Politik

Die „zentrale Managementaufgabe einer Regierung“ – so beschreibt PR-Profi Söder seinen neuen Job. (Foto: Ralf Kruse)

25.11.2011

"Mir wurde nie etwas geschenkt"

Markus Söder über das Anforderungsprofil von Finanzministern, Karl-Theodor zu Guttenberg und die richtige Krawatte

Der Astronaut hängt immer noch da. Das Bild scheint Markus Söder (CSU) zu faszinieren, es zierte bereits sein Amtszimmer im Umweltministerium. Scheinbar mühelos schwebt der Astronaut nach oben – „ohne Netz und doppelten Boden“, murmelt Söder, seit drei Wochen Finanzminister. Die Botschaft: Wer Risiken nicht scheut, kommt weiter. BSZ: Herr Söder, als Sie nach Ihrer Qualifikation für das Amt des Finanzministers gefragt wurden, nannten Sie Ihren Mathe-Leistungskurs. Ist das echt das Wichtigste, was Sie hier können müssen: Rechnen?
SÖDER: Als Finanzminister hat man die zentrale Managementaufgabe in einer Regierung: Die Finanzpolitik ist die Mutter aller Politikfelder. Deshalb prägen die Finanzminister die internationale Politik heute übrigens stärker als die Außenminister. Neben Managementqualitäten braucht man als Finanzpolitiker einen politischen Kompass. Bei mir orientiert sich der am ausgeglichenen Haushalt. Den erreicht zu haben halte ich für die epochale Leistung von Edmund Stoiber. Übrigens war 2003 eine meiner Hauptaufgaben als Stoibers Generalsekretär, den ausgeglichenen Etat zu verteidigen. BSZ: Stoibers Beliebtheit ist ab dem rigiden Sparkurs 2003 rapide gesunken.
SÖDER: Es darf in der Politik nicht nur um Beliebtheit gehen. Mir persönlich ist Respekt mindestens ebenso wichtig. Vor allem in der Haushaltspolitik kommt es darauf an, nicht nur auf oberflächliche Wellen zu schauen, sondern auf die Strömungen: Man sollte nicht das tun, was schnell ankommt, sondern das, was langfristig wirkt. BSZ: Das heißt, der Job des Finanzministers bietet Ihnen die Chance, Ihr Image des unsoliden Taktierers abzustreifen?
SÖDER: Man hat mir in meinem politischen Leben noch nie etwas geschenkt. Nur zum Repräsentieren hat mich noch keiner geholt. Relevant wird am Ende sein, ob ich den Job gut mache.

"Ein erotisches Verhältnis zur Finanzpolitik"

BSZ: In Ihren früheren Jobs als Europa- und als Umweltminister haben Sie sich immer wieder geschickt ins Rampenlicht setzen können. PR-technisch sind die Finanzminister eher die Verlierer.
SÖDER: Als Finanzminister muss man keinen Beliebtheitspreis gewinnen. Politisches Profil ist wichtiger. Denn es kommt in erster Linie auf das Ergebnis an. Effizienz geht vor Marketing. BSZ: Was ist aktuell das finanzpolitische Profil der CSU? Im gerade beschlossenen Nachtragshaushalt wird die Rücknahme von Kürzungen als Investition verkauft, das kostenlose Kindergartenjahr entlastet vor allem Gutverdiener.
SÖDER: Unsere finanzpolitische Philosophie lautet: Der Staat muss so handeln, wie es jeder Normalbürger tut. Nicht mehr Geld ausgeben, als man hat, Schulden zurückzahlen und etwas zurücklegen für schlechte Zeiten. Genau das tun wir aktuell: Wir halten den ausgeglichenen Haushalt, tilgen Schulden und verdoppeln unsere Rücklagen. Und wir investieren daneben gezielt in gesellschaftlich relevante Bereiche wie Bildung, Energie und den ländlichen Raum.
BSZ: Aber die gerade beschlossenen Millionen für das Gratis-Kindergartenjahr waren nicht Ihr sehnlichster Wunsch, oder?
SÖDER: Ich halte dies für gut begründet. Der Vorwurf, damit würden wir nur die Reichen beglücken, geht an der Sache vorbei. Es geht um die Mittelschicht: Das sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Daher ist es richtig, dass sie vom beitragsfreien Kindergartenjahr profitieren. BSZ: Als klar war, dass Sie Finanzminister werden, unkten Beamte hier schon mal, dass die Hölle auf Sie warte. Wie schlimm ist es?
SÖDER: Finanzminister zu sein ist die ernsteste Herausforderung meines Lebens. Ich habe aber auch das Glück, in einem der stärksten Fachministerien Deutschlands zu sitzen: Hier sitzt die Champions-League der Finanzkompetenz! Das zeigt sich auch darin, dass Bayern sich immer stark in die deutsche Finanzpolitik einbringen konnte.

"Guttenbergs Buch? Dafür hab ich keine Zeit"

BSZ: Dass Sie als Finanzminister der mächtigste Ihrer Ministerkollegen sind und Ihren Kollegen sagen dürfen, was geht und was nicht, macht Spaß, oder?
SÖDER: Franz Josef Strauß, der wohl der bedeutendste Finanzminister war (Strauß amtierte auf Bundesebene von 1966 bis 1969, d. Red.), sagte einmal, die CSU habe ein fast erotisches Verhältnis zur Finanzpolitik. Schließlich ist sie die zentrale Managementabteilung der Politik! Insofern kann man sagen: Ja, das Amt macht Freude, weil man gestalten kann. BSZ: Ihr einstiger Konkurrent Karl-Theodor zu Guttenberg arbeitet offenbar an einem Comeback. Sind Sie nervös?
SÖDER: Warum? Ich konzentriere mich auf meine Arbeit. BSZ: Werden Sie sein Buch lesen?
SÖDER: Dazu hab ich keine Zeit. Ich lese gerade Bücher über Bankenrecht. BSZ: Zu Guttenberg hat seinen Style geändert – Sie auch: Sie tragen jetzt immer Krawatte. Wie schaut die perfekte Finanzministerkrawatte aus?
SÖDER: Das Wichtigste ist, dass sie zum Anzug passt. Und zum Anlass. Als Umweltminister hatte ich da andere Freiheiten – bei einem Termin auf dem Berg kann man schon ein bisserl rustikaler erscheinen als bei der Bankenaufsicht.
(Interview: Waltraud Taschner)

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