Politik

Die berühmte Schwarze Madonna von Altötting rief schon so mancher Politiker im Freistaat um Beistand an. (Foto: DPA)

04.07.2014

Kommunalpolitische Wallfahrt

Auf seiner Tagung in Altötting rüstet sich der Bayerische Städtetag für Finanzverhandlungen und Führungswechsel

Es wird die wichtigste Woche des Jahres für den Bayerischen Städtetag: Am Montag, den 7. Juli, beginnen die Verhandlungen für den nächsten kommunalen Finanzausgleich. Und von Mittwoch, den 8., bis Donnerstag, den 9. Juli treffen sich die Oberbürgermeister und 1. Bürgermeister zu ihrer 50. Vollversammlung im oberbayerischen Marienwallfahrtsort Altötting. Der 11 000-Einwohner-Ort erfreut sich wachsender Beliebtheit bei Verbandstagungen, was vor allem dem supermodernen neuen Kongresszentrum zu verdanken ist.
Vielleicht hoffen die Organisatoren aber auch auf ein wenig himmlischen Beistand. Denn die Veranstaltung ist mehr als ein Treffen, sie ist eine Zäsur. Bei der Kommunalwahl vom 16. März dieses Jahres fand ein Generationswechsel statt. Ein Drittel der Bürgermeister sind jetzt neu im Amt, keiner von ihnen hat mehr die Zeit vor der Kommunalgebietsreform als aktiver Politiker erlebt, die wenigsten waren vor der Wiedervereinigung im Amt. Sie kennen aber auch in der Mehrheit nur ein insgesamt wirtschaftlich prosperierendes Bayern mit niedriger Arbeitslosenzahl. Fern die Zeiten, als der Freistaat mal das Armenhaus Deutschlands war.
In Altötting wird sich der Städtetag personell teilweise neu aufstellen müssen. Die Wiederwahl des derzeitigen Vorsitzenden, des Nürnberger Oberbürgermeisters Ulrich Maly (SPD) gilt als sicher. Er hat den Verband seit der Übernahme vor drei Jahren kollegial, aber souverän geführt, gilt auch dem politischen Gegner als menschlich angenehmer Gesprächspartner und ist durch die Präsidentschaft des Deutschen Städtetags auch bundespolitisch hervorragend vernetzt.
Aus dem Amt scheidet aber sein 1. Stellvertreter – und Vorgänger –, der frühere Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Da der CSU bei einem SPD-Verbandschef laut hausinterner Regelung des Städtetags der Vizeposten zusteht, dürfte auch mit einem Nachfolger aus den Reihen der Christsozialen zu rechnen sein. Heißester Anwärter ist der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl – mithin das letzte verbliebene politische Schwergewicht unter den schwarzen Rathauschefs in Bayerns Metropolen. Alle anderen CSUler wurden entweder abgewählt, gingen in Rente – beziehungsweise stehen kurz davor – oder sind noch neu in ihrem Job. Noch nicht entschieden ist, wen die Freien Wähler als 2. Stellvertreter auf den Schild heben werden. Ihr Vertreter im Präsidium, der langjährige Ismaninger Bürgermeister Michael Sedlmaier, ist seit 1. Mai ebenfalls im Ruhestand.

Ende der Einwohnerveredlung?


Die parallel laufenden Verhandlungen über den kommunalen Finanzausgleich werden die ganze Aufmerksamkeit von Maly und dem Städtetag beanspruchen. Denn der Bayerische Landkreistag und der Bayerische Gemeindetag unter ihren kampfeslustigen Präsidenten Christian Bernreiter und Uwe Brandl (beide CSU) verspüren Aufwind bei ihrem Plan, die so genannte Einwohnerveredlung – dank ihr bekommen Metropolen zusätzliches Geld für mutmaßlich nur von ihnen angebotene Leistungen – endlich zu beschneiden und statt dessen mehr Geld in den strukturschwachen Teil des ländlichen Raums zu lenken.
Unstrittig ist, dass Bayerns Kommunen mehr Geld brauchen. Die von Bund und Land angeschafften Aufgaben wie beispielsweise die Ganztagsbetreuung, die Kitaplatz-Rechtsansprüche und die Inklusionsvorgaben kosten Geld. Obendrein sehen sich vor allem die großen Städte mit einer ständig wachsenden Armutszuwanderung konfrontiert. Häufig ist die lokale Infrastruktur – vor allem Straßen – in einem beklagenswerten Zustand. Da wird es Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) auch nicht viel helfen, auf die Rekordsumme von 7,7 Milliarden Euro für den aktuellen Finanzausgleich zu verweisen.
Es gibt da durchaus noch einige Stellschrauben, an denen der Kassenwart des Freistaats aus Sicht der Verbände drehen kann: etwa eine Anhebung des Kommunalanteils am allgemeinen Steuerverbund von derzeit 12,75 auf 15 Prozent. Außerdem ließe sich ihr Anteil am so genannten Kraftfahrzeugsteuerersatzverbund wieder auf die ursprünglichen 65 Prozent anheben – seit 2003 sind es nur 52,5 Prozent – was 200 Millionen Euro zusätzlich im Säckel bedeuten würde.
Jenseits der berechtigten finanziellen Forderungen an Bund und Land wäre dem Städtetag aber auch zu wünschen, dass er sich endlich mal ernsthaft – und nicht nur mit Lippenbekenntnissen – mit der immer niedriger werdenden Beteiligung bei Kommunalwahlen auseinandersetzt. Beim letzten Urnengang im März waren es landesweit gerade mal noch 55 Prozent. Ohne eine engagierte Bürgerschaft aber steht die kommunale Selbstverwaltung langfristig vor der Existenzfrage.
(André Paul)

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