Politik

Spitzendiplomaten bilden sich im Marshall-Center in Garmisch-Partenkirchen fort. (Foto: dpa)

28.09.2015

Obama lobt Marshall-Centrum in Garmisch-Partenkirchen

Spitzendiplomaten informieren sich unter anderem über die Flüchtlingskrise samt Schleuserkriminalität

Gerade waren die Innenminister aus Afghanistan und dem Kosovo da. Sie berieten über internationale Kriminalität, auch die in der Flüchtlingskrise noch aktueller gewordene Schleuserkriminalität war Thema. Ort des Treffens: das George C. Marshall-Center in Garmisch-Partenkirchen. Das von den USA und Deutschland getragene europäische Zentrum für Sicherheitsstudien hat regelmäßig hochkarätige Diplomaten und Militärs zu Gast, um aktuelle sicherheitspolitische Fragen zu diskutieren. Die Bedrohungen etwa durch weltweite Cyberangriffe sind nur eines der Themen.

Für einen Besuch des US-Präsidenten in der ehemaligen Kaserne zu Füßen der Zugspitze blieb beim G7-Gipfel Anfang Juni zwar keine Zeit. Aber der amerikanische Direktor Keith W. Dayton und sein deutscher Vize Johann Berger waren schon stolz, als sich Barack Obama im benachbarten Krün lobend über die Arbeit des 1993 gegründeten Marshall-Centers äußerte. "Das hat uns Auftrieb gegeben", sagt Berger, der erst seit Februar dieses Jahres im Amt ist. Zuvor war der pensionierte General Chef des Landeskommandos Bayern der Bundeswehr.

Keine russischen Teilnehmer mehr


Der 64-Jährige bedauert, dass seit dem Ukrainekonflikt keine russischen Teilnehmer mehr zu einem der jährlich acht Lehrgänge kommen dürfen - die USA waren dagegen. 2016 könnte sich das ändern. Jedenfalls ist das deutsche Verteidigungsministerium bemüht, wieder russische Gäste nach Garmisch zu holen. Die Zustimmung aus dem Pentagon in Washington steht freilich noch aus. "So lange die Tür nur einen Spalt offen ist, wird nichts Schlechtes gemacht", so das Argument Bergers für eine Einladung an die Adresse Moskaus. 

Es muss ja nicht gleich das jährliche Seminar für Führungskräfte sein. Nach den Vorträgen von Spitzenreferenten im Bereich der Sicherheitspolitik ist es vor allem der ungezwungene Meinungsaustausch im kleinen Kreis, den die Teilnehmer am Marshall-Center schätzen. "Die Gespräche verlaufen anders als die Vorträge", sagt etwa Richard Potterton.

Von illegalem Handel und Terrorismus


Der US-Reserveoffizier interessiert sich besonders für die Zusammenhänge von illegalem Handel und Terrorismus. "Die Vorträge sind toll", meint der 48-Jährige, "aber der wahre Wert des Marshall-Centers ist das gegenseitige Kennenlernen." 70 Teilnehmer aus 40 Nationen vom Minister über den Botschafter bis zum General nahmen dieser Tage an dem Seminar teil. Stolz sind die Verantwortlichen des Zentrums für Sicherheitsstudien auch auf ihr inzwischen internationales Netz Tausender ehemaliger Kursteilnehmer - kein Wunder bei jährlich 800 Gästen aus aller Welt. Alumni nennen sie die in 144 Ländern verstreuten Experten. "Gerade erst haben wir Alumni in Albanien dabei geholfen, eine Veranstaltung zur Sicherheitspolitik in Tirana durchzuführen", erläutert Berger.

Auswirkungen auf Politiker


Hildegard Boucsein - auch sie Teilnehmerin des Seminars für Führungskräfte - ist überzeugt davon, dass die Arbeit des Marshall-Centers Auswirkungen auf die politischen Entscheidungsträger hat. Die Kursteilnehmer würden zu jedem Fachthema in Theorie und Praxis auf den letzten Stand gebracht. "Das ist ein kleines Schatzkästchen", sagt die ehemalige Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung.
Benannt ist das Marshall-Center nach dem früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger George C. Marshall, der nach dem Zweiten Weltkrieg den sogenannten Marshall-Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas schuf. Die Kosten teilen sich das Pentagon in den USA und das deutsche Verteidigungsministerium künftig im Verhältnis 3:1. Zuletzt lag der Jahresetat bei gut 32 Millionen Euro.

Pazifisten blicken freilich argwöhnisch auf das Marshall-Center. Alternative Denkansätze wie Abrüstung oder Frieden durch Gerechtigkeit spielten dort keine Rolle, kritisiert Thomas Rödl von der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG). Zu sehr sei das Zentrum von militärischer Denkweise geprägt. Es gehe den Verantwortlichen um globale Machtpolitik und nicht um zivile Konfliktlösung. "Der Krieg gegen den Terror produziert ständig neue Terroristen und - gerade höchstaktuell - ein Millionenheer von Flüchtlingen", so Rödl. Die mit dem Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) fusionierte DFG bezeichnet sich selbst als die älteste deutsche Friedensorganisation.
(Paul Winterer, dpa)

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