Politik

03.09.2010

Politischer Aschermittwoch en miniature

Beim traditionellen Gillamoos im niederbayerischen Abensberg geht’s am Montag wieder rund

Wäre Philipp Rösler nicht Politiker, sondern Fußball-Profi geworden, hätte es der liberale Bundesgesundheitsminister zum Mittelstürmer bringen können. Denn Rösler scheint einer zu sein, dem es nichts ausmacht, dahin zu gehen, „wo es weh tut“, wie die Sportreporter sagen. Erst im Frühsommer ist der junge Mann mit seinen Plänen zur Kopfpauschale tief in den Strafraum der CSU eingedrungen, wo ihn allerdings Mannschaftsführer Horst Seehofer ebenso souverän wie schmerzhaft abgegrätscht hat.
Am Montag wagt sich Rösler auch noch zum Gillamoos ins niederbayerische Abensberg, wo ihm sein bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU) in die Parade zu fahren gedenkt. Verbal ist Söder schließlich so etwas wie der Katsche Schwarzenbeck der CSU. Der 74er-Weltmeister war ein Abräumer ohne große Rücksicht auf Verluste.
Nun ist der traditionelle Gillamoos-Montag weniger als gesundheitspolitisches Forum bekannt denn als eine Art komprimierter Politischer Aschermittwoch, der seinen Reiz daraus bezieht, dass die Matadore verschiedener Parteien verteilt auf fünf Festzelte gleichzeitig stammtischtauglich ihre Sicht der Dinge unters Volk bringen. Das Rededuell der beiden eigentlich koalitionär befreundeten, aber selten mit einer Zunge sprechenden Gesundheitsminister wird deshalb nur ein Teilaspekt des politischen Frühschoppens sein.

Aiwanger kann Bierzelt


Die SPD schickt immerhin ihren Bundeschef Sigmar Gabriel ins Getümmel. Der wird es sich kaum entgehen lassen, sich darüber zu mokieren, dass CSU und FDP nur mit der zweiten Garde vertreten sind. Gillamoos-Stammgast Guido Westerwelle meidet gegenwärtig größere Volksansammlungen, und bei der CSU war die Riege der prominenten Bierzeltredner auch schon mal breiter.
Dass er Bierzelt kann, hat Hubert Aiwanger, der Landeschef der Freien Wähler, schon häufig unter Beweis gestellt. Der Gillamoos 2008 war so etwas wie seine Feuertaufe. Über 1000 Anhänger hat er damals hemdsärmlig begeistert, drei Wochen später waren die Parteifreien drittstärkste Kraft im Lande. Die Gesundheitspolitik wird Aiwanger auch dieses Mal nur am Rande streifen. Ihm geht es darum, für 2013 die Wechselstimmung anzuheizen. „Ich prophezeie, dass Schwarz-Gelb abgewählt wird“, verkündete Aiwanger unlängst und gab damit die Tonart fürs Gillamoos vor. „SPD, Grüne und Freie Wähler werden mehr Stimmen haben als Schwarz-Gelb.“ SPD und Grüne scheint Aiwanger dabei an der Seite zu haben.
„Unser Ziel ist es, die CSU in die Opposition zu schicken“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause. Dafür würde sie sogar die ihr als konservativ und unberechenbar geltenden FW mit ins Boot nehmen. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher teilt Aiwangers Einschätzung uneingeschränkt. „Schwarz-Gelb wird 2013 keine Mehrheit mehr haben“, ist er sich sicher. Die Zeiten seien „fundamental andere“ als vor sieben oder zehn Jahren. SPD-Landeschef Florian Pronold, neben Gabriel zweiter SPD-Redner auf dem Gillamoos, hatte sich zuletzt nicht ganz so forsch bezüglich einer baldigen Ablösung der CSU geäußert.
Für die Grünen wird auch nicht Bause sprechen, sondern der Europaabgeordnete Sven Giegold. Der weiß als Mitbegründer von attac Deutschland genau, wie man scheinbar übermächtige Regierungsapparate mit gezielten Nadelstichen piesacken kann. (Jürgen Umlauft)

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