Politik

Kunststoffrohre für Strom-Erdkabel: Sie kosten laut Experten das Drei- bis Zehnfache von Überlandleitungen. (Foto: dpa)

27.09.2016

Monstertrassen ade?

Der Strom aus Winkraftanlagen aus dem hohen Norden soll auch im Süden genutzt werden können. Doch dafür braucht es neue Stromtrassen, sagen Befürworter. Kritiker halten das für Unsinn und fordern einen generellen Verzicht. Auch die neuen Erdkabelpläne lehnen sie ab

Alles besser im zweiten Anlauf? In einem neuen Dialogverfahren soll der seit Jahren andauernde Streit um die neuen Stromtrassen in Bayern beendet werden. Der Netzbetreiber Tennet hat die auch von der Staatsregierung massiv kritisierten Korridore und Pläne für die Höchstspannungsleitungen massiv überarbeitet und will nun mit Regierungsbezirken, Kommunen und Bürgern über den Verlauf eines "Vorzugskorridors" verhandeln. Fest steht aber bereits, dass es in Bayern keine Freiluftleitungen geben soll, außer dies wird von den betroffenen Kommunen oder Grundstückseigentümern gewünscht.

Während sich die Öffentlichkeit noch bis zum heutigen Dienstagnachmittag gedulden muss, liegen im bayerischen Wirtschaftsministerium die Pläne bereits vor. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) will den Ministerrat in Kenntnis setzen. "Informationen darüber, was technisch und planerisch machbar erscheint, liegen auf dem Tisch. Es kommt jetzt darauf an, daraus gemeinsam mit den Bürgern die sinnvollste Streckenführung zu entwickeln", sagte sie am Montag in München. Im Landtag finden darüber hinaus am Montagabend und am Dienstagmorgen Informationsveranstaltungen für die Abgeordneten statt.

Vor zwei Jahren hatten erste Planungsentwürfe für die beiden Trassen im Freistaat massive Proteste ausgelöst. Bayern drohte damals gar damit, sich gänzlich gegen den Ausbau zu stellen. Vor allem Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte monatelang gegen vermeintliche "Monstertrassen" gekämpft. Die neuen Pläne lobte er nun als Ergebnis des bayerischen Widerstands. "Das ist ein voller Erfolg", sagte Seehofer dem Münchner Merkur (Dienstag). Dabei begrüßte er vor allem die Pläne zur vollständigen Erdverkabelung.

Die Erdverkabelung macht den Netzausbau teurer und langsamer

"Wir werden die Varianten daraufhin überprüfen, ob unsere Maßgaben umgesetzt wurden", betonte Aigner. Klar sei allerdings jetzt schon, "dass wir das Wort Monstertrassen aus unserem Sprachgebrauch streichen können". Durch die neuen Erdkabelpläne seien 450 Kilometer neue Freileitungen mit 1500 bis 2000 neuen Masten quer durch Bayern verhindert worden.

Da der neue Plan von Tennet anders als in der Vergangenheit nicht von vorneherein einen sogenannten "Vorzugskorridor", also eine priorisierte Route, enthält, hoffen alle Beteiligte auf eine höhere Zustimmung. Der Korridor soll im weiteren Dialog bis Ende März/Anfang April 2017 entwickelt werden.

Die Erdverkabelung macht den Netzausbau aber teurer und langsamer. Sie führt zu milliardenschweren Zusatzkosten für Verbraucher und Unternehmen. Erdkabel kosten laut Experten das Drei- bis Zehnfache von Überlandleitungen. Der Bundesnetzagentur zufolge wird die 800 Kilometer lange Südlink-Trasse - die "Hauptschlagader" der Energiewende - zudem erst 2025 fertig, drei Jahre später als geplant. 2022 geht das letzte Atomkraftwerk vom Netz.

Es kündigt sich bereits neuer Widerstand an

In Bayern enden die beiden Stromtrassen Südlink und Südostlink, beide sollen den umweltfreundlicheren Strom aus Windkraftanlagen im Norden anliefern. Doch auch hiergegen gibt es bereits Proteste. Kritiker wie der BUND Naturschutz und andere Aktionsbündnisse kündigten bereits neuen Widerstand an. Sie fordern eine dezentrale Energieversorgung und den gänzlichen Verzicht auf die Stromtrassen.

"Erwartungsgemäß sind unter den vielen möglichen Varianten auch Streckenführungen, die uns nicht gefallen", sagte Aigner. Es dürfte inzwischen jedoch hinreichend bekannt sein, dass gegen den Widerstand Bayerns keine Leitungsvorhaben umsetzbar seien. Die Freien Wähler zweifeln an der Dimension der beiden Stromtrassen im Freistaat, bekräftigt Thorsten Glauber (FW) und fordert die Staatsregierung auf, sich für eine dezentrale Bürger-Energiewende einzusetzen: „Bayerns Anspruch war es, beim Ausbau der Erneuerbaren Energien Spitzenreiter in Deutschland zu sein – davon ist der Freistaat jetzt weit entfernt.“ Da die Trassen drei Jahre später fertiggestellt würden, als geplant, kommen auf die Stromkunden laut Grünen-Fraktion aufgrund teurer Ausgleichsmaßnahmen gegen Netzschwankungen erheblich höhere Netzentgelte zu. „Das ist ein Seehofer-Säumnisaufschlag, den die Menschen in Bayern deutlich im Geldbeutel spüren werden“, so Martin Stümpfig (Grüne). (BSZ/dpa)

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