Politik

„Wir lassen uns nicht instrumentalisieren“ - Rechnungshofpräsident Heinz Fischer-Heidlberger. (Foto: C. Hess)

17.05.2013

"Nach der Landtagswahl nochmal nachbessern!"

Rechnungshof-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger über den Umfang der geplanten Landtags-Prüfung und seine Sicht des novellierten Abgeordnetengesetzes

Missstimmung im Maximilianeum: Der Landtag musste sich zuletzt wegen der Mitarbeiter-Affäre der Abgeordneten als Abzockerparlament verspotten lassen, zwei CSU-Leute haben offenbar gegen Gesetze verstoßen, die CSU sucht Beistand beim Anti-Korruptionsfachmann Theo Waigel. Jetzt will auch noch der Oberste Rechnungs-
hof im Landtagsamt nach dem Rechten sehen. Die Staatszeitung sprach mit dem Präsidenten Heinz Fischer-Heidlberger. BSZ: Herr Fischer-Heidlberger, der CSU graut es vor einer peinlichen Rechnungshof-Rüge kurz vor der Landtagswahl. Haben Sie schon Panik-Anrufe von Politikern bekommen?
Fischer-Heidlberger: Niemand hat gern den Rechnungshof im Haus. Wir führen jetzt eine ganz normale Prüfung beim Landtagsamt durch, die gründlich und zügig erfolgen soll. Instrumentalisieren lassen wir uns dabei nicht.
BSZ: Zügig: Heißt das, das Ergebnis liegt vor der Wahl vor?
Fischer-Heidlberger: Das kann ich noch nicht sagen. Wir hatten diese Woche das Eröffnungsgespräch mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Nun beginnt unsere Arbeit, und der Verlauf der Prüfung wird zeigen, wie schnell wir damit fertig werden.
BSZ: Was untersuchen Sie genau und welche Unterlagen schauen Sie sich an?
Fischer-Heidlberger: Unsere Untersuchung umfasst vier Bereiche: Erstens die Kostenerstattung für Mitarbeiter der Abgeordneten – also welche rechtlichen Regelungen dafür gegolten haben und auf welcher Grundlage das Geld gezahlt wurde. Zweitens die Diäten, drittens die steuerfreie Kostenpauschale und viertens die Kostenerstattung für Informations- und Kommunikationstechnik. Wie tief wir in die jeweiligen Themen einsteigen, wird während der Prüfung entschieden werden.
BSZ: Im schlimmsten Fall: Was könnte heraus kommen bei Ihrer Prüfung der Kostenerstattung für Mitarbeiter?
Fischer-Heidlberger: Was herauskommt, wissen wir natürlich erst am Ende der Prüfung. Wir prüfen, ob das Landtagsamt die Regelungen für die Kostenerstattung eingehalten hat, ob es die Nachweise ausreichend geprüft hat. Wir prüfen aber auch, ob die Regelungen hinreichend waren und dem Haushaltsrecht entsprochen haben.
BSZ: Haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass es bei einem der genannten Punkte Unregelmäßigkeiten gegeben hat?
Fischer-Heidlberger: Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wir sichten jetzt erst mal alle Unterlagen: Noch diese Woche gehen fünf Prüfer in den Landtag und beginnen damit, den Sachverhalt festzustellen.
BSZ: Angeblich genügte als Nachweis für die Auszahlung der Mitarbeiterzuschüsse, dass Name, Anschrift und Geburtsdatum des Mitarbeiters genannt wurde, außerdem mussten Sozialversicherungsnachweise vorgelegt werden.
Fischer-Heidlberger: Sollte das Landtagsamt das für ausreichend gehalten haben, wird der Rechnungshof das kritisch hinterfragen.
BSZ: Was hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Sie den Landtag prüfen?
Fischer-Heidlberger: Wir haben die ganze Diskussion zu den Abgeordnetenmitarbeitern natürlich aufmerksam beobachtet. Bei der Beschäftigung von Angehörigen gibt es eine gesetzliche Grundlage. Da unser Prüfungsmaßstab Gesetz und Recht ist, bestand zunächst keine Notwendigkeit für ein Prüfungsverfahren. Aber dann sind weitere Fragen aufgetaucht, die uns klärungsbedürftig schienen: etwa bei der Verwendung der Mittel oder im Bereich Werkverträge. Welche Leistungen wurden hier abgerechnet und welche Bestimmungen gibt es für die Auszahlung der Mittel?

