Politik

31.08.2012

Kein Vertragsbruch mehr

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

CSU-Generalsekretär Dobrindt ist gerüffelt worden, weil er Griechenland 2013 „außerhalb der Eurozone“ sah. Hätte er „innerhalb“ sagen sollen? Nein, nach dem Geschmack der Europapolitiker hätte er die komplizierte Zukunft auf sich beruhen lassen sollen. Die Banken, Versicherungen und Finanzministerien, die auf der ganzen Welt die Außerhalb-Variante in Planspielen berücksichtigen, hängen das ja auch nicht an die große Glocke. Außerdem haben jene, die bei kitzligen Themen ihre Meinungsfreiheit gern auf Eis legen, in diesen Wochen eine herrliche Ausrede: Die Troika, das internationale Gutachtergremium, will sich offiziell erst in ein paar Wochen über Hellas äußern.

Der Wert der Schweigsamkeit


Den Wert der Schweigsamkeit erkennen am besten die Politiker mit schlechtem Gewissen. Seit zwei Jahren gehen alle Inszenierungen zur Rettung des Euro daneben. Gerettet wurde nicht einmal das kleine Griechenland, und das trotz horrender Hilfen und Haftungen samt gigantischem Schuldenerlass. Die gesamteuropäische Rettungsschirmherrschaft kostet viel und bringt wenig. In Europa nähert sich die Transfer-, Haftungs- und Schuldenunion ihrer Vollendung, auch wenn Merkel es nicht merken und Seehofer es nicht sehen will. Hierzu ein Satz vom SPD-Vorsitzenden Gabriel und nicht von Dobrindt: Deutschland haftet derzeit mit einer Billion.
Der CSU-Generalsekretär hat Mario Draghi einen „Falschmünzer“ genannt. Nun, der Präsident der Europäischen Zentralbank fälscht keine Münzen, sondern versorgt die südeuropäischen Staaten mit dem von ihnen benötigten Geld. Artikel 104 des Maastricht-Vertrags verbietet der Zentralbank den direkten oder indirekten Erwerb von Schuldtiteln. Draghi erwirbt munter drauflos. Artikel 125 untersagt es den Mitgliedsstaaten der Union, einander finanziell aus der Patsche zu helfen. Draghi unterstützt genau das in größtem Stil. Auf demokratieferne Weise, aber mit Merkels Beifall, wird der Banker zum mächtigsten Mann Europas.
Dieser Kontinent steckt in der Krise. Ein leicht perverses Brüsseler Kalkül geht so: Jede Krise schreit nach Bewältigung und jede Krisenbewältigung nach Zentralisierung der Befugnisse. Nicht wenige EU-Planer halten gerade den großen Kladderadatsch für zielführend. Oder wie Lenin sagte: „Je schlimmer, desto besser.“ Dabei wäre „kein Vertragsbruch mehr“ die allerbeste Devise.

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