Politik

Beeindruckende Begegnung für die bayerischen Schüler Lukas Bernstein und Rebecca Geyer (r.): Sie trafen den Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer und dessen Enkelin Nina im King David Hotel in Jerusalem. (Foto: dpa)

21.09.2012

Lachen mit Max Mannheimer

Zwei bayerische Schüler durften Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf seiner Israel-Reise begleiten

Dass sie einmal gemeinsam mit  Horst Seehofer in dessen Präsidentenmaschine sitzen würden, hätte sich keiner der beiden erträumt. Die Schüler Rebecca Geyer (16) aus Flossenbürg und Lukas Bernstein (15) aus Dachau haben vergangene Woche den bayerischen Ministerpräsidenten auf seiner Reise nach Israel begleitet. Und als diese gleich so spektakulär anfing, „war ich total geplättet und perplex“, erzählt Lukas nach seiner Rückkehr der Staatszeitung. „Am meisten hat mich erstaunt, wie offen alle waren. Auch Horst Seehofer. Nach dem Flug wollte er gleich von uns wissen: ,Na, hat’s euch gefallen?’“ Und Rebecca ergänzt: „Ich hatte ja erwartet, dass das alles viel steifer wird und wir Horst Seehofer gar nicht zu Gesicht bekommen.“
Horst Seehofer hatte gemeinsam mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, die Idee, Jugendliche auf die viertägige Israel-Reise mitzunehmen. Gemeinsam besuchten die beiden Politiker im Juli das Jugend- und Überlebendentreffen in der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg und waren von der Begegnung der Zeitzeugen mit den jungen Menschen sehr beeindruckt. „Das ist die allerletzte Generation, die noch von Holocaust-Überlebenden persönlich erfahren kann, was sie erlebt haben“, erklärt Freller. Und: „Die Reise sollte nicht nur auf die Vergangenheit, sondern vor allem auf die Zukunft ausgerichtet sein.“ Deshalb sei es ein wegweisendes Zeichen gewesen, junge Menschen mit nach Israel zu nehmen.


Lukas: „Ich hatte ein richtig mulmiges Gefühl“


Rebecca Geyer und Lukas Bernstein jedenfalls waren sofort begeistert. Die KZ-Gedenkstätten Flossenbürg und Dachau wählten die beiden Schüler aus. Rebecca, die die 11. Klasse des Elly-Heuss-Gymnasiums Weiden besucht, hatte bereits ein Praktikum in Flossenbürg absolviert. Lukas erstellt aktuell im Rahmen eines Schul-Seminars des Josef-Effner-Gymnasiums eine Biografie über einen ehemaligen KZ-Häftling in Dachau. In Israel waren beide noch nie.
Und natürlich war es am Ende auch nicht der Flug mit der Präsidentenmaschine, der die Jugendlichen  am meisten beeindruckt hat. Beide sind sich einig: Der Besuch der Gedenkstätte Yad Vaschem in Jerusalem war der Höhepunkt der Reise. „Das war ein richtig mulmiges Gefühl, den Gang entlang zu gehen, der erst immer schmaler wird und sich dann wieder öffnet“, sagt Lukas. Der Architekt Moshe Safdie hat diesen Holocaust-Tunnel geschaffen, der den Besucher durch einen Berg in die Tiefe führt. Das  Museum will Opfer der Anonymität der Massengräber entreißen. Einzelschicksale werden stellvertretend anhand persönlicher Hinterlassenschaften wie Briefe, Tagebücher, Fotos oder Gebrauchsgegenstände geschildert. „Yad Vaschem ist ganz anders als die Gedenkstätten, die ich bisher gesehen habe“, sagt Rebecca. Am liebsten hätte sie noch mehr Zeit für die Besichtigung von Yad Vaschem gehabt. „Wir haben bei Weitem nicht alles gesehen, auch weil  wir ja noch den Raum, wo Horst Seehofer mit uns den Kranz niederlegen sollte, besichtigen mussten.“ Sie wird auf jeden Fall noch einmal hinfahren – das steht für Rebecca bereits fest.
Auf allen Reise-Stationen Seehofers waren die beiden Schüler dabei – ob in Tel Aviv bei der Gedenkfeier für die Opfer des Olympia-Attentats oder in Bethlehem beim Besuch der Geburtskirche. Allein bei den offiziellen politischen Gesprächen – mit Israels Staatspräsident Schimon Peres, Regierungschef Benjamin Netanjahu oder Palästinenser-Chef Salam Fajad – blieben sie außen vor. „Das war aber ganz angenehm“, sagt Lukas. Oft waren sie bis Mitternacht auf den Beinen. „Und einschlafen kann man dann auch nicht sofort, wenn man an einem Tag so viel erlebt“, erzählt Lukas. Die ein oder andere Pause kam also durchaus recht.
Und dann war da noch eine Begegnung, die beide nicht vergessen werden: Gemeinsam mit einigen israelischen Jugendlichen trafen sie den Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer und dessen Enkelin im King David Hotel in Jerusalem. Nazi-Schergen hatten den heute 92-Jährigen mit seiner Familie in das Konzentrationslager Theresienstadt und von dort nach Auschwitz gebracht. Von acht Mitgliedern der jüdischen Familie kamen sechs ums Leben. Nur Max Mannheimer und ein inzwischen verstorbener Bruder überlebten. Es war aber auch Mannheimers  Humor, von dem sich die Schüler aus Bayern sehr beeindruckt zeigen. „Mit Witzen hat er die Gruppe immer wieder aufgeheitert“, erinnert sich Rebecca. „Das hätte ich überhaupt nicht erwartet“, ergänzt Lukas.
Ein Thema beim Treffen mit Mannheimer war auch: Wie sehen deutsche Jugendliche Israel? „Ich habe erzählt, dass wir in der Schule relativ wenig über das heutige Israel erfahren“, sagt Lukas. „Klar, die Geschichte des Landes wird schon im Unterricht thematisiert. Die aktuelle Politik aber kaum.“
Schon vor der Reise und seiner Arbeit am Schulprojekt, hat sich Lukas mit der Frage beschäftigt: „Was wäre gewesen, wenn...“. Denn weil der Name Bernstein jüdisch klingt, waren seine Urgroßeltern im Dritten Reich gezwungen, Ahnenforschung zu betreiben. Auch Lukas’ Vater begann vor ein paar Jahren noch einmal nach jüdischen Vorfahren zu recherchieren. Doch Beweise fand er nicht.


Rebecca: „Ich will unbedingt noch einmal nach Israel“


Auch in Rebeccas Familie wird die Geschichte des Dritten Reiches immer wieder thematisiert. Ihr Großvater, der in Flossenbürg geboren ist, engagiert sich seit Langem in der Gedenkstättenarbeit. Rebecca, die bereits ehrenamtlich in der Evangelischen Jugend als Jugendleiterin arbeitet, hat nun nicht nur das Ziel, möglichst bald wieder nach Israel zu fahren. Für sie steht fest: „Wenn ich 18 bin, möchte ich auch Rundgänge durch die Gedenkstätte Flossenbürg leiten.“
(Angelika Kahl)

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