Politik

22.11.2013

Kurz vorm Traualtar

Ein Kommentar von Roswin Finkenzeller

Der Einfall der SPD, über einen Koalitionsvertrag die Parteibasis abstimmen zu lassen, war Mitgliederwerbung. Dem Grundgesetz entspricht das kaum. Dort steht, dass Abgeordnete an Aufträge und Weisungen nicht gebunden sind, an die irgendwelcher Parteimitglieder also auch nicht. Der Plan bringt es mit sich, dass die Verhandlungsführer so forsch und fordernd auftreten, als hätte die SPD und nicht die Union die Wahl gewonnen. Außerdem verraten die Genossen den Genossen von der Linkspartei, wie stark ihre Vorfreude auf Rot-Rot-Grün ist. Julia Klöckner (CDU) zog einen Vergleich: Das sei, als gebe jemand „kurz vorm Traualtar eine Bekanntschaftsanzeige auf“. Sehr schön formuliert. Sehr schön reagieren will die CDU aber nicht. Schließlich ist sie eine Partei und keine anständige Braut.
Für eine Koalition mit der SPD ist die real existierende Union wie geschaffen. Über deren „Sozialdemokratisierung“ hat schon vor Jahren Edmund Stoiber gern sinniert. Als der SPD-Mann Olaf Scholz noch Minister unter Merkel war, entschlüpfte ihm der Satz, es brauche sich niemand über die Kanzlerin aufzuregen, die ja in der Regel tue, was die SPD wolle. Jetzt, als Bürgermeister von Hamburg, war Scholz einer der Ersten, der für die Große Koalition trommelte.

Merkels furchtsame Männer-Riege


Tatsächlich freundet sich die Union mit der Planwirtschaft von Jahr zu Jahr inniger an. Im jüngst vergangenen Wahlkampf stritt sie nicht für eine große Idee, sondern für eine herausragende Taktikerin. Die Rechnung ging auf: Auch beim einstigen Gegner ist Angela Merkel als Kanzlerin vorgesehen. Läge sie auf der Couch des Psychoanalytikers, würde sie vielleicht zugeben, dass ihr das vollauf genüge.
Für den Fall, dass der Übermut der SPD selbst einer leicht devoten Union zu viel wird, haben der Vorsitzende der CSU und der Generalsekretär der CDU schon mit Neuwahlen gedroht. Vorerst ist das nur Feldgeschrei, denn alle Unterhändler ahnen, dass Wahlwiederholungen beim Publikum unbeliebt sind. Ein Ausweg wäre, Neuwahlen so herbeizuverhandeln, dass die Schuld an ihnen auf den politischen Gegner fiele. Das Zeug zu einem solchen Intrigenstück hätte vielleicht Angela Merkel, nicht aber die Männerschar, die sie umgibt.

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