Politik

Alois Glück gilt auch als soziales Gewissen und Vordenker seiner Partei, der CSU. (Foto: dpa)

08.11.2013

"Limburg ist eine schwere Belastung"

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, über Verschwendungssucht von Kirchenoberen

BSZ: Herr Glück, in München werden 130 Millionen für einen Bau eines neuen Ordinariats ausgegeben, und keiner regt sich so richtig auf. Was ist der Unterschied zwischen Limburg und München?
Alois Glück:  In München handelt es sich um einen Zweckbau für das Ordinariat, die Zusammenfassung von verstreuten Räumlichkeiten. Ein völlig normales Vorhaben, das natürlich im Stadtgebiet von München teurer ist als irgendwo in der Fläche. Der wesentliche Unterschied zu Limburg ist aber: Die Kosten und das Vorhaben wurden von Anfang an transparent dargelegt.

BSZ: In der Öffentlichkeit bestärken solche Nachrichten aber den Eindruck, die Kirche schwimmt im Geld. Ist das so?
Glück: Ganz sicher nicht. Es ist eine sehr pauschale Betrachtungsweise, wenn man nicht unterscheidet, für welchen Zweck Geld ausgegeben wird. Die Kirche mit ihrer Struktur braucht gewisse Räumlichkeiten, eine entsprechende technische Ausstattung. Entscheidend ist, dass ein Projekt vom Aufwand und vom baulichen und technischen Standard her angemessen ist. Darüber hinaus gibt es keinen Anlass, bei kirchlichen Vorhaben generell negativ gestimmt zu sein. Das meiste Geld wird aber eingesetzt im Bereich des Sozialen und der Bildung.

BSZ: Inwiefern hat der Fall Tebartz-van Elst und die öffentliche Diskussion darüber der Kirche geschadet?
Glück: Der ganze Vorgang in Limburg ist eine schwere Belastung für die katholische Kirche in Deutschland geworden. Das Problem sind nicht nur die Kosten selbst, sondern deren Verhältnismäßigkeit. Und dass es keine Transparenz, keine offene Informationspolitik gab, dass anscheinend mit falschen Zahlen operiert wurde, eine Irreführung stattfand. Das hat mehr an Glaubwürdigkeit gekostet und Aggressionen gebracht als die Höhe der Kosten als solche.

BSZ: Eine wesentliche Rolle spielte ja auch die Person des Bischofs. Kommen eigentlich die Richtigen an die entscheidenden Stühle?
Glück: Die Erfahrungen von Limburg sind sicher nicht geeignet für eine generalisierende Betrachtungsweise. Das wäre auch völlig ungerecht gegenüber anderen Bischöfen. In Limburg geht es auch nicht nur um die Rolle des Bischofs, sondern man muss auch erfassen, welche Akteure es da noch gegeben hat. Es muss eine Debatte geben über die Bedeutung korrekter Gremienarbeit sowohl in Hinblick auf Kontrolle wie auch auf Transparenz.

BSZ: Ist diese Debatte aus Ihrer Sicht wünschenswert?
Glück: Die Diskussion war schon da, sie ist jetzt gewissermaßen verstärkt und angefacht worden. Wir sollten als Kirche keine abwehrende Haltung einnehmen, sondern uns ganz offen mit diesen Fragen auseinandersetzen: Wo sind Verbesserungen struktureller Art notwendig, wo beim Informationsverhalten, beim Amtsverständnis, bei der Zusammenarbeit von Amtsträgern und Gremien? Dann könnte aus dem ganzen Leidenskomplex Limburg für die katholische Kirche auch sehr Positives erwachsen.

BSZ: In der öffentlichen Diskussion wurde auch kritisiert, dass der Staat immer noch Ausgleichszahlungen leistet für die im 19. Jahrhundert enteigneten Kirchengüter. Sind diese Zahlungen noch zeitgemäß?
Glück: Diese Konstellationen zu diskutieren, ist für mich kein Tabu. Nur worauf auch die Kirche und die Christen – das betrifft die evangelische Kirche in vielen Bereichen genauso – durchaus einen Anspruch haben, ist, dass sachgerecht diskutiert wird und nicht nur Vorurteile oder andere Gefühle gepflegt werden.

BSZ: Gab es schon irgendwann einen Vorstoß hinsichtlich einer Ablösung?
Glück: Hier geht es um Verträge. Das müsste in einem Rechtsstaat auf einem rechtlich einwandfreien Weg gelöst werden. Bislang war es so, dass sich die Länder außerstande gesehen haben, die Rechte abzulösen und lieber den Weg der laufenden Zahlungen gewählt haben. Aus der Sicht der Kirche ist auch eine andere Lösung denkbar. Darüber muss aber dann ordnungsgemäß verhandelt werden.

BSZ: An der Kirchensteuer wird oft kritisiert, dass der Staat die Steuer eintreibt und dadurch eine Trennung von Staat und Kirche nicht gegeben ist.
Glück: Der Staat lässt sich diese Dienstleistung von der Kirche bezahlen.

BSZ: Wäre da auch eine andere Lösung denkbar?
Glück: Natürlich wäre das ein ungleich größerer Aufwand. Und es ist für mich nicht erkennbar, warum der Staat nicht gegen Bezahlung im Rahmen seiner ohnehin bestehenden Finanz- und Steuerorganisation diese Dienste nicht leisten dürfte, wenn er entsprechend bezahlt wird, da ja die Kirchen gleichzeitig sehr vieles für das Gemeinwesen einbringen.

BSZ: Der neue Papst hat zu den deutschen Glaubensbrüdern gesagt, die Kirche sei nur glaubwürdig, wenn sie Verzicht übe und sich lossage von Reichtum und Privilegien. Sieht Franziskus I die deutsche Kirchensteuer auch mit Unbehagen?
Glück: Das ist Spekulation, für die es keinerlei Beleg gibt. Geld ist ja nicht von Haus aus etwas Schlechtes. Wenn man es für den richtigen Zweck einsetzt, ist es sogar etwas sehr Heilsames und Hilfreiches. Und die katholische Kirche in Deutschland hat durch ihre Hilfswerke für Menschen in aller Welt mit ihren Möglichkeiten der hiesigen Situation sehr, sehr viel geleistet. Die Kirche in Südamerika würde sicher ungern auf die Leistungen von Adveniat verzichten. Das ist ja alles in sich nicht schlecht. Schlecht wird es nur, wo Geld im Mittelpunkt steht und nicht mehr der Mensch.

BSZ: Was hat Sie in den letzten Wochen an der öffentlichen Diskussion gestört oder geärgert?
Glück: Insgesamt ist diese Diskussion legitim und auch notwendig. Natürlich hat es auch Auswüchse gegeben, wo es nur noch um Sensationsmache und Zuspitzung ging und nicht um einen sachgerechten Qualitätsjournalismus. Das will ich aber nicht verallgemeinern. Die Probleme sind nicht durch die Medien verursacht, sondern durch Fehlverhalten und Missstände.
(Interview: Anke Sauter)

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