Politik

08.09.2017

Irrsinnige Lehrerausbildung

Ein Kommentar von Angelika Kahl

Es ist paradox: Das, was bayerische Junglehrer in den vergangenen Jahren in Studium und Referendariat gelernt haben, können die wenigsten im Schulunterricht zum Einsatz bringen. Entweder, weil sie gar keinen Job haben. Von den 1241 Bewerbern fürs Gymnasium bekamen zum neuen Schuljahr gerade mal 204 eine Anstellung. Oder weil sie als ausgebildete Gymnasiallehrkräfte an einer Grund- oder Mittelschule eingesetzt sind – dort werden Lehrer händeringend gesucht.

600 Real- und Gymnasiallehrkräfte beginnen heuer eine entsprechende zweijährige Sondermaßnahme. Die Biologielehrerin bringt dann Flüchtlingskindern Deutsch bei. Und der Lateinlehrer Erstklässlern das Einmaleins. Für weniger Gehalt, aber dafür mit Aussicht auf Verbeamtung.

Traurig, aber wahr: Obwohl akuter Lehrermangel in Bayern herrscht, stehen Hunderte arbeitsloser Lehrer auf der Straße. Ein Irrwitz, der sich seit Jahrzehnten wiederholt. Mal gibt es zu wenig Gymnasiallehrer – dann setzen Lehramtsstudenten auf diesen Zweig. Sind sie dann nach Jahren fertig, gibt’s zu viele von ihnen. Denn in der Zwischenzeit herrscht ganz woanders Mangel. Das Kultusministerium versucht zwar, mit einer jährlich veröffentlichten Lehrerbedarfsprognose gegenzusteuern, allerdings mit äußerst mäßigem Erfolg.


Die CSU will keine "Einheitslehrer"

Das Hauptproblem: Das Lehramtsstudium in Bayern erlaubt keinen Wechsel zwischen den Schularten. Gäbe es ein gemeinsames Grundstudium für alle, könnten angehende Lehrer ihre Schulwahl auch noch während des Studiums auf den aktuellen Bedarf ausrichten. Ebenfalls ausgeschlossen ist unverständlicherweise, das zweijährige Referendariat in einer anderen Schulart, wo Bedarf herrscht, zu absolvieren.

Warum? Weil die CSU halt keine „Einheitslehrer“ will. Natürlich macht es einen Unterschied, ob man Grundschülern oder Abiturienten Mathe beibringt. Doch deshalb muss ja die Spezialisierung nicht gleich im ersten Semester beginnen. Eine spätere Differenzierung nach Schularten muss einer passgenauen Ausbildung der Lehrkräfte nicht widersprechen. Und wäre in jedem Fall besser als das aktuelle Notfallprogramm des bayerischen Kultusministers Ludwig Spaenle. Er hat dafür gesorgt, dass mittlerweile über 1500 bayerische Lehrer fach- und schulartfremd unterrichten.

Kommentare (1)

  1. Miiich am 10.09.2017
    Einzig logische Konsequenz wäre:

    Ausbildung und Einstellung nach Bedarf als "Anwärter" über den Landespersonalausschuss, wie es beim gehobenen Dienst der Polizei, der allgemeinen inneren Verwaltung und bei der Finanzverwaltung auch üblich ist.
    Es können nicht 500 Französisch-Lehrer eingestellt werden, wenn der Bedarf nur bei 100 liegt, nur weil sie das Fach aus persönlicher Neigung gewählt haben. Sie können keine 400 fehlende Mathematiklehrer ersetzen.
    Im Übrigen ist das Besoldungssystem zu hinterfragen. Müssen Gymnasiallehrer (z.B. für Sport) immer gleich im höheren Dienst eingestellt werden?
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