Politik

08.06.2012

Markus Söder, der Islam und die CSU

Bayerns Finanzminister sorgt mit Pro-Muslim-Bekundungen für Aufruhr in seiner Partei

Der Islam gehört zu Deutschland? Zu Bayern? Oder „nur“ die Menschen, die dem Islam angehören? Unter allgemeinem Beifall hat Bundespräsident Joachim Gauck die von seinem Amtsvorgänger Christian Wulff angestoßene Debatte um eine differenzierte Aussage bereichert („die Muslime gehören zu Deutschland, nicht der Islam”), da wird ein Ausspruch des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) bekannt, der ganz im Sinne Wulffs sein dürfte – aber eher nicht im Sinne der CSU.
„Der Islam ist ein Bestandteil Bayerns“, sagte Söder bei einem Kulturfest der staatstreuen türkischen Ditib-Gemeinde in Nürnberg. Eine erstaunliche Aussage, betrachtet man den Protest, den es vor einem Jahr auf Wulffs ähnlich lautende Worte von Seiten der Christsozialen hagelte. Tatsächlich trifft auch Söders aktuelles Diktum in weiten Teilen der CSU auf Unverständnis. „Deplatziert“ sei Söders Äußerung, bemerkt ein führender CSU-Mann, und spricht damit vielen Parteifreunden aus der Seele. So schaffe man sich „innerhalb der CSU keine Freunde“. Söders Motiv? „Das war reine Gefallsucht. Der wollte vor den 1000 Muslimen in Nürnberg gut ankommen. Wahrscheinlich hat er gehofft, dass das eh keiner erfährt,“ wird spekuliert.

"Söders Satz ist ja herrlich, aber er führt zu nichts"


Auf „große Überraschung“ ist Söders Satz auch beim Integrationsbeauftragten der Staatsregierung, dem CSU-Landtagsabgeordneten Martin Neumeyer, gestoßen. Der Satz „Der Islam gehört zu Bayern“ sei ja „herrlich“, stöhnt Neumeyer, führe aber zu nichts. Natürlich gebe es in Deutschland eine christliche Tradition, aber „zum Glück haben wir die Aufklärung, Luther und die französische Revolution hinter uns, und deshalb ist hierzulande im Rahmen der Grundrechte alles erlaubt, wir haben einen solchen Satz gar nicht nötig.“ Wer sage, dass der Islam zu Deutschland gehöre, der müsse auch sagen, der Hinduismus gehöre zu Deutschland, das Judentum, der Buddhismus, der Atheismus, und so weiter.
Den Menschen islamischen Glaubens seien solche Aussagen nicht wichtig. „Ich habe in vielen Gesprächen gehört, dass man irritiert ist, nur noch über den Glauben wahrgenommen zu werden“, berichtet Neumeyer.
Ahmad Al-Khalifa, Sozialreferent am Islamischen Zentrum in München, freut sich über Söders Satz. Schon seit langer Zeit lebten Muslime in Bayern, bereits im Mittelalter hätten einige von ihnen ihre Heimat hier gefunden. Und der Islam habe immer wieder Einfluss gezeigt – zum Beispiel in der Baukunst. „Man kann Menschen und ihre Religion nicht trennen“, so Al-Khalifa. Dass Söder innerhalb der CSU kritisiert werde, liege an der Angst der Partei, ihren christlichen Nimbus zu verlieren. Dabei sei die CSU eine Partei, die mit ihren Grundsätzen auch die Stimmen vieler Muslime gewinnen könne.
Ob dafür plakative Aussagen wie die Söders notwendig sind? Ursula Männle, Vorsitzende des Europaausschusses im Landtag, mahnt zur Vorsicht: „Ich habe meine Probleme, wenn es heißt ’der Islam’. Es gibt so viele Ausprägungen und Aspekte, das kann man nicht verallgemeinern.“
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, hat jetzt vorgeschlagen, einen runden Tisch mit Muslimen einzuberufen – wobei man andere Glaubensgemeinschaften nicht ausschließen dürfe. Ein solches Treffen werde gewiss „nicht schaden“, sagt CSU-Mann Neumeyer und verrät, dass ein solches bereits in Planung sei. (Anke Sauter)

Kommentare (2)

  1. Franz am 04.05.2016
    "Der Islam gehört zu Deutschland".

    Der Satz ist ähnlich mit "Die Selbstverstümmelung gehört zu Deutschland".
    Denn: historisch gehört der Islam so wenig zu Deutschland wie die Selbsverstümmelung.
    Deutschland ist ein freies Land (Frei für Deutsche, und nicht "frei" im Sinne... Frei für Illegale Einwanderung).

    Der in Deutschland rechtens lebende Bürger, geniesst Freiheit. Dies beinhält auch die Freiheit des Deutschen Bürgers "sich selbst zu verstümmeln", oder "dem Islam beizutreten".
    Aber zu behaupten, dass "der Islam zu Deutschland gehöre", ist einfach ein Satz der nicht die richtige Balance hat.
    Was stark zu Deutschland gehört ist (unter anderem!) die Christliche Tradition und nicht der Islam.

    Ich schäme mich für Deutschland, wenn es den Bürgern in einer unverhältnismäßigen Weise verbreitet, dass der Islam zu Deutschland gehöre.
    Nein, in der Weise... gehört er nicht zu Deutschland. Statt dessen ist es die Freiheit die zu Deutschland gehört. Das ist das höhere Gut.
    Es ist Blödheit, oder Unverantwortlichkeit, oder geziehlte Manipulation... wenn in einem selektiven Wahn von political correctness... nebensächliche Tatsachen hervorgehoben werden; und den Bürgern untergerieben werden.
  2. uzi am 20.06.2012
    Warum sagt man nicht einfach "In Bayern/Deutschland leben soundso viele Muslime" oder "soundso viele Muslime sind Deutsche"? Das ist unstrittig und vermeidet unnötige Diskussionen.
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