"Verantwortlich ist die Präsidentin"


BSZ: Angenommen, es gab tatsächlich Mängel bei den rechtlichen Grundlagen der Mitarbeiterpauschale oder unzureichende Kontrollen bei der Auszahlung: Wer trüge hierfür die Verantwortung?
Fischer-Heidlberger:  Die Zahlungen erfolgten durch das Landtagsamt, das unmittelbar der Landtagspräsidentin untersteht – sie steht an der Spitze des Hauses und trägt die Gesamtverantwortung. Allerdings unterliegt sie dabei auch Beschlüssen, die das Präsidium mehrheitlich fasst.
BSZ: Die Abgeordneten haben die Gelder für die Mitarbeiterentschädigung stets im Voraus als Pauschale erhalten: 7524 Euro monatlich. Nicht benötigte Mittel mussten zurückgezahlt werden. Halten Sie das für eine sinnvolle Regelung?
Fischer-Heidlberger: Das scheint mir in der Tat ein Thema zu sein, das unter die Lupe genommen werden sollte. Die Prüfung wird zeigen, ob diese Regelung den Anforderungen des Haushaltsrechts an einen Nachweis für die Verwendung öffentlicher Mittel entspricht.

"Eine Regelung zu Werkverträgen fehlt noch immer"


BSZ: Der Landtag regelt die Mitarbeiterbezahlung ab Juni neu, verbietet die Beschäftigung von Angehörigen und überträgt die Organisation der Verträge dem Landtagsamt. Ist damit alles gut?
Fischer-Heidlberger: Soweit ich das bisher beurteilen kann, lässt auch die Neuregelung einige Fragen unbeantwortet. So sehe ich keine Regelung zum Thema Werkverträge – wie will man in Zukunft ausschließen, dass eine verbotene Scheinselbstständigkeit vorliegt? Hier sollte das Gesetz noch konkretisiert werden. Unsere Prüfung dient auch dazu, den Landtag in diesen Fragen zu beraten. Das Abgeordnetengesetz muss ja zu Beginn der neuen Legislaturperiode ohnehin geändert werden. Dabei könnten dann auch unsere Empfehlungen aufgegriffen werden.
BSZ: Wie einsichtig war der Landtag denn bisher? Sie haben das Landtagsamt zuletzt 2002 geprüft. Wieviele Ihrer Vorschläge wurden umgesetzt?
Fischer-Heidlberger: Wir haben damals eine Organisationsuntersuchung durchgeführt. Wesentliche Empfehlungen von uns wurden in der Folge umgesetzt, zum Beispiel wurden Referate zusammengelegt und eine Abteilung eingespart.
BSZ: Ist Ihnen damals nicht aufgefallen, wie viele Abgeordnete Ihre Angehörigen beschäftigen?
Fischer-Heidlberger: Wie gesagt, das war eine Organisationsuntersuchung des Landtagsamts, keine Prüfung der finanziellen Ausstattung der Abgeordneten.
BSZ: Angenommen, einem Mitarbeiter des Landtagsamtes oder aber einem Abgeordneten selbst wären mal Zweifel gekommen, ob alles in Ordnung ist mit einem Mitarbeitervertrag – hätten die den Obersten Rechnungshof um Rat fragen können?
Fischer-Heidlberger: Ratschläge erteilen wir nach unserem gesetzlichen Auftrag nicht Einzelnen, sondern dem Landtag oder der Staatsregierung. Hinweise Dritter sind für uns aber wichtige Informationsquellen; sie bieten oft Anregungen für künftige Prüfungen.
(Interview: Waltraud Taschner)

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