Politik

08.01.2010

Maß und Mitte, Mittelmaß

Kommentar

Mit Kreuth verbindet sich die in der Regel irrige Annahme, im Januar krache es dort. Schön wäre es, zumal jetzt, da die CSU zu einer Partei verkümmert, die mit sich selbst nichts anzufangen weiß. Sie kann ja auch nicht jedes Jahr im Stil von 2007 einen Ministerpräsidenten absägen. Auch muss sie zur Zeit nicht befürchten, dass die CDU den ältesten Kreuther Spieß umdreht und ihrerseits die Fraktionsgemeinschaft mit der CSU aufkündigt. Doch wäre bei quälender Einfallslosigkeit eine Kaffeefahrt ins ganz nahe Österreich zu erwägen, einem Gemeinwesen, dem sich die Landesbankpartei einst sehr verpflichtet fühlte. Schon vor Kreuth fielen die Bundestagsabgeordneten Uhl und Geis mit dem Vorschlag auf, zugunsten der CSU ein nigelnagelneues Amt zu zimmern, das des zweiten deutschen Vizekanzlers. Dem Ansinnen war kein Erfolg beschieden, auch kein Heiterkeitserfolg, denn die FDP tat nur so, als lache sie sich tot. Tatsächlich aber verstand niemand, wieso Guttenberg in Afghanistan auf einen grünen Zweig käme, wenn er in Berlin Vizekanzler wäre. Reizvoller ist die Neujahrskritik des Landesgruppenchefs Hans-Peter Friedrich, adressiert an Angela Merkel. Die nämlich könnte die Botschaft als Bumerang nach München zurückgeben. „In der schwarz-gelben Koalition“, so Friedrich, „muss sie entschlossener Linie und Kurs vorgeben.“ Richtig; doch noch richtiger wäre es, aus dem „sie“ ein „er“ zu machen und den Satz auf Horst Seehofer zu beziehen. Auch der Folgesatz verdient eine Übertragung ins Maskuline: „Sie muss an zentralen Stellen klarmachen, was sie möchte.“ Das wünschen sich nicht zuletzt die über ganz Bayern verstreuten CSU-Mandatsträger, zumal die kontaktfreudigen. Es ist nicht angenehm, auf die Sphinx Merkel oder das Chamäleon Seehofer angesprochen zu werden und dann als Parteisoldat eingestehen zu müssen, dass Linie und Kurs zwei schwer zu lösende Rätsel sind. Wer also möchte was? Klar wurde in Kreuth, was Seehofer nicht möchte. Die CSU verabschiedete sich von der Erwin-Huber-Idee, nach Steuersenkungen noch lauter zu schreien als die FDP. Ein Rückzieher aber, halb eingestanden, halb geleugnet, macht eine Partei nicht origineller. Gern in den Mund nahm der Vorsitzende das Wort „Realität“ – ein unspezifischer Begriff ganz nach seinem Geschmack. Außerdem empfahl er „Maß und Mitte“. Er hätte gleich „Mittelmaß“ sagen können. (Roswin Finkenzeller)

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