Politik

Aktuell gibt es 226 Kirchenasyle mit 411 Personen. (Foto: dpa)

24.02.2015

Kirchenasyl auf dem Prüfstand

Die Aufnahme von Flüchtlingen durch eine Pfarrei ist den Behörden zunehmend ein Dorn im Auge

Diakoniepräsident Ulrich Lilie hat vor behördlichen Einschränkungen des Kirchenasyls gewarnt. Die Kirche werde ihre gesamte Reputation in die Waagschale werfen, damit Kirchenasyle künftig nicht unnötig erschwert würden, sagte Lilie heute in Nürnberg. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte das Kirchenasyl in letzter Zeit mehrfach kritisiert. Heute wollten sich Kirchenvertreter in Berlin mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, treffen.

Bereits am Vortag hatte die katholische Kirche angekündigt, von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen auch künftig Kirchenasyl gewähren. "Wir wollen auf diese Tradition nicht verzichten", hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zum Start der Frühjahrstagung der Bischofskonferenz in Hildesheim gesagt. Das Instrument habe sich bewährt. So sieht das auch die evangelische Kirche.  

Diakonie-Chef Lilie wandte sich gegen den Vorwurf, die Kirchen hätten das Instrument des Kirchenasyls missbraucht. Tatsächlich öffne die Kirche Asylbewerbern nur in humanitären Notfällen ihre Tore, um sie etwa vor Abschiebung in ihr Heimatland oder die Rückführung in ein anderes EU-Land zu schützen. Das zeige schon die Tatsache, dass mehr als 75 Prozent der Kirchenasyle in Deutschland am Ende von den Behörden "positiv beschieden" würden.

Auf kirchlichen Widerstand stößt insbesondere eine Änderung des sogenannten Dublin-Verfahrens. Danach ist das EU-Land für einen Asylbewerber zuständig, in dem dieser zuerst EU-Boden betreten hat. Reist er dennoch in ein anderes EU-Land weiter, droht ihm die Rückführung - allerdings nur in den ersten sechs Monaten. Nach Behördeninformation haben zuletzt immer mehr betroffene Flüchtlinge versucht, mit einem Kirchenasyl über die Sechs-Monatsfrist zu kommen.

Nun will das Bundesamt nach Angaben von Behördenchef Schmidt diese Frist auf 18 Monate anheben - auch um damit das Kirchenasyl unattraktiver zu machen. Dem Vernehmen nach geht das Bundesamt davon aus, dass die Unterbringung von Flüchtlingen über einen Zeitraum von 18 Monaten viele Kirchengemeinden überfordern würde. Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl gibt es derzeit 226 Kirchenasyle mit 411 Personen.

In einem Interview mit der Welt sagte Schmidt, früher sei es beim Kirchenasyl um wenige Einzelfälle gegangen, bei denen nach einer negativen Asylentscheidung die Abschiebung ins Herkunftsland verhindert werden sollte. "Heute beobachten wir, dass das Kirchenasyl vermehrt solchen Menschen gewährt wird, für deren Verfahren eigentlich andere EU-Staaten zuständig sind." Er habe den Eindruck, "dass die Kirchen das Kirchenasyl immer häufiger als Systemkritik am europäischen Dublin-System der Zuständigkeitsverteilung nutzen", so Schmidt. (dpa)

Kommentare (2)

  1. waidTUX am 13.03.2015
    Was sich die Kirche mit dem Kirchenasyl anmasst ist schon heftig. Komplett ausserhalb der Rechtsordnung. Wie kommt die Amtskirche eigentlich darauf auf die Weltliche Gerichtsbarkeit zu Pfeiffen und zu machen was Sie will???????
  2. Roland am 25.02.2015
    Gibt es eigentlich für solche
    Behördenchefs, das Mittel
    der Familienexkommunikation?
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