Politik

Foto: Junge Protestler aus München: Yasser Hassan, Basem Hussain, Amaar Hassan

11.02.2011

Marschieren für die Menschenrechte

Bayerns Exil-Ägypter machen mobil gegen Präsident Mubarak

Während die Proteste gegen Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak in Kairo langsam abflauen, ist die Solidarität der kleinen ägyptischen Gemeinde in Bayern mit den Aufständischen ungebrochen. An diesem Samstag demonstrieren sie wieder in München. Von den wenigen Mubarak-Anhängern hierzulande ist bislang nichts zu hören. Als am 25. Januar in Ägypten die erste Demonstration gegen das Regime von Ägyptens Diktator Hosni Mubarak stattfand, wäre Amaar Hassan am liebsten sofort ins Flugzeug nach Kairo gestiegen. Der 23-Jährige ist in München geboren und aufgewachsen, seine Eltern sind Ägypter, jeden Sommer verbringt er im Dorf seines Vaters. Noch vor der ersten Demo druckte er den „Like-Botton“ der Facebook-Seite, auf der der Blogger Wael Ghonim zu den Protesten aufrief, um seine Unterstützung auszudrücken – auch wenn er angeben musste, dass er nicht kommen könne, weil er in Deutschland lebe.
So wie Amaar Hassan taten es Tausende in Europa lebende Exil-Ägypter. „In unserem Land passiert gerade etwas ganz Großes”, sagt er und fügt hinzu: „Die Leute brauchen unsere Unterstützung.” Der Student sitzt in einem arabischen Café in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs, nervös wippt er mit einem Bein. Immer noch wäre er lieber in Ägypten als in Deutschland.


„Mein Vater hat mir den Flug nach Kairo verboten“


Seit dem 25. Januar protestieren Millionen in Kairo für einen Regimewandel. Die Protestbewegung eint vor allem die Forderung nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak. Bei den Demonstrationen kam es immer wieder zu Ausschreitungen, fast 300 Menschen sind bisher gestorben.
Jeden Abend verbringt Amaar Hassan gerade gemeinsam mit ägyptischen Freunden in einer Shisha-Bar, um über die neuesten Entwicklungen in der Heimat zu reden. „Mein Vater, der in Ägypten lebt, hat mir verboten nach Kairo zu fliegen”, erzählt er. Erst wollte er sich widersetzen, dann fügte er sich und beschloss: „Ich muss hier in München etwas machen.”
Zusammen mit seinem Bruder Yasser, 25, plante er eine Demonstration am Odeonsplatz. Nach dem Vorbild in Ägypten richteten sie die Facebook-Seite „A Solidarity Peace Stand for Egypt” ein und luden alle Ägypter in München ein.
Der 19-jährige Basem Hussain, ein guter Freund, der in der ägyptischen Gemeinde in München am besten vernetzt ist, mobilisierte seine Bekannte. Fünf Tage nach dem ersten Protest in Ägypten schwangen die drei gemeinsam mit etwa 200 Menschen die ägyptische Fahne auf dem Odeonsplatz, hielten Plakate mit der Aufschrift „Mubarak muss weg” in die Höhe.
Drei Mal haben sie seitdem protestiert, jedes Mal waren etwa 200 Leute da. An diesem Samstag treffen sie sich ein viertes Mal. Sie wollen vom Sendlinger Tor bis zum Marienplatz laufen, ein Wagen mit einem Lautsprecher soll voranfahren. Und solange die Proteste in Ägypten dauern, wollen sie in München auf die Straße gehen.
Auch Ahmed Abd El Azeem sah den Aufruf zur Münchner Demo bei Facebook. Der 24-jährige Ägypter studiert seit einem Jahr an der Münchner TU Elektrotechnik. Er war sofort dabei. „Seit dem 25. Januar ist mein Körper in München, aber mein Kopf in Kairo”, sagt er. Die ersten Tage danach verbrachte er vor dem Computer, auf der Internetseite von CNN. Der Sender überträgt 24 Stunden Bilder vom Tharir-Platz in Kairo, wo die größten Proteste des Landes stattfinden.
Immer noch beginnt sein Tag vor dem Computer. Und wenn es geht, spricht er mit Freunden, die auf dem Tharir-Platz demonstrieren. „Wenn ich jetzt zuhause wäre, wäre ich auch dort”, sagt er. Eigentlich ist gerade Prüfungszeit an der TU, doch auf die Bücher kann er sich kaum konzentrieren. Bisher verpasste Ahmed Abd El Azeem keine Demo in München, auch am Samstag wird er wieder dabei sein.
Auf seinem Facebook-Profilfoto ist er mit einem Plakat mit der Aufschrift „Weg Mubarak“ auf dem Odeonsplatz zu sehen. Seine Freunde in Kairo freuen sich, dass die Revolution auch in Deutschland angekommen ist. Sobald er in ein paar Wochen die letzten Examen hinter sich hat, möchte er nach Kairo fahren. „Es ist ein historischer Moment”, sagt er. Der junge Mann ist überzeugt: „Die Zeiten, in denen wir Angst haben, sind vorbei. ”
Die Mutter von Basem Hussain kann die Angst vor dem Mubarak-Regime noch nicht ganz ablegen. Sie hat ihren Sohn gebeten, sich mit seiner kritischen Meinung nicht zu sehr in die Öffentlichkeit zu begeben. „Nicht weil sie denkt, dass wir in Deutschland gefährdet sind, sondern weil sie Angst hat, dass ich unsere Verwandten in Ägypten in Gefahr bringen könnte”, sagt Basem Hussain.


Furcht vor Anschlägen auf ägyptische Einrichtungen


Auch das Bayerische Innenministerium sorgt sich nicht um die Mubarak-Kritiker in Bayern. Ein Sprecher erklärte, dass vielmehr befürchtet werde, die hier lebenden Ägypter könnten “Aktionen gegen staatliche ägyptische Einrichtungen durchführen”.
Den Geschwistern Yasser und Amaar Hassan aber ist es wichtig, dass die Demonstrationen friedlich ablaufen. „Wir wollen unseren Verwandten und Freunden in Ägypten zeigen, dass wir sie unterstützen, mehr nicht”, sagt Yasser Hassan. Sie melden alle Aktionen beim Kreisverwaltungsamt an und organisieren bei den Demos einen Ordnerdienst. „Unser Ziel ist, so viele Leute wie möglich zusammenzutrommeln.
Bisher waren viele Araber aus unterschiedlichen Ländern dabei. „Toll wäre es, wenn auch Deutsche mitdemonstrieren würden”, ergänzt sein Bruder Amaar. Die Eltern der Geschwister Hassan mussten Ägypten verlassen, weil der Vater sich kritisch über das Mubarak-Regime geäußert hatte. Erst Jahre später konnte er in die Heimat zurückkehren und blieb. Auch Yasser und Amaar Hassan können sich vorstellen, irgendwann nach Ägypten zu gehen. „Aber dafür müsste viel passieren”, sagt Amaar Hassan. Deshalb protestieren sie weiter.
(Veronica Frenzel) > veronica frenzel

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