Politik

Und der Zoff geht weiter: Aktuell streiten Angela Merkel und Horst Seehofer um den Strauß-Leitsatz, dass sich rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Kraft etablieren dürfe. (Foto: dpa)

23.05.2016

Merkel, Seehofer und das Strauß-Vermächtnis

Vom früheren CSU-Chef Strauß lernen heißt... - ja, was eigentlich? Kanzlerin Merkel und der CSU-Vormann Seehofer präsentieren ziemlich gegensätzliche Lesarten, was daraus für den Umgang mit der AfD folgt

Nun also Franz Josef Strauß. Als hätten Angela Merkel und Horst Seehofer nicht schon genug Krach gehabt in den vergangenen Monaten, kabbeln sich die Kanzlerin und der CSU-Chef jetzt auch noch um ein Vermächtnis des christsozialen Übervaters. Nämlich den Satz, dass sich rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Kraft etablieren dürfe. Dabei geht es weniger um historische Betrachtungen als strategische Antworten auf die Erfolge der rechtspopulistischen AfD - und neue Sticheleien zwischen entfremdeten Schwesterparteien.

Die Vorlage liefert diesmal die CDU-Chefin. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" kann Seehofer lesen, wie Merkel das Strauß-Credo seziert. "Der Satz ist einerseits richtig", lautet ihre Interpretation. Denn die Union müsse "zur Mitte hin integrieren" und das klassische Thema Sicherheit nach vorne tragen, gerade wenn Zustände als ungeordnet empfunden werden. "Damit geben wir konkrete Antworten auf reale Sorgen und Anliegen der Menschen."

Andererseits gelte der Satz für sie aber nicht, wenn "im Ergebnis Prinzipien relativiert oder gar aufgegeben werden müssten, damit Menschen sich nicht von der Union abwenden". Nie in Frage stellen dürfe man zum Beispiel die Europäische Einigung samt Reisefreiheit, die Nato-Mitgliedschaft und die Würde von Menschen in Not, mahnt die Kanzlerin. Rufe aus der CSU nach einer Abkehr von ihrer Flüchtlingspolitik und vom Mitte-Kurs der CDU wegen des Erstarkens der AfD hat Merkel auch schon zuvor verhallen lassen.

Merkel: Man darf keine Grundwerte aufgeben

Seehofer nimmt die neue Vorlage denn auch prompt auf. Nicht nur, weil das Bewahren der Parteiikone Strauß zur Aufgabenbeschreibung von CSU-Vorsitzenden gehört. "Der Satz ist heute so richtig wie vor 30, 40 Jahren", kontert der bayerische Ministerpräsident am Sonntag trocken im ARD-"Bericht aus Berlin". Und setzt noch drauf, es sei "mein ganzer Lebensinhalt", zu vermeiden, dass rechts von einer Volkspartei eine demokratisch legitimierte Partei entstehe.

Davon, dass die Kanzlerin Grundwerte in Gefahr wähnt, will Seehofer nichts wissen. Kein einziges Prinzip der Union in der Nachkriegszeit sei von der CSU aufgekündigt worden. Und wenn man Anliegen des Volkes wie den Schutz der Grenzen vertrete und trotzdem weltoffen sei wie in Bayern, würden die Prinzipien gelebt. "Deshalb kann ich dieses Argument überhaupt nicht verstehen", lautet Seehofers Replik.

Zwischen CDU und CSU verfestigen sich damit erneut Gegensätze, die doch mit Blick auf den nahenden Bundestagswahlkampf 2017 eigentlich abgebaut werden sollen. Der Strauß-Disput über den Umgang mit der AfD dürfte zwischen Merkel und Seehofer bald auf Wiedervorlage kommen - bei der gemeinsamen Strategieklausur der Unionsspitzen Ende Juni.

Seehofer: "Blankes Unverständnis" für Merkel

Derweil legte aber Seehofer im Unionsdisput um den Strauß-Leitsatz schon mal nach. Der "SZ" sagte er: Für die jüngsten Äußerungen der Bundeskanzlerin habe er nur "blankes Unverständnis" übrig. Merkels Interview sei "völlig unnötig" und gehe ihm "schon ein bisschen ins Mark", sagte Seehofer. "Wenn nun der Satz von Strauß in Frage gestellt wird, dann ist das auch eine Aufgabe eines gemeinsamen Prinzips von CDU und CSU." Die "Kohl-Strauß-Linie" sei ein Stützpfeiler der Union und sei nun "einsturzgefährdet". Seehofer sagte: "Wir sind eine Partei der bürgerlichen Kraft, die auch das demokratisch rechte Spektrum abdeckt." (dpa)

Kommentare (1)

  1. otto regensbacher am 23.05.2016
    Merkel vertritt vielfach links-grüne Standpunkte. Damit will sie auch die UNION zu einer linkslastigen Partei nach ihrem Gusto machen. Es ist damit auch nachvollziehbar, dass sie das "Strauß-Vermächtnis" nicht in vollem Umfang akzeptiert. Und mit einer solchen Richtungsänderung seitens Merkel verliert die CDU einen Teil ihrer konservativen Wählerschichten. Man fragt sich, wie lange die Gesamtpartei CDU eine solche Taktik der Kanzlerin noch billigt und mitträgt.
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