Politik

Bunt, aber keineswegs lustig: Petrischalen mit einer Nährlösung, die Salmonellen sichtbar macht. (Foto: dpa)

12.06.2015

Industriefreundliches Kontrollsystem

Salmonellen-Ausbruch 2014: Einerseits versichern Bayerns Behörden, alles sei korrekt gelaufen – andererseits planen sie Reformen

Mehrere hundert Menschen erkrankten im vergangenen Jahr europaweit am selben Salmonellen-Typus, zwei starben daran. Auch in Bayern wurden 81 Fälle aktenkundig. Die Spuren der Lebensmittelkontrolleure in Frankreich und Österreich führen zur Firma „Bayern-Ei“ mit vier Standorten in Niederbayern. Jüngste Recherchen von Bayerischem Rundfunk und Süddeutscher Zeitung legen nahe, dass der Skandal bei einem schnelleren und konsequenteren Einschreiten des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hätte verhindert werden können. Der SPD-Verbraucherschützer Florian von Brunn erkennt ein „Totalversagen“ der Lebensmittelkontrolle in Bayern. Gibt es nach Gammelfleisch und Müller-Brot den nächsten Skandal?
„Bayern-Ei“ gehört zu den ganz Großen in der Eier-Produktion. Rund eine Million Eier verkauft das Unternehmen täglich – ein Viertel der gesamten bayerischen Produktion. Es gehört zum Geflügel-Imperium der Familie Pohlmann, das schon früher in Sachen Tierschutz und Lebensmittelsicherheit Ärger mit den Behörden hatte. „Bayern-Ei“ verkauft seine Eier in ganz Europa, es dauerte deshalb einige Zeit, bis sich die Indizien für den Auslöser der Salmonellen-Erkrankungen auf Niederbayern verdichteten. Noch heute ist der direkte Nachweis dafür nicht geführt, aber es gebe eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, sagt LGL-Präsident Andreas Zapf. Dabei war den Behörden der Salmonellen-Befall bei „Bayern-Ei“ mindestens seit Februar 2014 bekannt.
Im Umweltausschuss des Landtags weist Zapf sämtliche Vorwürfe zurück, wonach man zu langsam auf die Salmonellen-Befunde reagiert habe. Zur Verstärkung sitzt Umweltministerin Ulrike Scharf an seiner Seite. „Ich verwahre mich gegen die Verunglimpfung bayerischer Behörden und die gezielte Verunsicherung der Menschen in Bayern“, betont Scharf. In dem Fall sei genau nach dem vorgegebenen Reaktionsschema vorgegangen worden. „Die Behörden haben ihren Job gemacht, und sie haben ihn gut gemacht.“

Lief doch alles "absolut korrekt", meint das Landesamt für Gesundheit - tatsächlich?


Anschließend dröselt Zapf den Fall über eine Stunde lang bis ins Detail auf. Er rekonstruiert Verfahrens- und Zeitabläufe, erläutert das Vorgehen der Behörden und kommt schließlich zu dem Ergebnis: „Ich sehe auch ein Jahr später keinen Anlass zur Kritik.“ Es sei „absolut korrekt gearbeitet worden“, insistiert Zapf. So stehe „Bayern-Ei“ noch heute unter Beobachtung, ein Betrieb mit 500 000 Legehennen dürfe noch immer nur so genannte „B-Eier“ zur industriellen Weiterverarbeitung verkaufen. Die bayerische Öffentlichkeit habe damals nicht informiert werden müssen, weil es keinen „epidemischen Ausbruch“ und keine konkrete Gesundheitsgefahr gegeben habe. Zudem seien im Freistaat keine „Bayern-Ei“-Eier in den freien Verkauf gelangt. „Der Verbraucherschutz war zu jeder Zeit gewährleistet“, versichert Zapf.
Die Opposition bleibt bei ihren Zweifeln. Sie könne nicht verstehen, warum Massenhühnerhaltungen mit über einer Million Tieren nach denselben Vorgaben kontrolliert würden wie ein Bio-Bauernhof, sagt die Grüne Rosi Steinberger. Worauf Zapf zumindest einräumt, dass die zunehmende Industrialisierung in der Landwirtschaft die Behörden vor „neue Herausforderungen“ stelle. So hatte schon der Dingolfinger Landrat Heinrich Trapp geklagt, eine Vollkontrolle des in seiner Zuständigkeit liegenden „Bayern-Ei“-Betriebs würde 135 Stunden dauern. Nach Einschätzung von Harry Scheuenstuhl (SPD) funktioniert auch das von Zapf verteidigte Kontrollsystem nicht. Wie anders wäre sonst zu erklären, fragt er, dass die gesetzlich vorgeschriebene Eigenkontrolle von „Bayern-Ei“ seit Jahren ohne Befund gewesen sei, während die amtlichen Kontrolleure regelmäßig fündig wurden. „Da stimmt doch was nicht“, schlussfolgert Scheuenstuhl.
Konkret darauf eingehen will Zapf nicht, doch immerhin erklärt er: „Es gibt Verbesserungspotenzial.“ Scharf kündigt derweil für nächste Woche eine Ministerratsvorlage an. Ein Maßnahmenpaket samt Stellenplan zur Verbesserung der Lebensmittelkontrollen soll sie enthalten – was den Argwohn der Opposition weiter schürt. Wenn alles in bester Ordnung sei, warum brauche es dann ein neues Konzept, wundert sich Rosi Steinberger. Gute Frage eigentlich.
(Jürgen Umlauft)

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