Politik

„Klassenziel nicht erreicht.“ Für die SPD ist im Fall der Leistung von Kultusminister Spaenle die Sache klar. (Foto: dpa)

01.08.2014

Opposition bittet zum Nachsitzen

Vergangenen Dienstag gab's Zeugnisse für Bayerns Schüler - wie steht es eigentlich um die Leistungen des Schulministers?

Ludwig Spaenle ist der heimliche Bauminister der Staatsregierung. Nirgends gibt es so viele offene Baustellen wie in seinem Bildungsressort. Dass er seit der Landtagswahl auch noch für die Bereiche Wissenschaft und Kunst zuständig ist, macht die Sache für ihn nicht einfacher. Denn im Prinzip fordert das bayerische Schulwesen den ganzen Mann. Schulsterben auf dem Land, die Zukunft des Gymnasiums, Ausbau der Ganztagesangebote, Inklusion Behinderter, Tausende arbeitslose Lehrer – man könnte die Liste der Baustellen fast beliebig fortsetzen. Eines haben sie alle gemein: Wann die Arbeiten abgeschlossen sind, ist völlig offen.
Die Bilanz der Opposition zum Schuljahresschluss fällt entsprechend aus. „Klassenziel nicht erreicht!“, urteilt SPD-Bildungsexperte Martin Güll trocken. Spaenle packe einfach die großen Herausforderungen in der Schulpolitik nicht tatkräftig an. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause attestiert dem Minister zumindest so etwas wie guten Willen: „Spaenle hat die Probleme erkannt, aber weil er stur am dreigliedrigen Schulsystem festhält, kommt er nicht zu zeitgemäßen Lösungen.“ Spaenle kontert solche Vorhaltungen stets mit dem Hinweis auf die Spitzenstellung bayerischer Schüler bei nationalen und internationalen Vergleichstests und betont, dass das durchlässiger gewordene System für jede Begabung die passende Schulart parat halte.

Aus der Ferne sieht Bayerns Schulsystem ganz gut aus


Aus der Ferne betrachtet wirkt das bayerische Schulwesen tatsächlich bestens ausgebaut, erst beim näheren Blick offenbaren sich die Dauerstaus und Schlaglöcher. So wird seit seiner Einführung vor zehn Jahren unentwegt am achtjährigen Gymnasium herumgewerkelt – erst vergangenes Jahr holte Spaenle mit dem Flexi-Jahr einmal mehr zum Befreiungsschlag aus –, ohne dass die Klagen von Eltern, Lehrern und Schülern weniger geworden wären. Jetzt, angestachelt vom inzwischen gescheiterten Volksbegehren der Freien Wähler, will Spaenle im Rahmen eines Dialogprozesses die ultimative Reform anpacken. Sein Ziel ist ein Gymnasium, das jedem Schüler seine individuelle Lerngeschwindigkeit in acht oder auch neun Jahren ermöglicht. Dazu will er über den Sommer die Ergebnisse des Dialogprozesses auswerten. Bause, die in den Foren dabei war, nennt diese „absolut enttäuschend. Was da nach langem Kreißen des Berges herausgekommen ist, war nicht einmal ein Mäuslein.“ Güll nennt den vorgeblich ergebnisoffenen Dialog schlicht eine „Farce“.

Verwirrung um Spaenles Zahlen


Ähnlich sieht es auf den anderen Baustellen aus. Spaenle hat sich voll und ganz hinter die von Ministerpräsident Horst Seehofer ausgegebenen Garantien zum Erhalt von Grundschulen und zum bedarfsgerechten Ganztagesausbau gestellt. Bislang fehlt es aber in beiden Fällen an den konkreten Umsetzungsplänen. Zwar wurden und werden dafür neue Stellen ausgewiesen, doch die reichen wohl bei Weitem nicht aus, um alle Versprechen zu erfüllen, zu denen auch die Inklusion behinderter Kinder in die Regelschule zählt. Der Lehrerverband BLLV hat den tatsächlichen Bedarf je nach Ausbaustandard auf zwischen 1150 und 22 500 zusätzliche Lehrerstellen taxiert. Das Personal dafür wäre vorhanden. Derzeit warten rund 5000 ausgebildete Lehrkräfte auf eine Festanstellung.
Spaenle kontert die Kritik von Opposition und Verbänden gerne mit vagen Ankündigungen in der Sache, dafür aber umso imposanteren Zahlen. So werde das Budget seines Doppelministeriums in den kommenden beiden Jahren um 1,4 auf dann 17 Milliarden Euro steigen. Allein zum kommenden Schuljahr würden 4000 Lehrkräfte eine Anstellung erhalten.
Was Spaenle allerdings nicht sagt: dass der größere Teil des Etatzuwachses in den Bereich Wissenschaft und Kunst sowie in den demografisch bedingt wachsenden Topf der Beamtenpensionen fließt. Und dass die neuen Lehrkräfte überwiegend ausscheidende ersetzen. Es sieht so aus, als ob Spaenle dem nominellen Bauminister Joachim Herrmann weiterhin Konkurrenz machen wird.
(Jürgen Umlauft)

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