. In Teilen Ostdeutschlands schaut es nicht viel besser aus. Bundesweit sind dadurch die so genannten Kassenkredite – das sind Schulden, die Kommunen zur Finanzierung unumgänglicher Verwaltungsausgaben aufnehmen müssen – auf 50 Milliarden Euro gestiegen.
Die leeren Kassen sind – wie meistens, wenn sich der Deutsche Städtetag trifft – auch diesmal Hauptthema. Vom 9. bis 11. Juni ist es wieder soweit, diesmal in Dresden. Motto: „Wachsendes Gefälle zwischen den Städten – Entwicklungschancen für alle sichern“. Eine ziemlich illusorische Zukunftsbeschreibung.

Straßen, Schulen und Bibliotheken gleichen oft Ruinen


Denn es hakt mittlerweile überall. Etwa beim gigantischen Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur. Allein für Straßen und den öffentlichen Personennahverkehr müssten jährlich rund 2,7 Milliarden Euro ausgegeben werden, eine weitere Milliarde für die Brücken – wohlgemerkt nur, um den Status quo zu erhalten. Und das sagen keine jammernden Bürgermeister, sondern die Arbeitgeberverbände. Auch Sportplätze, Schulen, Schwimmbäder oder Bibliotheken gleichen oft Ruinen.
Hinzu kommen die noch nicht abzusehenden Kosten für Flüchtlinge. Stark gestiegen ist beispielsweise die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, um die sich die Jugendämter kümmern müssen.
Doch auf eine zumindest teilweise Umverteilung, wie sie der kommunale Finanzausgleich in Bayern zwischen den begüterten und weniger begüterten Städten (noch) erzwingt, können die Kommunen andernorts immer seltener hoffen. Es gibt einfach nichts mehr zu verteilen. Und an eine Lösung des Problems in Dresden glaubt keiner der anreisenden mehreren hundert Bürgermeister und Oberbürgermeister.
Trotz des relativen Reichtums in Bayern ist es nicht so, dass arme Städte im Norden, Osten oder Westen der Republik Felix Bavaria nichts angingen. Denn da eine Kommune nicht Bankrott anmelden kann, haftet das jeweilige Bundesland und häuft so selbst neue Schulden auf. Die meisten anderen Länder hängen aber am Tropf des Länderfinanzausgleichs. Die Zahlungen in diesen Ausgleichstopf will Bayern eigentlich reduzieren.

Der Finanzminister hat das Problem erkannt - doch das heißt noch nichts


Der Bund hat die Misere immerhin erkannt und möchte gegensteuern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt nach Dresden, im Gepäck das Versprechen auf jährlich fünf Milliarden Euro ab 2017, um die Last der stetig wachsenden Sozialausgaben zu mildern. Dummerweise findet sich im Koalitionsvertrag dazu auch die Formulierung vom „noch zu bestimmenden Transferweg“. Denn weil die Städte nicht als eigene staatliche Ebene gelten, sondern als Teil der Länder, bangen die Rathauschefs nun, dass die Ministerpräsidenten ihnen Geld vom Bund von eigenen Leistungen abziehen.
Ganz große Optimisten unter den Bürgermeistern hoffen derweil noch, dass Schäuble ihnen auch eine Erhöhung des Anteils an der Umsatzsteuer (seit 1998 unverändert bei 2,2 Prozent) zugesteht. Weitere Geldquellen haben sie auch nicht, sieht man einmal von der theoretischen Möglichkeit einer Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer ab. Doch ein solcher Schritt vergrault nur Investoren.
Während fiskalpolitisch in Dresden also Musik in der Luft liegt, dürfte sich personell an der Spitze des Städtetags wenig ändern. Ein Gegenkandidat für den seit zwei Jahren amtierenden Verbandspräsidenten, den Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD), ist nicht in Sicht, eine Wiederwahl des 54-Jährigen so gut wie sicher. Und wer sollte es auch machen? Die SPD weiß, was sie an Maly hat, und die Union ist in den deutschen Großstädten – und nur solche kommen für die Präsidentschaft faktisch infrage – politisch tot: Gerade ging Düsseldorf, die letzte schwarz regierte Metropole, an die Sozialdemokraten. Und im gastgebenden Dresden, wo demnächst gewählt wird, liegt der FDP-Bewerber in den Umfragen vorn, gefolgt von einer rot-grün-linken Kandidatin. (André Paul)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 05.06.2015
    Um dem Staat, also uns allen, die notwendige Finanzausstattung zu ermöglichen, gibt es eine Reihe von wirksamen Maßnahmen: Erbschaftssteuer, Vermögensteuer, Steuerprivilegien abschaffen, Steuerschlupflöcher besonders für die Wirtschaft und ihre bestverdienenden Mitarbeiter abschaffen usw. Daneben auf politischer Ebene den Bundestag verkleinern, die Bundesländer verringern, Steuergeschenke wie Betreuungsgeld und gebührenfreie Kindergartenjahre abschaffen usw.
    Maßnahmen, die wir zum Teil von Griechenland und den anderen Ländern gefordert haben. Aber dazu sind unsere Parteien leider weder willens noch fähig. Stattdessen dreht sich die öffenltiche Diskussion um das Randthema "Homoehe" oder Ausländermaut. Alles Nebelkerzen.!
    Man könnte als Bürger heulen, denn Menschen wie J. Ackermann von Frau Merke und anderen Politkeren hofiert werden, wird sich nichts ändern. "Denk ich an Deutschland in der Nacht..."
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