Politik

22.08.2014

Mollath und die Folgen

Ein Kommentar von Florian Sendtner

Im August 2013 wurde Gustl Mollath nach siebeneinhalb Jahren aus der Psychiatrie entlassen. Im August 2014 wurde er nun vom Landgericht Regensburg im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen, und vor allem wurde das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth von 2006, das ihn unter fragwürdigen Umständen als gemeingefährlich in die Forensik einwies, revidiert. Ist damit nun alles in Butter? Am vehementesten verneint das Gustl Mollath selbst. Noch nie war ein Angeklagter mit seinem Freispruch so unzufrieden wie der 57-jährige Nürnberger. Denn auch die Grundlage seiner Zwangseinweisung 2006 war ja ein Freispruch – damals wegen Schuldunfähigkeit.
Man muss sich indes weder Mollaths sehr spezielle Perspektive zu eigen machen noch die seiner Unterstützer, die eine große Verschwörung von Staat und Justiz gegen einen unschuldigen, kleinen Bürger sehen, um zur Antwort zu kommen: Nichts ist in Butter. Die Justiz ließ sich herbei, ein offensichtliches Fehlurteil zu kassieren und einen Fall mit eben der Sorgfalt neu aufzurollen, die sie im ersten Durchgang vermissen ließ. Wobei die Entscheidung zur Wiederaufnahme just im Sommer 2013 fiel, als der Fall Mollath dem Wahlkämpfer Seehofer lästig wurde.

Verschwörungstheoretiker wurden eines Besseren belehrt


Doch hat sich über den Einzelfall hinaus etwas geändert? Erfolgt die gerichtliche Zwangseinweisung in die Psychiatrie ab sofort nur noch nach sorgfältiger Analyse und Abwägung? Für diese Hoffnung gibt es keine konkreten Anhaltspunkte. Das Wiederaufnahmeverfahren im Fall Mollath hat die Verschwörungstheoretiker eines Besseren belehrt: Es bedurfte keines Plans und keiner Verabredung, um diesen etwas absonderlichen, rigoros-korrekten Mann (für den die Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau der blanke Horror waren) wegzusperren. Es genügten ein paar überarbeitete, schludrige Juristen, etliche schlampige Gutachter – und ein schlechtes, weil allzu biegsames Gesetz. Der Paragraf 63 des Strafgesetzbuchs regelt die Einweisung in die Psychiatrie so nebenbei, als ginge es um eine Lappalie. Das ist eines Rechtsstaats unwürdig. Solange es keine klar umrissenen, strengen Maßregeln gibt, wann und für wie lange eine Person in den Maßregelvollzug gesteckt wird, war die ganze Aufregung um Gustl Mollath umsonst.

Kommentare (2)

  1. Super Horsti am 02.09.2014
    So eine Vorgehensweise wie im Fall Mollath gab es schon einmal - in der Sowjetunion !
  2. Mike am 25.08.2014
    Mir kommt der Gedanke, dass das Problem ganz wo anders liegt!
    Wer die Wahrheit über üble Geschäfte ausspricht und verbreitet, kommt in die "Klappse".
    Diejenigen die das Geld und somit dem Staat aufgrund "eingesparter Zinsen" einen Schaden zugefügt haben sind immer noch auf freiem Fuße.
    Auch deren Unterstützer befinden sich immer noch auf freiem Fuße!
    Auch die beteiligten Banker haben eine eigene Rechtssprechung (Innenrevision), damit sie juristisch nicht belangt werden können.
    Quintessenz:
    Man sollte eben keine Wahrheit über Schwarzgeldgeschäfte ausprechen noch verbreiten, sonst droht die Klappse!
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