Politik

09.08.2013

In den Fängen der Gutachter - Mollath und die Folgen

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Der Grund für Gustl Mollaths Freilassung ist nur ein Formfehler, allerdings ein hanebüchener. Ein ärztliches Attest, das den Ehemann Mollath als Brutalo erscheinen ließ, war irreführend unterzeichnet. Über den Strohhalm, den es da fand, ist das Oberlandesgericht Nürnberg vielleicht ganz froh gewesen. Zumal die aufgespießte Inkorrektheit nicht der Justiz anzulasten wäre, sondern dem Gutachterwesen, auf das jedoch die frisch beauftragte 6. Strafkammer des Landgerichts Regensburg ebenso angewiesen sein wird wie bisher die 7., eine für Mollath ganz und gar nicht günstige Instanz.

Temperamentvoll? Oder gemeingefährlich?


Unsere Strafrichter, die armen Kerle, haben nur Jura studiert. Manchmal können sie sich auch noch auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, manchmal schlicht auf Logik. Die Frage aber, ob ein Herr Mollath nur sehr temperamentvoll oder doch schon gemeingefährlich sei, reichen sie an Psychiater weiter. Richter werden einen Teufel tun, sich da auf die eigene Menschenkenntnis zu verlassen, denn damit wäre das Urteil, das sie sprechen sollen, bereits gekippt.
Auch Gutachter jedoch treffen nicht immer ins Schwarze. Es wurden Sexualstraftaten verübt, die nach den Prognosen namhafter Therapeuten aus Einsicht und Reue hätten unterbleiben müssen. Da sind denn Gutachter, die schwere psychische Störungen diagnostizieren und damit die Justiz veranlassen, einen Menschen aus dem Verkehr zu ziehen, auf der sichereren Seite. Da Mollath im Bezirkskrankenhaus Bayreuth nicht heiraten konnte, hatte er auch keine Möglichkeit, eine ohrfeigenfreie Ehe zu führen. Es war ihm auch nicht vergönnt, auf nächtlichen Straßen herumzuspazieren und bei dieser Gelegenheit Autoreifen unangetastet zu lassen. Wie also beweisen, dass er nicht mehr gewalttätig ist?
Gustl Mollath bleibt – und alle gratulieren ihm und der bayerischen Justiz zu diesem Ergebnis – mit Vorwürfen belastet und damit in den Fängen der Gutachter. Die aber treiben Zukunftsforschung oder machen es, wenn auch im Fachjargon, den Propheten nach. Eine Prophezeiung gleich vorweg: Die schlauen Leute werden sich anstrengen, jedenfalls etwas mehr als üblich. Schließlich ist Gustl Mollath ein bekannter Mann geworden und genießt damit eine Art Personenschutz, die das normale Sachverständigenopfer entbehrt.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.