Politik

Randale im Stadion - hier beim Spiel Fürth gegen Nürnberg im Sommer dieses Jahres. (Foto: dpa)

07.11.2014

Prävention im Abseits?

Fußball-Fanprojekte in Bayern: Sie könnten von DFL und DFB weit mehr Geld bekommen - wenn der Freistaat spendabler wäre

Für jeden gewaltbereiten Fan ein Polizist: Am vergangenen Wochenende rechnete die Münchner Polizei für das Bundesligaspiel Bayern gegen Dortmund mit 400 gewaltbereiten Fans. Sie rief die Partie zum Hochsicherheitsrisiko-Spiel aus und setzte 400 Beamten ein.  Auch Mitarbeiter des Münchner Fanprojekts waren vor Ort. Zu dritt! Die Sozialpädagogen begleiten regelmäßig Fans zu Heim- und Auswärtsspielen. Das Ziel: Gewaltprävention. „Die enorme Polizeipräsenz erschwert unsere Arbeit“, sagt Jochen Kaufmann, Leiter des Fanprojekts. Denn das sei eine Vorverurteilung aller Fans und für das Verhältnis zur Polizei nicht gerade förderlich. „Uns gehen damit auch die Argumente aus, bei den Fans für Verständnis zu sorgen“, klagt er.

Grüne: Die CSU vernachlässigt die Prävention


Tatsächlich hat die Polizeipräsenz in Bayern bei Fußballspielen zugenommen. Seit der Saison 2009/2010 stieg die Zahl der Einsatzstunden um 50 000 auf knapp 225 000 in der vergangenen Saison, wie aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-Grünen hervorgeht. „Im gleichen Zeitraum haben sich aber die Mittel für die präventive sozialpädagogische Arbeit der Fanprojekte nur minimal erhöht“, kritisiert die Grüne Katharina Schulze. Ihr Vorwurf: „Die CSU-Regierung setzt einseitig auf Repression und vernachlässigt die Präventionsarbeit.“
Das Sozialministerium widerspricht: Der Freistaat beteilige sich mit insgesamt 207 000 Euro pro Jahr an den vier bayerischen Fanprojekten in München, Nürnberg, Augsburg und Fürth. „Die Mittel wurden erst zur Saison 2014/2015 um 51 000 Euro aufgestockt.“ Allerdings: Das zusätzliche Geld geht fast ausschließlich an das neu gegründete Fanprojekt Fürth.

Ein Fanheim in München: Kein Geld da


Die Folge: Die Zuwendungen für die einzelnen Projekte steigen nicht in dem Maße wie die Ausgaben für Personal oder Reisen. In München fehlt Geld für ein Fanheim, wo sich junge Bayern-Anhänger treffen könnten. Denn die Arbeit der Projekte beschränkt sich nicht auf die Begleitung zu Spielen. Sie beraten bei sämtlichen Problemen – in der Schule, der Arbeitswelt oder im sozialen Umfeld. „Nur wenn es uns gelingt, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen, haben wir auch Erfolg“, betont Projektleiter Kaufmann. „Und das ist oft ein monate-, wenn nicht gar jahrelanger Prozess“, sagt Heino Hassler, Leiter des Fanprojektes Nürnberg, wo die Ultra-Szene besonders groß ist. Drei Teilzeitstellen mit insgesamt 67,5 Wochenstunden stehen ihm zur Verfügung. „Vieles ist einfach nicht drin“, sagt er. Fatal, denn gerade jetzt gehe es darum, nach der Stärkung von gemäßigten Teilen der Ultragruppe UN94, junge Leute davon abzuhalten, zu radikaleren Flügeln abzuwandern. Helmut Jeske, Geschäftsführer des Augsburger Stadtjugendrings, Träger des dortigen Fanprojekts, ergänzt: „Die Problemlagen werden ja nicht weniger. Stichwort Kölner Krawalle.“

Der Freistaat will nicht mehr zahlen


Finanziert werden die Fanprojekte von Kommunen, Freistaat sowie DFL und DFB, die in der vergangenen Saison die Mittel für die 54 deutschen Fan-Projekte auf 5,8 Millionen Euro verdoppelten. Allerdings: DFL und DFB beteiligen sich bis zu einer Höchstgrenze von 150 000 Euro pro Projekt und Jahr nur mit exakt der Summe, die von Freistaat und Kommunen kommt. Für Bayern wären damit, da das Münchner Fanprojekt als zwei Projekte – für  Löwen- und Bayernfans – gilt, 750 000 Euro drin. „Um die Fördermittel von DFL und DFB komplett auszuschöpfen, müsste der Freistaat sich also mit einer Gesamtsumme von 375 000 Euro beteiligen“, erklärt Diana Stachowitz, sportpolitische Sprecherin der Landtags-SPD. Grüne und Freie Wähler fordern ebenfalls eine Aufwertung der Fanprojekte. Doch das Sozialministerium plant keine weitere Aufstockung der Fördermittel. Der CSU-Abgeordnete Berthold Rüth, Vorsitzender des Landessportbeirats, gibt sich dennoch zuversichtlich: „Chaoten zeigen wir die rote Karte.“ Und lobt ebenso wie das Innenministerium die neuen Dialogforen Fußball und Sicherheit. „Sie sind ein Angebot an alle Beteiligten, Gespräche auf Augenhöhe zu führen“, lässt Innenminister Joachim Herrmann mitteilen.
Ende Juli fand in München das erste Dialogforum statt – zur Derbynachbesprechung. Jochen Kaufmann vom Fanprojekt war dabei. „Wir wurden erst spät ins Boot geholt und die Fans überhaupt nicht“, kritisiert er. Von einem Dialog auf Augenhöhe könne da keine Rede sein. Sein Fazit: „Die Idee ist ja gut, aber an der Umsetzung hapert’s.“ (Angelika Kahl)

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